Maria Sibylla Merians DIE INSECTEN SURINAMS im Verlag TASCHEN
Sybille von Suden
München (Weltexpresso) – Das konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen, der Hinweis auf dieses schöne Merian-Buch INSECTS OF SURINAM, DIE INSEKTEN SURINBAMS, LES INSECTES DE SURINAM, das wissenschaftlich als METAMORPHOSIS INSECTORUM SURINAMENSIUM bekannt ist, hier aber der Nachdruck des Exemplars der öffentlichen Bibliothek der Universität Basel von 1705 durch den Verlag Taschen ist, also nicht des Exemplars, das gerade alle drei Monate in der Kabinettsausstellung in Nürnberg umgeblättert wird.
Wir hatten uns das Insektenbuch, in dem ja auch viele kleine putzige Tiere vorkommen, sofort nach Erscheinen im Jahr 2009 zugelegt. Angesichts so vieler protzender und glitzernder Großkunst – Jeff Koons Doppelausstellung in der Frankfurter Schirn, vor allem aber im Liebieghaus wäre so ein Beispiel –, haben es Zeichnungen und Kleinteiliges eh schwer. Und obwohl unsere Zeiten durchaus pflanzen- und tierfreundlich sind, ist das herausragende Werk dieser feinziselierenden Künstlerin, Trägerin eines berühmten Namens, immer noch nicht Allgemeingut. Noch nicht Allgemeingut genug. Denn für die Kenner stellt sie eine der großen Persönlichkeiten dar, die in ihrer Zeit absolut ihrer Zeit voraus waren.
Wir hatten das schon einmal in einer Buchbesprechung entwickelt und wollen das hier nicht wiederholen, sondern den Anlaß der Ausstellung – paßt gut! - in Nürnberg nutzen, um darüber hinaus bekannt zu machen, daß diejenigen, die nicht nach Nürnberg kommen können sowie die Liebhaber, die die Ausstellung gesehen haben oder durch den Besuch zu Liebhabern werden, sich das Buch käuflich erwerben können und dann alles noch einmal genau überprüfen können. Und das – wie immer bei solch aufwendigen Drucken im Großformat im Taschen Verlag – in den drei Sprachen Englisch, Deutsch und Französisch.
Dies bezieht sich zum einen auf die mit 12 Seiten fachkundig und im Rahmen gehaltene Einleitung sowie für die Betitelungen der ganzseitig präsentierten herrlichen Farbdrucke auf der Rechten, die auf der Linken nicht nur die jeweiligen Pflanzen- oder Tiernamen tragen, sondern auch eine ausführliche Erläuterung – dreisprachig – bringen, in welchem Kontext die Merian das Exemplar sah und beschrieb sowie weitere Erläuterungen zum Gegenstand. Das ist der Wissenschaft geschuldet, wir aber schauen uns oft nur die feinen Farben und eleganten Linien der Pflanzen an, auf denen die Insekten wie Schmuckstückchen prunken oder sich auch immer wieder – wie hier der dicke, fette eklige Wurm – in einem anderen Stadium der Metamorphose befinden.
Wir heutigen, mit den Filmmöglichkeiten im Blick, die aus einer Larve in Sekundenschnelle einen Schmetterling machen, wissen viel zu wenig über diese Wunder der Natur, die Maria Sibylla Merian in diese fernen Erdteile brachte, da sie die Tropenwelt interessierte. Also doch ein paar Worte zu dieser außergewöhnlichen Frau, der in den letzten Jahren große Ausstellungen in Frankfurt am Main und in Amsterdam gewidmet waren. In Frankfurt wurde sie am 2. April 1647 geboren und in Amsterdam starb sie am 13. Januar 1717. Von Amsterdam aus hatte sie auch die großen Schiffsfahrten unternommen. Die Naturphänomene hatte sie in Skizzenbüchern festgehalten.
Im Taschen Buch verliebt man sich vor allem in die großen Drucke, denn da kann man einige der Falter und Blüten überdimensioniert sehen, was natürlich einen überwältigenden Eindruck macht. Es scheint aber nicht so sehr nach einer Zeichnung von früher, sondern eher nach einer außerirdischen Natur von morgen. Die Einleitung, die Katharina Schmidt-Loske verfaßte, geht zum einen auf den familiären Hintergrund ein– ihr Vater war der berühmte Kupferstecher Matthäus Merian d.Ä., der einem ganzen Verfahren seinen Namen gab, die sogenannten Merian-Stadtansichten - , gibt aber auch ihr Leben und berufliches Werden wider. Denn die Merian gilt als die Begründerin der deutschen Entomologie, wie man die Insektenkunde beim Studieren nennt.
Das zeigte sie erst einmal in ihrem Raupenbuch von 1679. 1660 hatte sie – noch in Frankfurt am Main als Dreizehnjährige – erstmals eine Seidenraupe gesehen und dann die Entwicklungsprozesse genau beobachtet: vom Ei über die unterschiedlichen Raupenstadien, der Puppe bis zum Ausschlüpfen der Falter. Weiblich und männlich. Sie schaute nicht nur genau hin, sondern bildete dies genau so präzise und kontinuierlich ab. Zuvor hatte sie schon Blumen gemalt und wurde von ihrem Stiefvater Jacob Marrel ausgebildet, der wiederum ein Schüler des grandiosen Stillebenmalers Georg Flegel war. Privat hatte sie eher ein unglückliches Familienleben, aber sie bleibt durch ihren Mut, als Frau sich in weit entfernte Gebiete zu begeben genauso in Erinnerung wie durch die Ergebnisse ihrer Arbeit: Genauigkeit im Betrachten und den feinen Strich bei der Wiedergabe. Das Taschen Buch gibt das liebevoll wieder und man schlägt es immer wieder gerne auf. Zur Ausstellung in Nürnberg erst recht!
Maria Sibylla Merian, Insects of Surinam - Die Insekten Surinams – Les Insectes de Surinam, mit einer Einleitung von Katharina Schmidt-Loske, Taschen Verlag 2009
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