Frankfurter Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt

 

Gerhard Wiedemann und pia

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – So zweimal im Jahr stellt die Pressestelle der Stadt Frankfurt Neuerscheinungen zur Stadt, ihren Leuten, ihren Institutionen vor. Insbesondere zur Weihnachtszeit wird das sehr goutiert, denn man findet das eine oder das andere, meist sogar mehrere Bücher als Weihnachtsgeschenke außerordentlich sinnvoll.

 

Es geht also bei diesen Empfehlungen auch um passionierte Museums- oder Theaterbesucher, Krimi-Leser, an Zeitgeschichte Interessierten und überhaupt jeden, der den gemeinsamen Nenner hat: Die Stadt Frankfurt aus ganz unterschiedlichen Perspektiven und zu den unterschiedlichsten Epochen. Und auch für junge Leser und Bilderbuchfreunde ist etwas dabei.

 

 

Illustre Gäste

 

Die Jubiläumsschau des Städelmuseums anlässlich des 200. Geburtstages inszenierte 40 Stelldicheins der besonderen Art: Herausragende Werke der Städelsammlung trafen auf ebenbürtige Dialogpartner aus bedeutenden Sammlungen weltweit, von der Albertina in Wien über das Musée d’Orsay in Paris und die Tate in London bis hin zur National Gallery of Art in Washington. Was sich aus den Begegnungen der angestammten Werke und ihrem hohen Besuch ergibt, kann man mit dem reich illustrierten Ausstellungskatalog „Dialog der Meisterwerke. Hoher Besuch zum Jubiläum“ Revue passieren lassen. Und zwar wie in der eindrucksvollen und an schönen Leihgaben reichen Jubiläumsschau quer durch die Jahrhunderte - von Alten Meistern bis hin zur Gegenwart. Von Jan van Eyck über Pablo Picasso bis hin zu Daniel Richter ergeben sich immer wieder illustre Runden mit den aus der Ferne angereisten „Gästen“. (ab)

 

Städel Museum (Hg.): Dialog der Meisterwerke: Hoher Besuch zum Jubiläum, 280 Seiten, Wienand, 44,80 Euro.

 

 

Über die Schulter geschaut

 

An jedem Samstag erscheint in der Frankfurter Neuen Presse ein neues Porträt über in Frankfurt lebende Menschen, die Besonderes für ihre Stadt leisten oder geleistet haben. Der Clou der lesenswerten Porträts: ein roter Faden, der sich durch die Fotos der Abgebildeten zieht. Er verbindet Menschen und Leben. Mal liegt dieser rote Faden zu einer Mütze zusammengerollt auf dem Kopf eines Porträtierten, mal nimmt er das Zickzack der Börsenkurve an und mal legt er sich um die Brille des Fotografierten. Nun sind 40 Porträts aus dieser Reihe von Boris Tomic, Katja Gussmann und Mark Obert samt dazugehörigen Fotos als Buch erschienen.

 

Ob Börsenguru, Künstlerin oder Verleger, und gleich, ob es um Petra Roth, Shantel oder Christoph Mäckler geht - beim Lesen in „Der rote Faden. Frankfurter im Porträt“ fühlt es sich fast so an, als hätte man sich mit den Porträtierten auf einen kleinen Plausch getroffen oder als würde man ihnen bei Ihrem Wirken über die Schulter gucken. (ab)

 

Boris Tomic (Hg.): Der rote Faden: Frankfurter im Porträt, 256 Seiten, Societäts-Verlag, 19,80 Euro.

 

 

In Schwierigkeiten

 

Maria Sibylla Merian, 1647 in Frankfurt geboren und 1717 in Amsterdam gestorben, war Naturforscherin und Künstlerin. Und sie war eine außergewöhnliche Frau. Mit ihrer Tochter reiste sie für ihre Forschungen allein durch Südamerika, und sie gehörte zu den ersten Forschern überhaupt, die systematisch Insekten beobachteten. Ihr Konterfei zierte die frühere 500-DM-Note und auch eine 40-Pfennig-Briefmarke. In dem Roman von Nicole Steyer, der Historisches und Fiktion mischt, und im Frankfurt des Jahres 1664 beginnt, ist Merians leidenschaftliches Interesse für Schmetterlinge jedoch eher ein Fluch als ein Segen. Denn die von ihr Sommervögel genannten Schmetterlinge galten als Unheilsbringer und Vorboten des Todes, weshalb ihr Umfeld der Romanheldin mit Misstrauen begegnet. Doch eines Tages lernt sie einen Mann kennen. Die sich entwickelnde Liebe steht allerdings unter keinem guten Stern. Und so ist der Roman nicht nur einfach eine Zeitreise zu Frankfurts ehemaligen Gassen, Straßen und Plätzen sondern auch ein Krimi, in dem die Heldin selbst in Lebensgefahr gerät. (ab)

