TAKEOVER, Thriller von Jussi Adler-Olsen bei dtv, Teil 1
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Was für ein toller Anfang. Was für eine tolle Geschichte! Ganz im Sinne von John le Carre ein internationaler Wirtschaftsthriller, bei dem man lernen kann, wie man blitzschnell und verwegen erst einmal Wirtschaftsimperien zerstört und dann mit den Resten Gewinn macht.
Aber leider vertraut der Autor seiner Geschichte nicht, denn dann kommen Geschichten über Geschichten, voll überzuckert mit einer holpernden Liebesgeschichte dazu.
Das auch noch. Viel muß man verschmerzen, wenn man doch auf Adler-Olsen gespannt ist, dessen Carl Mørck mit seinem phantastischen Assistenten Assad seit 2009 den Maßstab setzt. Das ist das Problem. Es ist natürlich unfair, jüngere Werke mit den späteren, ausgereiften zu vergleichen. Aber, wenn man den neuen Krimi liest, dann glaubt man ja, es handele sich um ein neues Werk, eines, mit dem er Pause macht von Carl Mørck. Das könnte man ja verstehen. Aber die Verlagspolitik ist gnadenlos. Sie bringt als neuen Adler Olsen ein Buch, das er schon vor 13 Jahren in Dänemark veröffentlicht hatte!!
Das wäre nicht schlimm, wäre das von Verlagsseite ordentlich so angekündigt. Das ist das eine. Das wäre auch nicht schlimm, hielt die Geschichte ihrem eigenen Anfang stand. So aber fühlen wir uns doppelt getäuscht. Wir fingen motiviert an, waren nach den ersten Seiten begeistert, hielten lange das positive Gefühl aufrecht und lasen dann nach und nach demotiviert weiter, unter höchster geistiger Anstrengung, ob man all die auf einmal auftauchenden Personen mit ihren Geschichten noch zusammenbringt in der einen Geschichte, die sich eigentlich um die so unterschiedlichen Hauptpersonen dreht: den holländische Unternehmer Peter de Boer, der Unternehmen vernichtet und dessen Vater in Indonesien blieb und verschwand und Nicky Landsaat, halb Indonesierin, halb Holländerin und als wunderschön beschrieben, auf jeden Fall klug und gut und dem Magischen zugetan, dem Ahnenkult auch.
Peter de Boer heuert sie persönlich an, nachdem sie ihm als Trainee ihrer ungewöhnlichen Gedankensprünge wegen auffiel. Denn gewitzte Leute kann er brauchen. Er hat den nicht unbegründeten Verdacht, daß die von ihm aufgebaute Firma, in der Effizienz das A und O ist, ihm aus der Hand genommen werden soll. Feinde überall.Im eigenen Lager. Dabei braucht er für den neuen millionenschweren Auftrag alle im Boot. Er soll – wie oft – für eine Firma, die weniger gut ist, weniger erfolgreich, weniger marktkonform eine andere Firma, die in allem besser ist und gut angesehen dazu, wirtschaftlich ruinieren, damit sein Auftraggeber, die miese Firma, die eigentlich bessere sich für billig Geld einverleiben kann, während er für teuer Geld dafür bezahlt wird. Das geht dann so immer um zehn Millionen Gewinn. Ein Pappenstiel. Nur nicht für uns.
Dem folgen wir erst einmal willig, doch ist das Interesse völlig fehl am Platz, denn es geht nur um die Einleitung, auf die eine andere Geschichte folgt mit so vielen Personen, daß wie gesagt, die Übersicht zu behalten nicht einfach ist und dann erst ganz am Schluß kommt das, was neben der Liebesgeschichte und den persönlichen Problemen beider Familiengeschichten, indonesisch unterfüttert, das Wichtigste wird: der ungeklärte Absturz einer Frachtmaschine der israelischen Linie EL AL beim Landen in einem Wohngebiet von Amsterdam, weit draußen und sozial unansehnlich, will sagen, voller Immigraten auch noch, so daß die Anzahl der Toten und auch die der Verletzten nie genau erforscht wurde. Fortsetzung folgt
Info:
Jussi Adler Olsen, TAKEOVER, dtv München, 592 Seiten, Oktober 2015
Die Überschrift: „Und sie dankte den Göttern...“ befindet sich auf dem Schutzumschlag. Damit hat es eine einfache Bewandtnis, die in einem Thriller selten auftaucht. Es geht um den Totenkult Indonesiens, hier weniger dem Ahnenkult, sondern, wie durch Puppen andere Menschen geschützt oder auch bestraft werden können. Das ist das Metier von Nicky Landssaat, das im Roman früchtebringend eingesetzt wird.