EIN NEUER FEIND von David Ignatius bei rororo
Elisabeth Römer
Hamburg (Weltexpresso) – Also, eigentlich haben wir nur die Hälfte verstanden, aber diese Hälfte war total spannend, so daß wir das Buch in einem Rutsch durchlasen. Die andere Hälfte hat uns ebenso total interessiert, aber unsere technisch-digitalen Voraussetzungen langen nur dazu, daß wir mit offenem Mund staunen, was so richtige Hacker fertigbringen.
Dies ist der erste Thriller von David Ignatius, den wir lesen, und eigentlich wollten wir ihn lesen, weil jemand schrieb, das sei der neue John le Carré, dessen begeisterter Fan wir sind, was wir nach diesem Krimi erst recht sind. Nun ist Ignatius kein neuer Carré, man lernt sogar dessen weltumspannende Geschichten und dessen zwielichtigen Charakter auf dem Hintergrund von EIN NEUER FEIND erst recht nochmal lieben. Aber das heißt überhaupt nicht, daß uns dieser Thriller nicht gefallen hätte. Im Gegenteil. Es kann auch gut sein, daß die ganze technisch-digitale Brillanz uns überwältigt hat. Aber nein, das ist es nicht, wir sind willig den Spuren gefolgt, die Ignatius über die Geheimdienste verschiedener Länder legt, wo die Hacker der Welt von einem CIA-Agenten in doppeltem Auftrag dazu motiviert (und mit Millionen, zehn Millionen für eine regelmäßige Lieferung von Zero-Day-Exploits) bezahlt werden, die gewisse Weltenbank in Basel zu hacken, damit am Tag X, in der Stunde Y das Geld der reichen Länder in die der armen transportiert wird – ohne daß man dies im Nachhinein verfolgen oder gar ändern könnte.
Eine schöne Utopie, die einen schon mal gewogen macht, daß ansonsten nichts mit rechten Dingen zugeht. Fangen wir von vorne an. Da gibt es Gramm Weber, als Geschäftsmann sehr erfolgreich und grundsauber, was in den USA eine absolute Ausnahme ist!, der wird aufgrund seiner guten Eigenschaften und öffentlichen Renommees zum neuen CIA-Direktor bestellt. Ein Außenseite in der Höhle des Löwen. Denn was für die NSA, die National Security Agency, den größten Auslandsgeheimdienst der USA mit dem Stichwort Edward Snowden angekündigt ist, soll für die CIA (Central Intelligence Agency) den kleineren Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten erst noch kommen. Und weil inzwischen die ganze Welt von unerlaubten Abhöraktionen der Amerikaner, selbst gegenüber ihren Freunden (sprich: Handy der deutschen Bundeskanzlerin) ausgeht, die USA sowieso seit den Kriegen in Nahost sowie mit Foltervorwürfen leben müssen – genug sind daran gestorben - , soll ein neuer Laien-Besen gegenüber dem Überwachungswahn der Insider kehren.
Der Mann wird sympathisch, ein wenig weltfremd und doch genügend verschlagen, bzw. vorausplanend dargestellt. Er bleibt das Buch hindurch Sympathieträger, denn alle anderen, bis auf eine gewissen Dame, werden verschlissen. Wie das in Krimis so ist, darf man die Geschichte dann nicht erzählen, wenn dies genau die Spannung des Lesens bedeutet. Aber soviel sei gesagt. Man staunt, was man liest über die Geschichte der Geheimdienste, insbesondere
Leider wissen wir nach dem Lesen immer noch nicht genau, wieviel Geheimdienste es gibt, und welche besonderen Aufgaben z.B. die Auslandsgeheimdienste speziell haben. Immerhin haben wir mal herausbekommen, daß der CIA ein Nachkriegsprodukt und eines des Kalten Krieges ist, seit dem 18. September 1947 und heute mit einem Mitarbeiterstab von 21 575, wobei diese Zahl genauso wie das Haushaltsvolumen von 14,8 Milliarden Dollar nur eine Größe ist, denn die genauen Angaben unterliegen der Geheimhaltung. Übrigens für die NSA, die erst am 4. November 1952 – der Kalte Krieg wurde immer kälter – gegründet wurde, gelten ein Mitarbeiterstab von 40 000 und 10, 8 Milliarden Dollar, aber auch hier nur Zahlen, deren Richtigkeit geschätzt werden.
Aber, was wir in dieser spannenden Geschichtsstunde lernen ist, daß es der SIS, der Secret Intelligence Service, den wir unter MI6 (Military Intelligence) kennen - ja genau deshalb heißt die Dame M, die Bond die Lizenz zum Töten gab, - ,daß es also der MI6 – meine Güte, so viel muß man erklären, also den MI5 gibt es auch, das ist der Inlandsgeheimdienst – daß es also der SIS und MI6 waren, die auf jeden Fall die CIA, l, sicher aber auch die NSA für die Amerikaner aufgebaut haben – und jeder, selbst ein Trottel weiß, daß wer die Strukturen legt, auch später in ihnen herumspazieren kann. Mit einem Wort, darum waren soviel Wörter nötig, ist der eigentliche Drahtzieher der weltweiten Geheimdienste der britische. Das haben wir uns schon immer gedacht, lesen es aber gerne hier noch mal.
Denn tatsächlich – nun muß man doch auf James Morris zu sprechen kommen, der eigentliche Held des Internet und der Hackerszene, eigentlich dem Graham Weber unterstellt – ist es dieser Morris, dessen Interesse an Informationen über die Geheimdienste der Welt ihn dazu bringt, die tollsten alten Bücher auszugraben, wo bei die Suche bis ins 19. Jahrhundert zurückgeht. So findet er auch diesen Wälzer über den britischen Geheimdienst von Eleonaor, der der Schwester des Russenfressers John Foster Dulles, von 1953 bis 59 Außenminister der USA, Schwster auch von Allen Welsh Dulles, unter Eisenhower Chef der CIA, der so interessant geschildert wird, daß wir ihn auch gerne lesen wollen.
Ansonsten geht es mit dem so toll und interessant geschilderten James Morris eindeutig bergab. Er kann seine Anspannung, daß in seiner Person das Hackerwesen und – Unwesen der ganzen Welt zusammenläuft, nur dadurch abbauen, daß er -pervers, pervers! - bei teuren und gefährlichen Sexspielen sich fesseln läßt. Aber nun können wir nicht länger drumrumreden. Man kann die Geschichte einfach nicht erzählen, wer hier die Guten und die Bösen sind, sonst bleibt das Buch nicht spannend.
Nur so viel: Es gibt ein Leck in den amerikanischen Geheimdiensten. Ein Insider plaudert und hat den Feinden die Internetlandschaften zugänglich gemacht. Jede Mail wird vom inneren Feind mitgelesen. Die CIA und andere sind gehackt! Das ist die Zwischenbotschaft. Aber wer ist es? Davon handelt das Buch. Lesen müssen Sie es schon selber! Für uns hat sich das sehr gelohnt!
Info: David Ignatius, Ein neuer Feind, rororo 27094