Eine Kritik des deutschen Protestantismus aus dem Primus Verlag

 

Gerhard Wiedemann

 

Berlin (Weltexpresso) - Welche Fehler hat die evangelische Kirche in der Vergangenheit gemacht? Ist es dem deutschen Protestantismus gelungen, sich den Fehlern der Vergangenheit zu stellen, und versetzt das die evangelische Kirche in die Lage, zu einem glücklicheren Leben der Menschen beizutragen?

 

Wippermann folgt in seiner Analyse diesen Fragen und arbeitet so die Haltung der evangelischen Kirche zu Staat, Krieg und Kapital sowie zu den Juden, Roma und Frauen in Vergangenheit und Gegenwart heraus. Luther und sein Erbe stehen dabei im Zentrum der Analyse und der Kritik. Dabei geht der Autor nicht nur, wie sonst oft üblich, auf die Reformation und die Rolle der Kirche im Dritten Reich ein, sondern umfasst die Kirchengeschichte von den Anfängen bis heute.

 

Besonders kritisiert Wippermann die in seinen Augen nicht ausreichende Aufarbeitung der Fehler der Vergangenheit. Der Autor endet mit der Feststellung, dass es so zu keiner Bewältigung von fehlgeleiteten Auffassungen wie Antiziganismus, Antijudaismus und Antifeminismus kommen konnte und schließt die Frage an, ob Luthers Reformation überhaupt schon ausreichend war.



Liebet eure Feinde“ – Kirche und Krieg


Gerade in der heutigen Zeit wird die Auseinandersetzung mit Kriegen immer relevanter. Wippermann untersucht, wie sich die evangelische Kirche in der Vergangenheit zu diesem Thema gestellt hat. Mit einem Rückgriff auf das fünfte Gebot: „Du sollst nicht töten“ stellt der Autor fest, dass sich die Kirche nicht uneingeschränkt an das Gebot gehalten hat. Denn der Protestantismus segnete und verherrlichte alle deutschen Kriege einschließlich des Zweiten Weltkrieges.



Teufelskinder“ – Kirche und Antisemitismus


Luthers Schriften belegen seine antijudaistische Auffassung. Doch hat Luther damit die Judenfeindschaft der Nationalsozialisten vorbereitet, gibt es eine Kontinuität von Luther bis Hitler? Mit der Abgrenzung des alten, religiös bedingten Antijudaismus zum modernen, rassistischen Antisemitismus und der dadurch entstehenden Wertung, der Antijudaismus sei weniger schlimm, umgeht man diese Frage. Wippermann hält diesen Ansatz für falsch, da mit beiden Varianten die Verfolgung der Juden begründet wurde. Eine Auseinandersetzung mit Luthers antisemitischer Ausrichtung und der Einstellung der heutigen Kirche zu den Juden, sieht der Autor daher als besonders wichtig an.

 

Er geht davon aus, dass es durch Luther zu einer Radikalisierung des christlichen Antisemitismus gekommen ist, der bis heute nicht vollständig überwunden werden konnte. Die provokanten Fragen und Thesen werden von Wippermann in den Raum gestellt, um sie anschließend mit Rückgriff auf geschichtliche Fakten, Schriften und der Bibel zu beantworten. Dabei soll das Buch niemanden eine Meinung aufdrängen, sondern besonders im Hinblick auf die im Jahr 2017 anstehenden Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der der Reformation zu einer Reflexion der Vergangenheit der evangelischen Kirche anregen.

 

FAZIT: Wes Geistes Kind Luthers Erbe ist und wie die Evangelische Kirche damit umgeht, das beleuchtet Wolfgang Wippermann in seiner Kritik des deutschen Protestantismus. Von den Anfängen bis heute analysiert er die Haltung der Evangelischen Kirche zu Staat, Krieg und Kapital sowie zu den Juden, Roma und Frauen.

 


INFO: Wolfgang Wippermann Luthers Erbe. Eine Kritik des deutschen Protestantismus Primus Verlag, 2014. 224 S., Glossar, gebunden mit Schutzumschlag, € 24,95 [D] ISBN 978-3-86312-072-6

 


Über den Autor: Wolfgang Wippermann ist Professor für Neuere Geschichte am Friedrich-Meinecke-Institut der FU Berlin und war lange Zeit Lehrbeauftragter am Institut für katechetischen Dienst der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg.

 

Selbstverständlich steht Wolfgang Wippermann zu Interviews und Gesprächen zu den Thesen seines Buches zur Verfügung.

 

Buchvorstellung: Wolfgang Wippermann stellt sein Buch und seine Thesen in der Urania in Berlin zur Diskussion. Thema: Luthers Erbe – Kritik des deutschen Protestantismus Freitag, 24. Oktober, 19:30 Uhr Ort: Urania Berlin An der Urania 17 10787 Berlin Eintritt: 7 Euro Näheres unter diesem Link: http://www.urania.de/programm/2014/w854/