Serie: Neue und ältere Kunstbücher aus dem Verlag Michael Imhof: hier WELTGESCHICHTE DER KUNST, Teil 5
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) –Tja, das war gut bedacht, die beiden vorliegenden Bände von Frühem Christentum und Byzanz zusammen besprechen zu wollen, aber unter der Hand hat die Begeisterung dann zu und in die Länge geschlagen, so daß Sie das Folgende mit der Einführung von Teil 4 lesen sollten.
BYZANZ
Für die meisten Leser wird dieses Band, verfaßt von Tania Velmans, unbekannteres Terrain sein, obwohl wir gerade die byzantinische Elfenbeinkunst als das non plus ultra byzantinischer Kunst kennen und allgemein wissen, daß die IKONEN zur alleinigen Gottes- und Heiligendarstellung der orthodoxen Kirche werden – und zwar vor denen der Westkirche in Rom, die sie aus Byzanz dann erst spät übernimmt.
Doch zuerst geht es um Konstantinopel, dessen Geschichte kurz, knapp und übersichtlich dargestellt wird. Daß die Architektur als erste Kunst nun ausführliches Thema wird, liegt auch daran, daß in Konstantinopel der Kirchenbau in Form der Basilika entwickelt wurde, der von dort aus seinen Siegeszug nach Westen antrat, was in vielen Beispielen aus Ravenna, Ohrid, Saloniki u.a. in Bild und Erklärung gezeigt wird. Zuvor wurde die Entwicklung der Basilika dezidiert vorgestellt, die dann mit der Kuppel erst im 6. Jahrhundert ihre charakteristische Form erhielt.
Es geht weiter mit den Wandmalereien, Mosaiken und Ikonen, wo einem bei der Darstellung der autokephalen Darstellungen auf dem Sinai wie auch Ravenna das Herz aufgeht, denn bis heute spricht aus diesen Bildern ein Rhythmus, der einen ergreift. Ja, auch der Bilderstreit, der nicht aufgeklärte, spielt eine Rolle, wobei der Hinweis, daß dieser auch von dem Aufkommen des Islam herrühre, eine neue Bedeutung erhält. Was es mit dem Verbot der Darstellung Gottes im Christentum, das auf jüdischem Verbot basiere, wirklich auf sich hat, ist bis heute nicht geklärt. Aber es ist richtig, sich immer von Neuem um eine Sachklärung zu bemühen.
Wer Ikonen liebt, kommt im Folgenden auf seine Kosten. Denn es wird ausgehend von der Wandmalerei die Ikone als Fenster zum Himmel deutlich gemacht und ihre Entwicklung von Byzanz über Kreta nach Serbien und Rußland im Bild nachvollzogen. Auch Andrej Rubljow und seine Dreifaltigkeitsikone aus dem Sergios-Kloster ist dabei, was uns daran erinnert, daß der schöne Film über den Künstler von Andrej Tarkovskij im Kino des Deutschen Filmmuseums Frankfurt am 21. April aufgeführt wird, weil ihn Margarete von Trotta in ihre Carte Blanche aufnahm.
Und dann das Kunsthandwerk genannte Wunderwerk der Elfenbeinschnitzerei, die Metallarbeiten – die Pala d'Oro natürlich auch, die Textilien – und die Buchmalerei. Ein Werk ergreifender als das andere. Eine ganz andere Zeit, eine ganz andere Kunst als die heutige, in der man das Aufgehobensein des Menschen von damals gut nachempfinden kann.
Das ist nur ein grober Überblick, welchen Reichtum Sie im Band über Byzanz vorfinden. Denn im Westen hört man es bis heute nicht gerne, daß das Christentum und auch seine Kunst aus dem Morgenland kommend das Abendland inspirierte. Genau. Genau wie die Sonne. Wichtig ist dabei, den Begriff Byzanz und byzantinisch nicht wörtlich zu nehmen, nicht allein auf die Stadt und den Kaiserstaat zu beziehen, sondern das Welthaltige an der byzantinischen Kunst zu begreifen. Vielleicht sollte man bescheidener Europahaltige sagen. Auf jeden Fall lebt die byzantinische Kunst, die sich über 1000 Jahre entfaltete, auch nach dem Untergang von Byzanz fort, in den Klöstern und Kunsthandwerkbetrieben an manchen Stätten Griechenlands – ja, Berg Athos auch - , dem Balkan und Osteuropa bis nach Rußland.
Interessant auch, daß der Untergang von Byzanz dann als Eroberung von Konstantinopel durch den osmanischen Sultan Mehmet II. am 29. Mai 1453 in unser kulturelles Gedächtnis einging, was völlig richtig ist, denn die Folge war, daß die Gelehrten, die Priester, die Schreiber, die Kopisten, die Maler, die Kunsthandwerker mit ihren Arbeitsgeräten und der griechisch-römischen Literatur im Gepäck nach Venedig, nach Italien, nach Europa kamen und mit ihren Übersetzungen hier den Humanismus und die Renaissance befeuerten.
Der Band ist ein KUNST UND KULTURbuch, weder ein Geschichtswerk, noch gar ein religionsgeschichtliches. Das mußten wir uns eingestehen, als wir nach den Konzilen Ausschau hielten, deren religionstheoretische Beschlüsse ja praktische Bedeutung erhielten. Und das nicht nur in den Glaubensdingen (die berühmte Auseinandersetzung um homöious und homoios, ob Christus dem Vater wesensgleich, also Gott, oder nur wesensähnlich, also Mensch, sei), sondern auch, wie man damit in der Bildgestaltung umgeht. Mit Ersterem wäre der Anspruch überfordernd, mit Zweitem löst der Band seinen Teil ein. DAS MYSTERIUM DER MENSCHWERDUNG in LITURGIE UND KUNST vermittelt den religiösen Hintergrund, warum IKONEN geheiligt sind und eine spirituelle Verbindung zum Dargestellten bewirken, weshalb Christus, Maria und die Apostel in der darstellenden Kunst besonders herausgehoben und vielfach wiedergegeben werden.
Info:
Byzanz, Kunst und Architektur, IMHOF-Weltgeschichte der Kunst, Michael Imhof Verlag 2009