TAKEOVER, Thriller von Jussi Adler-Olsen bei dtv, Teil 2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es geht um den Absturz am 4. Oktober 1992 des EL-AL-Flugs 1862, einer Frachtmaschine Boing 747-258F auf dem Weg nach New York kurz nach dem Start in Schipol, wo dann Materialversagen als Unglücksursache benannt wurde. Damals starben beim Sturz in ein zehnstöckiges Wohnhaus offiziell 43 Menschen, die vier Personen der Besatzung und 39 Bewohner von Amsterdam Zuidoost.
Das ist die Wirklichkeit, auf die der Thriller Bezug nimmt. Aber hier wird der Absturz nur der Auslöser für das Eigentliche, was Jahre lang verschwiegen wurde. Denn die Angabe von transportierten Blumen und Parfüm war wahrlich nicht alles. Jahrelang wurde die gefährliche, die todgefährliche Fracht verschwiegen. Und wir setzen, nach dem kurzen Ausflug in die Geschichte, als Beweis, daß Jussi Adler-Olsen hier wirklich politisch an die Ursachen rangeht, im Roman fort: Nach und nach häuften sich Krankheiten und Todesfälle, denn an Bord waren mindestens zehn Fässer Dimethlymethylphosphonat gelagert, ein Nervengift. Das ist verschwunden, genauso wie tödliches Uran. Das also ist echt und bis heute letztlich nur bekannt geworden, aber unaufgeklärt und politisch nicht bearbeitet.
Das nun macht sich Adler-Olson zu nutze und läßt die makabre böse Geschichte nun durch das alle Katastrophen durchstehende Paar – das dauernd durch böse Feinde verhinderte Liebespaar Peter de Boer und Nicky Landsaat - aufklären, das mit sehr unterschiedlichen Methoden kämpft, gemeinsam aber über das Böse siegt. Die bösen Feinde sind zum einen die eigenen Mitarbeiter, dann grundsätzlich der Irak, vor allem sein Geheimdienst, ach ja und das Militär auch. Die haben ihre Mittelsmänner in der guten holländischen Gesellschaft sitzen, aber auch in Frankreich, denn das alles geht zurück auf ein Schloß in der Provence, wo schon vor vielen Jahren der französische Präsident für die Repräsentanz und den Wirtschaftsverkehr mit Sadam Hussein eingetreten war. Ja, es geht weit zurück in die 90er Jahre und davor und vor allem der Golfkrieg ist ausschlaggebend für die politische Stimmung, die das Buch trägt.
Es gelingt Adler Olsen aber nicht, die private Kolportage sowohl von Peter de Boer – unglaubliche Familiengeschichte mit Cousin, der zu seinem Halbbruder wird, seiner Tante, die den Vater verführte und ihn auch, diese Marie ist die seltsamste und überhaupt nicht überzeugende Figur im Buch, eine Ehefrau mit Selbstmord hat er auch noch – wie auch seiner Liebsten, Nicky, mit der politischen Geschichte in einen sinnvollen Strang zu flechten. Das läuft nebeneinander her, triftet zwischendurch völlig auseinander, Geschichte über Personen, Geschichten über die Geschichte, und findet erst am Schluß mit der Hauptgeschichte zu so etwas wie einem Ende.
Sehr enttäuschend, auch wenn es so toll anfängt und zwischendurch immer wieder Hoffnung aufkeimt, das könne noch was werden.
Foto: Der Autor
Info:
Jussi Adler Olsen, TAKEOVER, dtv München, 592 Seiten, Oktober 2015
Die Überschrift: „Und sie dankte den Göttern...“ befindet sich auf dem Schutzumschlag. Damit hat es eine einfache Bewandtnis, die in einem Thriller selten auftaucht. Es geht um den Totenkult Indonesiens, hier weniger dem Ahnenkult, sondern, wie durch Puppen andere Menschen geschützt oder auch bestraft werden können. Das ist das Metier von Nicky Landssaat, das im Roman früchtebringend eingesetzt wird.