 

Nicole Steyer: Der Fluch der Sommervögel, 544 Seiten, Knaur, 9,99 Euro.

 

 

Lohnendes Leben

 

Wolfgang Kaus war von 1976 an 33 Jahre lang Regisseur und künstlerischer Leiter am Frankfurter Volkstheater. Er inszenierte Brecht, Frisch, Goethe und Kleist. Goldoni, Molière, Shakespeare und andere bekannte Autoren wurden von ihm in die hessische Mundart übertragen. Für sein Werk wurde er im Jahr 2000 mit dem Stoltzepreis ausgezeichnet. Die Verleihung der Ehrenplakette der Stadt Frankfurt folgte 2004. Bereits 2010, anlässlich seines 75. Geburtstags, erschien sein Buch „Mensche gibt's - all sin se anners: Ein Lebensbericht. 50 Jahre am Theater“. Mit „Und es lohnt sich doch …“ zieht Wolfgang Kaus nochmals Bilanz, blickt auf die Zeit nach seiner schwierigen Herzoperation im Jahre 2002. Von der Frage kommend „… ob sich das noch lohnt?“ – und mit das meinte er tatsächlich das Leben - verfasst er ein Plädoyer für das Leben. Und Gründe dafür, dass es sich zu leben lohnt, findet er genug: In seinen Reisen, seiner Arbeit und nicht zuletzt seiner Stadt Frankfurt. Und selbst den weniger erfreulichen Seiten des Lebens, wie Krankheit, kann er lohnenswerte Aspekte, Einsichten und Erfahrungen abtrotzen. (ab)

 

Wolfgang Kaus: Und es lohnt sich doch ...., 132 Seiten, Books on Demand, 14,80 Euro.

 

 

Als Frankfurt Hauptstadt war

 

Mit der Goldenen Bulle sicherte Kaiser Karl IV. Frankfurt 1356 den Status als Wahlort der deutschen Könige und damit als einer der Hauptstädte des 1806 untergegangenen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zu. Das Frankfurter Exemplar, eines von sieben erhaltenen Exemplaren, ist das wertvollste Dokument des Instituts für Stadtgeschichte. Das reich illustrierte Buch veranschaulicht zunächst die Vorgeschichte, die Entstehung und den Inhalt dieser zentralen Verfassungsurkunde. Ein weiterer Beitrag widmet sich den darin festgelegte Bestimmungen zur Königswahl. Ihre Rolle für die Verfassungsentwicklung des Alten Reiches wird in den weiteren Kapiteln ebenso beleuchtet wie die Entstehung und Überlieferung des Frankfurter Exemplars. Schließlich wird auch das UNESCO-Programm „Memory of the World“ (Weltdokumentenerbe) vorgestellt, zu dessen Bestand die Goldene Bulle seit diesem Jahr zählt. Aus Frankfurter Sicht zeigen die Beiträge, dass nicht nur die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland zu einem großen Teil auf der Goldenen Bulle beruht, sondern auch die heutige wirtschaftliche wie politische Bedeutung der Main-Metropole bis in unsere Gegenwart in hohem Maße auf dieses Gesetzeswerk zurückzuführen ist. (ts)

 

Evelyn Brockhoff, Michael Matthäus: UNESCO-Weltdokumentenerbe Goldene Bulle, 117 Seiten, Societäts-Verlag, 14,80 Euro.

