Literaturpreis des Kantons Bern heute an Ursula Timea Rossel für ihren Debütroman aus dem bilgerverlag vergeben
Hermann Tugut
Basel (Weltexpresso) – Das Amt für Kultur/Deutschsprachige Literaturkommission des Kantons Bern hatte seine Preisvergabe an die Autorin begründet. Diese nun wiederum hat in der ZUEIGNUNG zu Beginn des Buches sich bei ihren Eltern entschuldigt, daß aus ihr nichts Richtiges, nur ein Kryptogeograph geworden ist und gleichzeitig ihr Buch sehr vielen Randläufern des Lebens gewidmet, darunter wieder die Kartographen und „die wahnsinnigen Regisseure“, zum Beispiel.
In der Begründung heißt es: „In ihrem Romandebüt «Man nehme Silber und Knoblauch, Erde und Salz» entwirft UrsulaTimea Rossel einehöchst artifizielle, kunterbunte Phantasmagorie, in der sich Formen und Genres aller Art zu einem hell leuchtenden, überaus geistreichen und stilistisch beeindruckenden Kaleidoskop verbinden: ein «Illusionszauber» (Rossel), der sich allen Kategorisierungen entzieht und ein ungeteiltes, herrliches Lesevergnügen bereitet.“
Der höchst ungewöhnliche Roman, der in der bilgerverlagschen Kompaktheit schon durch die Titelgestaltung an ferne Länder und alte Zeiten erinnert – schließlich saßen die größten Weltenbeschreiber meist brav zu Hause an ihrem Schreibtisch, denn die Welten spielen sich auf jeden Fall sehr viel anschaulicher und lebendiger in den Köpfen ab denn schnöder Wirklichkeit und überhaupt war einer der größten, auf jeden Fall einer der ältesten wie Homer sogar blind, wie es heißt, wozu gehört, daß es wohl nicht nur einer war, der die epischen Hexameter fertigte, sondern gleich viele, es ist doch auf nichts Verlaß – also, dieser höchst ungewöhnliche Debütroman hat gleich die herrlichsten Besprechungen erhalten.
Die eine so früh, daß sie auf dem Rückdeckel des Romans abgedruckt ist. Peter von Matt sagt da: „Ein unbändiges Buch, es pfeift einem um die Ohren wie ein plötzlicher Passwind.“ Seien wir ehrlich, das ist ein Ritterschlag und so gefällt es einem, statt einer eigenen Besprechung die Meinung anderer weiterzugeben. Kennen Sie Fritz Ostermayer? Der hat gerade die Wiener Schule für Dichtung übernommen, schreibt selbst und beantwortete in einem Interview die Frage, wer für ihn die „drei, vier großen Poeten oder Poetinnen der Gegenwart“ seien, mit „Ursula Timea Rossel“ Und zwar an erster Stelle! Na!? Aber ist sie nun eine Poetin oder ein Poet? Ihre Selbstbeschreibung den Eltern gegenüber als Kryptogeograph und nicht als Kryptogeographin hatte uns leicht verunsichert.
Dann lesen wir die kurze und bündige Zustimmung von Kollegen Urs Widmer: „Ein wunderbares Buch“ und die Beschreibung des Verlages: „Ursula Timea Rossels Buch ist ein Quantenroman mit Karten und Kalendern, ein herrliches Lesevergnügen, eine kryptogeographische Reise in ein Land, in dem Füße nie den Boden berühren – genauso wie es die Legende will.“ Die Legende? Na, das muß sich einfach auf die hl. Ursula beziehen, denn mit ihrer Geschichte beginnen die Abgründe sich aufzutun. Und später kommt uns sowieso alles durcheinander. Wieso sind wir eigentlich sicher, daß die christlichen Kirchen mit dem Hl. oder dem hl. die Heiligkeit ihres Kirchenpersonals ansprechen wollen, denn natürlich ist Hl. oder hl. auch die adäquate Abkürzung für Hölle und höllisch. Wir sind schon mitten dabei: die Koordinaten, die die Sprache und das Leben festhalten, verrutschen.
