KrimiZEIT-Bestenliste in ZEIT und NordwestRadio für Oktober 2012, Teil 2
Elisabeth Römer
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Doch, das sollte man schon herausstellen, daß die Franzosen mit ihren Frauen die Krimiwelt bereichern. Deshalb wollten wir demnächst in einem Porträt Dominique Manotti gesondert vorstellen. Für diesmal sind es die Plätze 2 und 5, die sie schon länger besetzt!
Bei VERACHTUNG geht es um den vierten Fall für den dänischen Carl Morck, Sonderdezernat Q, der wieder einmal in eigener Person die Geschichte des Landes zurechtrücken muß. Das Doppelbödige ist seine Sache und so wissen wir von der ersten Sekunde an, in der Nete wohlig den Sekt die Kehle hinuntergleiten läßt, daß es übel ausgehen wird, denn Wohlempfinden und Schönheit ist bei Adler-Olsen immer aller Schrecken Anfang.Was sich vor unseren Augen nach und nach entwickelt, ist ein dänischer gesellschaftspolitischer Skandal, denn die drei Geschichten, die er in einen Strang flicht, haben mit furchtbaren Dingen zu tun: Vergewaltigung und Sterilisation an einem bestimmten Ort, von dem keiner was weiß, noch wissen will. Carl Morck klärt alles, aber es tut weh.
Auf Platz 7 ist neu PHILBY, PORTRÄT DES SPIONS ALS JUNGER MANN von Robert Littell aus dem Verlag Arche. Wir kennen das Buch noch nicht, freuen uns jetzt schon auf die Lektüre, denn Robert Littell ist für uns einer der Allergrößten! Sein Sohn Jonathan auch, aber der bleibt derweil in der richtigen Geschichte, will sagen, klärt derzeit unsere Welt politisch. Auch Platz 8 ist neu besetzt mit DRIVER 2 von James Sallis und läßt einiges erwarten, da der Vorgänger DRIVER uns schwer durchgeschüttelt hatte auf seinen Verfolgungsjagden.
Die Plätze 9 und 10 sind die des letzten Males und mit den beiden Frauen Sara Gran und Anne Goldmann besetzt, wobei wir darauf Wert legen, daß endlich wieder ein deutschsprachiger Krimi prämiert wird – geschieht sehr selten - und daß dies der zweite auf der Liste aus ariadne Kriminalromanen ist, die im Argumente Verlag erscheinen. Daß auch der von der Manotti auf Platz 5 von einer Frau geschrieben ist, bringt diesmal zustande, daß von den zehn Plätzen immerhin vier Frauen innehaben, was nicht ganz stimmt. Es sind drei Frauen, weil die Dominique Manotti zweimal vertreten ist. Gefällt uns.
Die KrimiZEIT-Bestenliste Oktober 2012
Lfd. Nr. |
Rang |
Vor-monat |
Titel |
1 |
1 |
(1) |
Helon Habila: Öl auf Wasser Aus dem Englischen von Thomas Brückner Das Wunderhorn, 240 S., 24,80 € Port Harcourt/Nigerdelta. Alltag im Delta: Ingenieursfrau entführt, Lösegeld gezahlt, „Rebellen“ erschossen, Öl fließt weiter. Die Journalisten Rufus und Zaq hilflos, ahnungslos, am Sterben teilnehmende Betrachter. Reise – nicht ins Herz der Finsternis, zu Shells Gewinnquellen. Ohnmacht, Wut. Unerbittlich traurig. |
2 |
2 |
(2) |
Dominique Manotti/DOA: Die ehrenwerte Gesellschaft Aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer Assoziation A, 280 S., 14,00 € Paris. Drei „Ökokrieger“ gelangen an die Aufzeichnung eines Totschlags, begangen von Geheimdienstlern an einem Sicherheitsoffizier der Atomenergiebehörde. Ihr Daten-Stick gefährdet den Präsidentschaftskandidaten und riesige Geschäfte. Rasant, analytisch, ein Hieb gegen die herrschenden Gierschlünde. |
3 |
3 |
(5) |
Jim Thompson: In die finstere Nacht Aus dem Englischen von Simone Salitter und Gunter Blank Heyne, 272 S., 9,99 € Peardale. Mit Gebiss und Kontaktlinsen entert der winzige Auftragskiller Charlie Bigger das College-Städtchen, um einen Kronzeugen zu liquidieren. Zwischen Frauen, Bäckern und dem Boss, keuchend vor TB, panisch vor Paranoia, tut Bigger, was er noch kann. 1953 veröffentlicht, erst jetzt auf Deutsch: Experiment und Pulp in Einem. |