 

 

Gott in Bockenheim

 

Alles Begann im Sommer 2014 mit einem Aufruf. Bockenheimer sollten Texte zu ihrem Stadtteil einreichen. Gefragt war alles, was zwischen Messegelände, Niddapark, Rebstock, Friedhof und Westend spielte. Thematisch gab es keine Vorgaben. Schließlich bieten die reiche Geschichte und das Leben Bockenheims viel Stoff. Eine Jury wählte dann 40 Texte aus allen Einsendungen aus. Entstanden ist daraus ein Lese- und Bilderbuch, das in die Zeit der Studentenunruhen oder der Spekulation in der der Jordanstraße entführt, sich aber auch den jüngsten spektakulären Geschehnissen Bockenheims widmet, wie der Sprengung des AfE-Turms im Jahr 2014. Es versammelt „Wahre Bockenheimer Nöte“ ebenso wie „Bockenheimer Weltmeister“, erinnert an Zeiten „Als die Straßenbahnen noch durch die Leipziger Straße fuhren“ oder zeigt, was es mit „Adorno und der Fußball“ auf sich hat. Und wer wissen möchte, ob und warum Gott in Bockenheim wohnt, findet dazu nicht weniger als eine wahre Geschichte. (ab)

 

Gerd Fischer (Hg.): Bockenheim schreibt ein Buch: 40 Autoren erzählen aus ihrem Stadtteil, 212 Seiten, MainBook, 14,95 Euro.

 

 

Leben und Wirken eines Frankfurter Kommunalpolitikers

 

1923 wurde Bruno Asch zum Bürgermeister von Höchst am Main gewählt, der Ort war damals noch von den Franzosen besetzt. Von 1925 bis 1931 dann war Asch in der Ära des Neuen Bauens Stadtkämmerer in Frankfurt. Er war ein leidenschaftlicher Verfechter von Ernst Mays expansiver Wohnungspolitik, da er darin eine Möglichkeit sah, das Leben der Menschen, auch der sozial schwächer gestellten, zu verbessern. Asch zog 1931 nach Berlin und bekam das Amt des Stadtkämmerers. Doch sollte er seinen Posten nicht lange ausüben: 1933 wurde der sozialistische Kommunalpolitiker jüdischer Herkunft von den Nationalsozialisten aus seinem Amt vertrieben. Er floh nach Amsterdam, wo er sich nach dem Einmarsch der Nazis 1940 das Leben nahm.

 

Helga Krohn, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Jüdischen Museum Frankfurt, hat anhand von Briefen, Tagebuchaufzeichnungen und Fotos Aschs bewegtes und bewegendes Leben nachvollzogen. Ein Leben, das, wie Oberbürgermeister Peter Feldmann in seinem Vorwort schreibt, auch für Glaubwürdigkeit und Geradlinigkeit steht. (ab)

 

Helga Krohn: Bruno Asch: Sozialist. Kommunalpolitiker. Deutscher Jude 1890-1940, 280 Seiten, Brandes & Apsel, mit Fotos und Dokumenten, 22,90 Euro.

 

 

Zeitreise für Kinder

 

Kaum vorstellbar, dass dort, wo heute das Herz Frankfurts schlägt und Fachwerkhäuser, Rathaus und Dom Besucher anziehen, vor tausenden von Jahren Tiere weideten oder Menschen wild wachsende Himbeeren, Pilze oder Nüsse suchten. Auch dass später Ritter hier Turniere austrugen, kann man sich heute nicht mehr so recht vorstellen. Die bebilderte Zeitreise für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren „Rund um Frankfurts Römerberg“ lässt jedoch weit zurückliegende Epochen in Text und Bild aufleben. Die kleine Zeitreise beginnt dabei beim Alltag der ersten Siedler etwa 3000 vor Christus, streift einen königlichen Hoftag in Franconofurd in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts, und beschreibt Kaufleute und Beutelschneider im 17. Jahrhundert, bevor sie im heutigen Frankfurt endet. Auf jeder Illustration ist im Hintergrund immer auch der Main zu sehen und verdeutlicht so, dass jede Epoche aus derselben Perspektive betrachtet wird. Durch diesen Streifzug führt das Buch anschaulich vor Augen, wie sehr sich das Leben auf dem Römerberg und in seiner Umgebung im Laufe von 5000 Jahre verändert hat. (ab)

 

Bettina Tenge-Lyazami (Autor), Leonore Poth (Illustrator): Rund um Frankfurts Römerberg. Eine Zeitreise, 32 Seiten, Henrich, 14,95 Euro.

 

Foto:

Cover von Unesco Weltdokumentenerbe Goldene Bulle aus dem Societäts-Verlag von Evelyn Brockhoff und Michael Matthäus