KrimiZEIT-Bestenliste in ZEIT und NordwestRadio für September 2014
Elisabeth Römer
Hamburg (Weltexpresso) – Nein, LICHTSCHACHT von AnneAnne Goldmann von Argument/Ariadne ist schon wieder nicht auf der Liste plaziert, dafür wurde sie aber nominiert zu den letzten Fünf für den Wiener Krimipreis, der Leo Perutz Preis, wo auch Eva Rossmanns MÄNNERFALLEN dabei ist. Am 10. September fällt dazu in Wien die Entscheidung.
Und es fehlen so viele andere, denn, wenn auf einen Schlag gleich sechs neue Krimis auf die Liste stürmen, sieht es mit den bisherigen Platzinhabern düster aus. So war doch gerade im August wie Mike Nicol neu auf die Liste gekommen und gleich auf Platz 4 gelandet, Nathan Larson mit 2/14.Ein kurzer Auftritt, denn im September fehlt er. Ha, auch WESPENNEST von Lee Child war im August neu auf Platz 7. Nun ist er weg im September. Zwar hatten wir dem neuen Roman attestiert, ein wenig schwächer als der vorherige zu sein, aber Lee Child ragt dennoch, auch wenn er nicht in Bestform ist, hervor. Andererseits macht dieser Autor und sein Buch seinen Weg auch ohne die KrimiZEIT-Bestenliste. Also wollen wir nicht mosern und schauen, wem Child Platz macht.
Aber auch der Augustneuling Jörg Juretzka mit TAXIBAR vom Rotbuch Verlag ist im September untergegangen. Das mußte gesagt werden, ehe es nun mit der Septemberliste richtig los geht. Also BLACK HEART von Mike Nicol von btb auf Platz 1. Das hat unser vollstes Verständnis. Einen Lobgesang auf diese wirklich schräge Geschichte gaben wir schon im Vormonat. Hier wird zusammengerührt, was sonst schön parzelliert bleibt: Frauen und Männer, USA und Südafrika, Waffenhandel hier wie dort und inmitten aller Geschehnisse diese Sheemina February, die selber so viel Gewalt erlebt hatte, daß diese ein natürlicher Ausdruck ihrer Reaktion wird. Nicht leichte Gewalt, sondern tödliche. Wie das alles ineinandergemengt wird, ist wirklich Kunst, Schreibkunst.
Auf Platz 2 folgt – für uns durchaus überraschend – LEBT von Orkun Ertener aus dem Scherz Verlag. Wir sind da erst am Anfang. Aber dieser Anfang reißt uns schon hin. Den Überblick zu behalten, das hoffen wir. Aber, daß da auf allen Ebenen gleichzeitig im Leben dieses Can Evinman – was für ein Name!?- etwas passiert, das ist doch genau wie im richtigen Leben, wo wir uns die Reihenfolge auch nicht aussuchen können. Wie schön, daß ein deutscher Krimi es so weit nach vorne brachte, der zudem ein Debüt ist, was aber verschweigt, daß er bisher im Fernsehen schon für Furore sorgte.
Auf Platz 3 die ISTANBUL-PASSAGE von C.Bertelsmann ist die letzten Male – allein drei Artikel im Juli! - schon gewürdigt worden wie auch auf Platz 4 Jim Nisbets DER KRAKE AUF MEINEM KOPF, Pulp Master.Das gilt auch für DIE KAIRO-AFFÄRE aus dem Blessing Verlag. Alles starke Bücher. Nico Pizzolattos GALVESTON erschienen bei Walde und Graf bei Metrolit, ist so neu auf Platz 6, daß wir ihn noch nicht kennen, was auch für BESTIE von Carlo Lucarelli aus dem Folio Verlag gilt.
Dagegen können wir über Wolf Haas mit BRENNEROVA von Hoffmann und Campe neu auf Platz 8 schon ganz viel sagen. Das Wichtigste - na gut, lesen Sie das Buch - aber versuchen Sie, das Hörbuch gleich mitzunehmen und fangen Sie auf jeden Fall damit an. Es liest nämlich der Autor selbst und, wenn Sie sich drauf einlassen, diesem österreichischen, durchaus immer wieder genuschelten Textton zu folgen, dann werden Sie an einem der Folgetage auf einmal dienstlich oder privat loslegen mit: „Ob Du es glaubst oder nicht.“ Wir haben immer wieder schallend gelacht beim Hören, so daß wir das Neueste verpaßten und zurückschalten mußten, was wir nicht taten, weil wir dann immer rasch im Buch nachschauten, wir wurden so ein Multileserhörer. Nicht schlecht, denn dann entdeckt man auch, was man gerade überhört oder davor überlesen hatte.
