Serie: Zurück in die Vergangenheit mit dem Hörbuch von Random House und in die Zukunft mit dem von Spreeside, Teil 1/2

 

Felicitas Schubert

 

Wiesbaden (Weltexpresso) – Das muß einfach zusammen besprochen werden, was einmal 31 Stunden und 48 Minuten beim Zuhören dauerte (King) und ein andermal immerhin auch 12 Stunden und 30 Minuten (Radloff), denn beim Hören fiel uns auf, wie konträr und wie gleichgestrickt beide Bücher gleichermaßen sind.

 

Bei Stephen King geht es darum, was ein einzelner Mensch unternimmt, um den Mord an John F. Kennedy im Jahr 1963 ungeschehen zu machen. Bei Tobias Radloff leben wir schon in der Zukunft, die geprägt ist von technischen Möglichkeiten, die die totale Überwachung des einzelnen durch staatliche Stellen sicherstellt. Ohne Ausnahme. Da wird einem der Weg zurück in die Sechziger Jahre, auch in die Achtziger, die das Leben von Jake Epping aus dem 21. Jahrhundert zurück im DER ANSCHLAG auf einmal möglich macht, wie eine Reise in die Romantik. Zwar gab es die bornierten, fremdenfeindlichen und vor allem rassistischen Amerikaner schon damals – und in nicht geringer Zahl, aber was waren das für harmlose, ja gemütliche Zeiten!

 

Beide Bücher hören sich spannend an und obwohl die Hördauer manchmal auf die Nerven geht, zudem die Handlungsstränge beim Hören aufmerksamer verfolgt werden müssen, als beim Lesen, wo man rasch zurückblättert und überliest, halten einen Inhalt und Leserstimmen am Stoff. Den King liest David Nathan, auf dem Cover als 'deutsche Stimme von Johnny Deep' gewürdigt und SCHWARZSPEICHER erzählt Axel Ludwig, über den wir lesen, daß er Synchronsprecher für Film und Computerspiele ist. Beide machen ihre Sache gut. Und gut ist die Sache meistens, wenn man der Stimme gar nicht die Aufmerksamkeit widmet, weil sie einen verführen muß, konzentriert dem Gelesenen, dem Inhalt zu folgen.

 

Fangen wir mit Kings DER ANSCHLAG noch mal von vorne an. Das Buch heißt im Original 11/22/63 und meint den 11. November 1963, als der amerikanische Präsident J.F. Kennedy in Dallas, Texas im offenen Wagen durch jubelnde Massen fahrend durch drei Schüsse ermordet wurde. Wer damals schon lebte, wird weder die Tat, noch die Namen der Beteiligten wie Lee Harvey Oswald oder Jack Ruby in seinem Leben vergessen und auch nicht die Präsidentengattin Jackie Kennedy im blutbespritzten Chanel-Kostüm. Wenn es uns schon so geht, dachten wir beim Hören, wie muß dieser Mord erst ein Trauma für die Vereinigten Staaten sein.

 

Die modernen Zeiten und der Anschlag auf die Türme in New York haben unser Bewußtsein heute so besetzt, daß die Vergangenheit kaum mehr Existenzmöglichkeiten haben. Wie aber im Unterbewußtsein alles noch vorhanden ist, das hat uns das Hören gelehrt, wo nicht nur die politische Geschichte verhandelt wird, sondern das Leben der zeit damals, wo zwar die Petticoats schon vorbei waren aber der Rock R'n Roll noch Thema blieb. Auch im Roman.

 

Die Geschichte geht so: Jake Epping ist ein Durchschnittsamerikaner. Er ist geschieden, ist Lehrer für Englisch, interessiert sich wenig für Politik, weiß darüber auch wenig, wird aber von seinem Nachbarn Al in dessen Geheimnis eingeweiht. Aus gutem Grund. Al nämlich hat eine Stelle im Haus gefunden, die übergangslos in die Vergangenheit führt, ins Jahr 1958 und Jake soll hindurch und den fünf Jahre späteren Mord an Kennedy verhindern. Kehrt man von dort zurück in die Gegenwart, egal wann, sind immer nur zwei Minuten der Jetztzeit vergangen. Das ist schon mal irre, daß nicht die Zukunft mit den Zeitsprüngen avisiert wird, sondern die Korrektur der Vergangenheit Ziel ist. Es gibt immer wieder Romane, die Heutige in die Vergangenheit expedieren, aber dieses Hin- und Her 'Switchen', ergibt ganz neue Situationen. Fortsetzung folgt.

 

 

Stephen King, Der Anschlag, Hörbuch Random House Audio 2012, Sprecher: David Nathan

Tobias Radloff, Schwarzspeicher, Hörbuch Spreeside 2012, Sprecher: Axel Ludwig