Serie: Neue und ältere Kunstbücher aus dem Verlag Michael Imhof: hier WELTGESCHICHTE DER KUNST, Teil 4
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es sind zwei unterschiedliche Autoren – Tania Velmans und Eduard Carbonell Esteller - , die über KUNST UND KULTUR von Christentum und Byzanz schreiben – und es ist doch ein Thema, wenn man mit Byzanz das Ostrom seiner Zeit kennzeichnet.
Denn Byzanz sagen wir heute für das geschichtliche Istanbul, es war aber KONSTANTINOPEL, das von dem Kaiser begründet wurde, der als Konstantin I. von 306 bis 337 n. Chr. römischer Kaiser war, 313 mit dem Toleranzedikt von Mailand das Christentum aus der Verfolgung befreite, sozusagen hoffähig machte und Privilegien verteilte, und selbst, so sagt die Fama, auf seinem Totenbett noch Christ wurde, nachdem er schon zuvor im ersten Konzil von Nicäa mit seiner Stimme Religionsgeschichte vollzog. Das war die Auseinandersetzung mit den Arianern. Davon nachher mehr. Von Rom hatte er, landläufig gesagt, die Schnauze voll und baute KONSTANTINOPEL zu seiner Metropole aus. Das haben wir uns erst einmal als Einleitung für unseren Leseprozeß selbst vor uns hingesagt und jetzt gucken wir in die Bücher!
FRÜHES CHRISTENTUM
Das Buch von Eduard Carbonell Esteller beginnt früher als im 3. Jahrhundert und benennt sein erstes Kapitel folgerichtig als DIE SPÄTANTIKE. Wie die nun genau zu datieren ist, ist nicht wichtig. Aber wichtig ist der Hinweis des Autors, daß unser aller Sprachgebrauch nicht ganz richtig sei. Denn nicht von frühchristlicher Kunst sollten wir sprechen, sondern von der christlichen Kunst im späten Römischen Reich. Damit spricht der Autor von den Parametern der Kunst, des zeitgenössischen Kunstschaffens, die nicht aus der Religion, aus überirdischen Sphären entstammt, sondern ihren Hintergrund in den ästhetischen und stilistischen Kriterien der bildenden Kunst der römischen Spätantike (der Begriff ist vom Wiener Kunsthistoriker Alois Riegel geprägt) hat. Das Christliche daran sind dann die Motive, die Themen und auch ihre Funktion in der Verwendung für Gläubige.
So gibt es bereits im 2. Jahrhundert eine christliche Gemeinschaft, aber deren Kunstwerke unterscheiden sich in Stil und Technik mitnichten von der zeitgleichen Kunst, sondern entstehen analog der Ästhetik der griechisch-römischen Kunst, auch in ihren Wandlungen in den folgenden Jahrhunderten. Was diese entstehende christliche Kunst von der allgemeinen Kunst der Zeit unterscheidet, ist ihr Drang nach Abstraktion, die das Gegenständliche nach und nach durch Symbole ersetzt, nachdem schon die Themen spezielle wurden und eine eigene Ikonographie nach und nach entsteht.
Die These ist nun, daß mit der Abkehr einer idealisierten Darstellung des Menschen – die Plastik der Griechen in römischen Kopien – sowie vom Formenkanon der Antike und der Proportionenlehre bei Skulptur und Architektur christlich geprägte Kunst auf das Kunstschaffen insgesamt innovativ gewirkt habe und dadurch seinen Beitrag zur Entwicklung der Kunst des Frühmittelalters geleistet habe.
Vor allem im Bereich der Architektur ist dies an vielen Bildbeispielen nachvollzogen. Auf wenigen Seiten wird der Römische Staat in seiner Integrationskraft (Provinzen, Germanen z.B.) dargestellt, was dann auch für das Christentum galt und an Ägypten mit dem Isiskult, dem Mithraskult und dem östlichen Kybelekult schon vorgeführt wurde, was zuvor ja mit der Einverleibung der griechischen Philosophie und ihrem Wertkanon längst erfolgreich geleistet worden war. Das Christentum aber sperrte sich als monotheistische Religion gegen die Ansammlung so vieler Götter. Und setzte sich durch.
Gestreift wird auch ein Sachverhalt, über den man sich sonst wenig Gedanken macht: warum eigentlich die jüdische Religion in der römischen Welt wenig Anklang fand? Wir würden auf Anhieb sagen, was im Band nicht diskutiert wird, daß sie, wie das Christentum, nicht vereinbar ist mit einer Vielgötterei, die Grundlage des Pantheismus der Römer war. Jahwe lebte zwar bis rund 400 v.Chr. noch in Gemeinschaft gleichgestellter Götter: dem Baal der Phönizier, dem Assur der Assyrer, aber danach wurde der Monotheismus im Judentum strikt, den ja erst das Christentum mit dem Juden Jesu sozusagen familiär und zur Dreieinigkeit machte: Gottvater, Sohn und Heiliger Geist.
Der Band, dem es wieder gelingt, das Format von 70 Seiten einzuhalten, geht sodann ausfürhlich auf das neue künstlerische Empfinden ein, das sich in Architektur und Bildender Kunst zeigt, wobei die einzelnen Gebiete: Malerei, Mosaik, Skulptur und Buchmalerei gesondert abgehandelt sind und sehr gut die Eigenheiten der Zeit und die der Materialien zeigen.
Info:
Eduard Carbonell Esteller, Frühes Christentum, IMHOF-Weltgeschichte der Kunst, Michael Imhof Verlag 2008