Der neue Bildband bei TASCHEN paßt gut zum Film „Die Gärtnerin von Versailles“, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Da war ich froh, daß die Münchner Kollegin den heute anlaufenden internationalen Film besprochen hat, gut besprochen hat und nicht ein Kollege, denn anläßlich der Pressevorführung in Frankfurt gab es danach eine so widersprüchliche wie eindeutige Meinung zum Film: pro die Frauen, contra die Männer.

 

Das war schon witzig, denn der Film macht heutigen Frauen einfach gute Laune, daß sich auch früher Frauen einmischten in öffentliche Belange, selbst wenn das historisch nicht im Detail stimmt. Und diese Gärtnerin, robust und vornehm in einem durch Kate Winslet verkörpert, macht uns vor, daß Gartengestaltung eben direkt mit der eigenen Lebensauffassung zu tun hat, mit einem inneren Wertesystem, ob man die Natur beispielsweise kujoniert oder sich ihrem Wachsen auch bei der Gestaltung von Gärten beugt und dies in die Planung sinnvoll miteinbezieht.

 

Übrigens wirkt der Film – gerade jetzt in der Pflanzzeit – unglaublich motivierend, selber mit Pflanzen das Leben gestalten zu wollen – wenn schon nicht das Leben, dann den nächsten Garten oder Balkon in Angriff zu nehmen. Und für die Tatendurstigen kommt dann dieser dreisprachige JARDINS DE FRANCE EN FLEURS Bildband aus dem Verlag Taschen genauso recht wie für die, die auf alle eigenen Aktivitäten verzichten müssen – oder wollen. Man kann sich auch mit den Augen in Frankreichs Gärten umtun und deshalb schlagen wir sofort diesen Großband auf – und suchen: natürlich Versailles!

 

Da kommen wir erst einmal nicht weit, denn beim Aufschlagen haben wir gleich gegenüber dem Titel erst einmal den Schock dieser roten Mohnblüte zu verkraften, natürlich ein positiver Schock, denn dieser Mohn ist voll aufgeblüht mit einer Leuchtkraft und Tiefenschärfe, daß man sich in einem 3D-Film wähnt. Zudem hatte es entweder geregnet, oder die Pflanze wurde übersprüht, was auch die noch geschlossenen grünen Knollen, würden wir sagen, die ja erst zur Blüte das grüne fleischige Gewächs in ein grünrotes verwandeln, zu glitzernden, unseren Blick magisch anziehenden Geheimnissen macht. Und dann auch noch die Akeleien? Seit wann gibt es denn rote? Es muß die Akelei sein, keine andere Frühsommerblume hat eine derartige Eleganz. Wir hören schon auf, aber haben uns auf Anhieb in dieses Blatt verliebt.

 

Also Versailles. Das dürfte nicht schwer zu finden sein, ist es doch gleichsam ein Symbol für die Art, die man fürderhin im Gegensatz zum englischen Garten den französischen Barockgarten nennt und der für immer mit dem Namen des allmächtigen Sonnenkönigs, Ludwig XIV verbunden ist. Gleich im Inhaltsverzeichnis erfahren wir, daß das Land aufgeteilt ist in LE NORD, mit der Ile-de-France und Normandie, in LE CENTRE mit Zentrum, Pays de la Loire, Aquitaine und Rhone-Alpes und LE SUD mit der Provence und Cote d'Azur, worunter dann die jeweiligen Gärten der Region in Bild und Wort stehen.

 

Und schon machen wir den ersten Fehler und schauen unter CENTRE, einfach, weil Frankreich seit jeher ein Zentralstaat war mit dem Mittelpunkt seiner Hauptstadt Paris. Das bleibt auch so, daß Paris für ganz Frankreich steht, aber Versailles befindet sich auf der Ile-de-France genannten Region und die gehört zum Norden. Schaut man sich auf den Folgeseiten die französische Landkarte auf grünem Grund an, dann erkennt man wieder einmal, wie hoch im Norden die Ile-de France liegt und mit ihr die Hauptstadt Paris. Es stimmt, daß hier die besten Gartenarchitekten die klassische französische Gartenkunst ihrer Blütezeit geschaffen haben, die dann – als es modern wurde – auch die Gärten im englischen Stil anlegten.

 

Heute gibt es hier eine große Bandbreite an klassischen, intimen und romantischen Gärten, die einerseits kühn Neues wagen, aber doch auch immer die überlieferten Regeln der Harmonie beachten“, heißt es auf Seite 9. Und dann sehen wir nach den aufregenden Bildern, in denen das Wasser, die Wasserspiele die ebenbürtige Rolle spielen, und uns die Stutzereien von Bäumen und Sträuchern in ihrer Gleichförmigkeit schon fast zu viel wird, was die folgenden Rosengärten – eine Doppelseite zeigt acht verschieden rote Blüten - mehr als wettmachen, endlich auf Seite 48 die Gärten von Versailles. Fortsetzung folgt.

 

INFO:

Gardens in France, Gärten in Frankreich, hrsg. von Angelika Taschen, Fotos von Deidi von Schaewen, Texte Marie-Francoise Valéry, 340 Seiten, Großband 2015, 14,99