Wigand Behaim dagegen, Karthograph mit Leib und Seele, hätte an Albrecht Dürer seine Freude gehabt und sich in der Burggasse in Nürnberg inmitten der großbürgerlichen intellektuellen haute volée zu Hause gefühlt, die ihm alle geholfen hätten, die gesamte Erde zu kartieren, indem sie mit Nürnberg als deren Mittelpunkt angefangen hätten. Für Sibylle Blauwelsch dagegen wäre alles viel schwieriger geworden, denn sie macht nicht nur zeitliche Metamorphosen mit, sondern auch geschlechtliche und deshalb haben wir beim Lesen immer wieder an eine heute völlig vergessene Autorin gedacht, die unter schwierigen politisch-gesellschaftlichen Bedingungen das LEBEN UND ABENTEUER DER TROBADORA BEATRIX geschrieben hat: Irmtraud Morgner, schon 1990 mit 57 Jahren verstorben.
Sie dagegen können jetzt dies Debütwerk der 1975 in Thun geborenen Ursula Timea Rossel in der auktorialen Erzählform lesen, was kein Zwang, sondern ein Angebot ist. Die Autorin hat auf jeden Fall an alle Menschen gedacht und diese im dichotomischen Urmodell als Leser und Nichtleser geschieden. Sie beginnt auf Seite 8 mit „Geneigter Nichtleser, der Autor“ - aha, wieder der Autor und nicht die Autorin! - „kann immer nur das halbe Buch schreiben; Du bist es, der die andere Hälfte brachliegen läßt...“ und fährt auf der nächsten Seite 9 fort: „Geneigter Leser, der Autor kann immer nur das halbe Buch schreiben; Du bist es, der die andere Hälfte liest.“ Entscheiden Sie selbst, aber entscheiden Sie!
URSULA TIMEA ROSSEL, Mannehme Silber und Knoblauch, Erde und Salz
- Roman – bilgerverlag, ISBN: 978-3-03762-018-2
Kurz-Vita:UrsulaTimea Rosselwurde 1975 in Thun geboren und lebt heute in Olten (Schweiz). Sie ist ausgebildete Dipl. Ing.-Agr. ETH. Neben redaktionellen Fachtexten, Reportagen, Berichten und kleineren satirischen Texten verfasste sie Übersetzungen aus dem Französischen, Englischen und Spanischen. Seit 2006 ist Ursula Timea Rossel ausschließlich schreibend unterwegs; „Man nehmeSilber und Knoblauch, Erde und Salz“ ist ihrDebütals Roman-Autorin.
Infos zum Berner Preisjahr 2012, bei dem insgesamt sechs Autoren ausgezeichnet werden:
Auchin diesem Jahr bildet die Verleihung der literarischen Auszeichnungen in Bern den Ausgangspunkt für eine Lesereihe der literarischen Preisträgerinnen und -träger in den verschiedenen Regionen des Kantons Bern. Die «Literatour2012»findet vom 16. bis 28. Oktober 2012 statt mit acht Lesungen in Biel, Bern,Saanen, Interlaken, Laupen, Langnau, Langenthal, Thun und Schwarzenburg. Tourdaten der Lesereihe «Literatour 2012» der Ausgezeichneten durch den Kanton Bern:
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Dienstag, 16. Oktober 2012 um 20.00 Uhr, St. Gervais, Biel
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Mittwoch, 17. Oktober 2012 um20.00 Uhr, Universitätsbibliothek, Bern
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Donnerstag, 18. Oktober 2012 um 20.00 Uhr, Schloss, Laupen
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Freitag, 19. Oktober 2012 um 20.15 Uhr, Schlosskeller, Interlaken
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Sonntag, 21. Oktober 2012 um 11.00 Uhr, Keller-Theater, Langnau
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Donnerstag, 25. Oktober 2012 um 20.00 Uhr, Chrämerhus, Langenthal
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Freitag, 26. Oktober 2012 um 20.00 Uhr, Raum für Kultur, Thun
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Samstag, 27. Oktober 2012 um 20.00 Uhr, Museum, Saanen
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Sonntag, 28. Oktober 2012 um 17.00 Uhr, Schloss, Schwarzenburg