DUMONT – KALENDER 2017, Teil 1
Wolfgang Mielke
Weltexpresso (Europa) - Den DuMont-Kalendern zu begegnen, bedeutet die Begegnung mit großer Fotografie und mit Foto-Künstlern verschiedenster Art.
Nicht alle der hier betrachteten Kalender sind von einem einzigen Fotografen aufgenommen worden; oftmals stammt das Material auch von verschiedenen Fotografen verschiedener Agenturen, und die Arbeit der Verlages bestand nun darin, aus diesem Angebot einen ansprechenden Kalender zusammenzufügen. Da ich selbst schon Kalender zusammengestellt habe, weiß ich, was für eine komplexe und schwierige Aufgabe das ist! Denn die einzelnen Bilder sollen nicht nur stilistisch zusammenpassen, sondern auch in sich eine Abfolge darstellen, die den Verlauf eines Jahres spiegelt. Wenn es gelungen fertig ist, sieht es selbstverständlich aus und ganz leicht; aber diese Tätigkeit gleicht einem Puzzle, ohne dass einem das vollständig fertige Bild bekannt wäre! Da wird viel probiert und so und so gelegt, bis sich eine Abfolge herauskristalisiert.
1. Der von den Abmessungen größte Kalender hier ist "Landschaft im Spiegel" (49,5 x 68,5 cm), wobei die Maße der DuMont-Kalender nicht wie Maße von Bildern in Galerien oder im Kunsthandel immer Höhe x Breite angegeben werden, sondern genau umgekehrt: Breite x Höhe. - Der 1955 geborene Fotograf Roland Gerth hat diese wundervollen Landschaftsfotos gemacht, die jeweils mit Spiegelungen zu tun haben, wie der Name des Kalender schon verrät. Berge spiegeln sich in Seen - oder Bäume - oder Steine – oder auch ein besonders illuminierter Himmelsausschnitt. Das sind aufregende Fotos, die man lange betrachten kann.
Das ist ja auch noch – neben Stil und Abfolge – ein wichtiges Kriterium, wenn nicht das wichtigste, ob man überhaupt ein Foto einen ganzen Monat lang ankucken mag. Ob es einen einen ganzen Monat lang interessiert! - Ich habe hier einmal zwei Gemälde ein und desselben Malers hängen gehabt, gegenüber hingen sie. Und nach einiger Zeit stellte ich fest, dass ich das eine von den beiden, das mir auf den ersten Blick eigentlich viel besser gefallen hatte, überhaupt nicht mehr anschaute. Es zog mich nicht mehr an. Es enthielt kein Geheimnis mehr für mich, dem ich auf die Spur zu kommen hoffte. Also gab ich es weg. - Welcher Verlag auch immer einen Foto-Kalender herausbringen möchte, muss die einzelnen Bilder also auch wohl mindestens 4 Wochen immer wieder betrachten, um festzustellen, ob das Interesse erhalten bleibt. Vielleicht hilft dabei nach und nach Erfahrung, um diese Aufgabe zu erleichtern? Aber selbst dann, wird es Überraschungen immer gelegentlich noch geben. -
2. Werner Pawlok, Jahrgang 1953, über den wir bereits im vergangenen Jahr im Zusammenhang einer Ausstellung bei Lumas geschrieben haben, ist mit einem Kalender über Kuba vertreten. Fotos des Verfalls. Ruinen-Romantik beinahe schon. Noch aber vergleichsweise leicht wieder aufbaubar oder auch nur zu renovieren. Man blickt in diese ehemals, nein noch immer: herrschaftliche Architektur hinein, diese Räume und Raumfluchten, die an kleine Schlösser erinnern – und alle stehen sie leer. Dadurch wird die Idee geweckt, man selbst könnte ihr Eigner, zumindest ihr Bewohner werden. Solche Phantasien machen den Reiz von Pawloks Fotos aus. Wie lange wird Kuba – oder Cuba, wie es der Kalender schreibt – noch so im Dornröschen-Schlaf dahin dämmern und unsere Phantasie solchermaßen anregen? Gerade ist Fidel Castro gestorben. Was auf längere Zeit mit diesem Land werden wird, ist noch völlig offen. Insofern zeigen Werner Pawloks Fotos vielleicht nicht nur Vergängliches, sondern sind selbst schon halb vergangen. Morgen kann die Welt von Kuba schon so anders aussehen, dass Pawloks Fotos eine Zeitzeugenschaft bekommen.
3. Dieser DuMont-Kalender widmet sich den USA. Wer die Gelegenheit hatte, dieses Land, diesen halben Kontinent glücklich kennenzulernen, wird manche Erinnerung durch dies Fotos wieder aufleben lassen können. "Huber-Images" steht als 'Autor' dahinter, es handelt sich aber um verschiedene Fotografen, die eben in dieser Agentur zusammengeschlossen sind. Auch die USA haben sich auf einen neuen Weg begeben. Hoffen wir, dass es ein glücklicher Weg sein wird, von dem wir alle profitieren werden. Fortsetzung folgt.
Foto: Spuren der Zeit (c) dumont.de