Aber schlimm ist das nicht. Denn überstürzt wird hier gar nix und wenn es dem Brenner doch passiert, daß er meschugge wird, ist das nur die Folge, wenn Brenner mit seiner Brennerova, wo er doch die Herta hat...dabei geht es eigentlich um die Schwester der Nadesha , die nämlich zur Brennerova aus Nischni-Nowgorod wird, wohin aber seine Herta einfach entführt wird. Kommen Sie noch mit? Ist nicht so wichtig, denn frei nach Nestroys „Einen Jux will er sich machen“, hat Wolf Haas den Schalk im Nacken und führt uns in ein Endstadium eines Detektivs, der noch seine Methoden hat und immer zur Stelle ist, wenn es um Aufklärung geht. Aber frauensüchtig ist er auch. Eben. Denn die ganze Chose fängt damit an, daß er im Internet nach einer Russin sucht, einer Brennerova – und dann eine findet, aber zusammengeschlagen wird, um seine Papiere beklaut – ach, wenn wir es uns jetzt überlegen, passiert in den 239 Seiten unglaublich viel. Und nicht vergessen: das Hörbuch!!
Auf Platz 9 folgt ebenfalls neu GANGLAND von Howard Linskey von Knaur und auf Platz 10 DIE VERLOBUNG von Chloe Hooper von Liebeskind. Mehr in der nächsten Ausgabe.
Die KrimiZEIT-Bestenliste September 2014
INFO I :
Die monatlich erscheinende Krimi-Bestenliste existiert seit März 2005, als sie erstmals auf der Leipziger Buchmesse, damals noch als KrimiWelt-Bestenliste vorgestellt wurde. Von März 2011 an wird sie regelmäßig an jedem ersten Donnerstag des Monats in der Wochenzeitung DIE ZEIT als KrimiZEIT-Bestenliste veröffentlicht.
Vorgestellt wird die KrimiZeit-JahresBestenliste
- im NordwestRadio am Donnerstag, den 5. September 2014 mit Tobias Gohlis gegen 9.20 Uhr sowie später in den Sendungen der Buchpiloten nachzuhören unter http://www.radiobremen.de/nordwestradio/serien/krimizeit/index.html -
in der Wochenzeitung DIE ZEIT am 5. September 2014 und unter www.zeit.de/krimizeit-bestenliste
Monatlich wählen neunzehn auf Kriminalliteratur spezialisierte Literaturkritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus der Masse der Neuerscheinungen die zehn Titel aus, denen sie viele Leser wünschen. Das Beste vom Besten: Immerhin erscheinen übers Jahr verteilt inzwischen über 1800 Kriminalromane auf Deutsch. An jedem ersten Donnerstag im Monat geben Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Sie halten nach dem literarisch interessanten, thematisch ausgefallenen, besonderen Kriminalroman Ausschau. Die besten Zehn werden mit Bibliographie und Kurzbeschreibung hier veröffentlicht.
Die Jury der KrimiZEIT-Bestenliste auf dem aktuellen Stand:
Tobias Gohlis, Kolumnist DIE ZEIT, DeKrPr*, Moderator und Jury- Sprecher der Krimiwelt
Volker Albers, Hamburger Abendblatt, DeKrPr*
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, Dlf, BR, DeKrPr*
Gunter Blank, Sonntagszeitung Zürich
Thekla Dannenberg, Perlentaucher
Fritz Göttler, Süddeutsche Zeitung
Michaela Grom, SWR
Hannes Hintermeier, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Lore Kleinert, Radio Bremen
Elmar Krekeler, Die Welt
Kolja Mensing, Dradio Kultur
Ulrich Noller, Deutsche Welle, WDR, DeKrPr*
Jan Christian Schmidt, www.Kaliber 38.de, DeKrPr*
Margarete v. Schwarzkopf, Freie Literaturkritikerin
Ingeborg Sperl, Der Standard - Wien
Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau, DeKrPr*
Jochen Vogt, NRZ, WAZ
Hendrik Werner, Weser-Kurier
Thomas Wörtche, Plärrer, culturmag, Dradio Kultur, Penser Pulp bei Diaphanes, DeKrPr*
In der Regel kommentieren wir die von der Jury neu plazierten Krimis. Alle weiteren plazierten Krimis der Vormonate entnehmen Sie bitte unseren Krimi-Besprechungen in den vormonatlichen Artikeln, die Sie in der RUBRIK BÜCHER auf dem Titel oder unter dem Autorennamen im Archiv finden. Das Prozedere der Platzverteilung ist ganz einfach. Dreimal darf ein Kritiker aus der Jury einen Roman benennen. Wenn das gut verteilt ist, kann ein Buch einige Monate überwintern, dann hat es nur noch die Chance, in der Jahresbestenliste wieder aufzutauchen, die jeweils Ende Dezember herauskommt und die wir für 2013 ebenfalls kommentierten.
JahresBestenliste 2013
INFO II :
Am 23. Juni teilte der Jurysprecher Tobias Gohlis mit:
Hannes Hintermeier (FAZ) und Elmar Krekeler (WELT) neu in der Jury der KrimiZEIT-Bestenliste
Seit Juni 2104 verstärken Hannes Hintermeier, Redakteur im Feuilleton der F.A.Z., und Elmar Krekeler, stellvertretender Feuilletonchef der WELT-Gruppe, die Jury der KrimiZEIT-Bestenliste.
Die Jury, die monatlich die zehn besten Kriminalromane aus der Fülle der Neuerscheinungen auswählt, besteht damit aus 19 Kritikerinnen und Kritikern, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz veröffentlichen.
Hannes Hintermeier, Jahrgang 1961, hat Anglistik und Germanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert. Nach dem Staatsexamen 1988 absolvierte er die Deutsche Journalistenschule in München. 1990 bis 1996 war Hintermeier Literaturredakteur bei der AZ, dann in der Kulturredaktion der „Die Woche“ tätig. Seit 2001 ist er im Feuilleton der F.A.Z. Stellvertreter des Ressortleiters, aktuell Redakteur für „Neue Sachbücher“.
Seit Frühjahr 2014 betreut er mit weiteren Kollegen die FAZ-Krimi-Seite, die alle fünf Wochen versucht, „mit ausgewählten Beispielen der ganzen Bandbreite des Genres gerecht zu werden“.
Hannes Hintermeier über zwanzig Jahre Krimi-Erfahrung: "Am Krimi fasziniert mich die ungeheure Entwicklung, die das Genre in den letzten zwanzig Jahren weltweit gemacht hat. Der Krimi vereint einen Gegensatz, indem er gleichzeitig immer lokaler und universeller geworden ist. Ärgerlich finde ich manches buchindustrielle Kopier-Verhalten - merke: Erst wenn der letzte Serienmörder gefasst ist, werdet ihr merken, dass man
Hannibal Lecter nicht toppen kann."
Elmar Krekeler, geboren 1963, kam nach einem Studium der Musikwissenschaft 1989 als Redakteur ins Feuilleton der WELT, wo er sich zunächst der klassischen Musik widmete, bis er 1994 Literaturredakteur wurde. Von 2001 bis 2011 leitete er die „Literarische Welt“, wo er von 2005 bis 2010 mit verantwortlich für den Vorgänger KrimiWelt-Bestenliste war.
Seit 2012 schreibt er wöchentlich die Krimi-Kolumne „Krekeler killt“. Krekeler wurde 2004 mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet und ist derzeit stellvertretender Feuilletonchef der WELT-Gruppe.
Krimis umgeben ihn von Kindesbeinen an. Elmar Krekeler: „Mein Vater war ein geradezu manischer Krimi-Sammler. Wir hatten u.a. die Gesamtausgaben von Agatha Christie, Victor Gunn, Arthur W. Upfield und Edgar Wallace im Regal stehen. Meine mittlere Jugend bestand aus roten Goldmann-Krimis, die schleichend die "Fünf-Freunde"- und ???-Ära ablösten.“
Ich freue mich, dass diese beiden renommierten Literaturkritiker und Feuilletonisten die monatliche Suche der KrimiZEIT-Bestenlisten-Jury nach dem intellektuell anregenden, spannenden und literarisch reizvollen Kriminalroman unterstützen. Gute Kriminalliteratur ist für das Verständnis und die Gestaltung unserer schwer durchschaubaren Welt von existenzieller wie ästhetischer Bedeutung.