4 |
4 |
(-) |
Carl Nixon: Rocking Horse Road Aus dem Englischen von Stefan Weidle Weidle, 240 S., 19,90 € Christchurch, Neuseeland. Weihnachten 1980 wird Lucy Ashers Leiche an den Strand gespült. Und alles wird anders. Durch die Gewalt, den Mord. Eine Gruppe von Jungen verfällt der großen Suche nach dem Täter. Und der romantischen Liebe. Der stärkste Kriminalroman aus dem Gastland der Buchmesse. |
5 |
5 |
(9) |
Dominique Manotti: Das schwarze Korps Aus dem Französischen von Andrea Stephani Ariadne im Argumentverlag, 288 S., 17,90 € Paris 1944. Während die Alliierten heranrücken, schaffen SS, Gestapo und ihre Lümmel die Beute in Sicherheit. Kollaborateure basteln Plattformen für Nachkriegskarrieren. Dazwischen versucht ein einsamer Agent, Leben, Verstand und Reputation zu retten. Frankreichs „Stunde null“ als Schwarzlicht-Panorama. |
6 |
6 |
(-) |
Jussi Adler-Olsen: Verachtung Aus dem Dänischen von Hannes Thiess Deutscher Taschenbuch Verlag, 546 S., 19,90 € Dänemark 1955-2010. 1987 sind 5 Personen verschwunden, alle zugleich. Adler-Olsen-typisch sind sie Opfer eines Racheakts. Sie trugen bei zu Vergewaltigung, Demütigung und Sterilisierung von Nete H. Verthrillerung der Geschichte Sprogøs, wo 1922-1961 an eingesperrten Frauen Eugenik praktiziert wurde. |
7 |
7 |
(-) |
Robert Littell: Philby. Porträt des Spions als junger Mann Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence Arche, 288 S., 19,95 Europa 1938-1963. Voll Hintersinn ruft Littell die Zeugen des größten Spionagefalls im 20. Jahrhundert auf: Kim Philby und vier andere Cambridge-Boys waren Sowjet-Agenten. Und verwandelt, als Autor, der alle Spionagewitze kennt, die alte Geschichte mit leichter Hand in eine neue. Bravourös. |
8 |
(-) |
James Sallis: Driver 2 Aus dem Englischen von Jürgen Bürger und Kathrin Bielfeldt Liebeskind, 160 S., 16,90 € Phoenix. Die Angreifer kann Driver töten. Aber Elsa verblutet, angeschossen. Driver wird gehetzt, wehrt sich, tötet, will nur fahren, mit Spaß an 180-Grad-Wenden. Irgendwer aus der Vergangenheit des Fluchtfahrers gibt keine Ruhe. Das Leben: Fahren, Irren, Kämpfen. Sallis: einzigartig, erneut in Driver 2. |
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9 |
9 |
(4) |
Sara Gran: Die Stadt der Toten Aus dem Englischen von Eva Bonné Droemer, 368 S., 14,99 € New Orleans, 2007. Staatsanwalt Vic Willing ist im Katrina-Chaos verschwunden. Claire de Witt, beste Privatdetektivin der Welt, klärt auf: mit Scharfblick, Drugs, Träumen und Jacques Silettes mythischer Detektiv-Bibel. Happy End gibt’s nicht, nicht in New Orleans. Rausch + Klarheit = Gran. Unglaublich gut. |
10 |
10 |
(10*) *im August 2012
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Anne Goldmann: Triangel Ariadne im Argumentverlag, 272 S., 11,00 € Kleinstadt in Österreich. Kleine Verschwiegenheiten, kleine Erpressungen. Der entlassene Strafgefangene, die Justizbeamtin, der Liebhaber – gefangen in Verdeckungswünschen, Vertuschungsaktionen, Rehabilitationsmanövern. Ein Reigen der Unehrlichen, unfrei, unbefristet auf Bewährung. Enorm. |
Info:
Rund 1200 neue Kriminalromane erscheinen pro Jahr in Deutschland. Selbst ausgefuchste Leser verlieren angesichts dieser Masse den Überblick. Orientierung bietet aktuell die Oktober-Ausgabe der KrimiZeit-Bestenliste von ZEIT und NordwestRadio.
Die monatlich erscheinende Krimi-Bestenliste existiert seit März 2005, als sie erstmals auf der Leipziger Buchmesse, damals noch als KrimiWelt-Bestenliste vorgestellt wurde. Von März 2011 an wird sie regelmäßig an jedem ersten Donnerstag des Monats in der Wochenzeitung DIE ZEIT als KrimiZEIT-Bestenliste veröffentlicht.
Vorgestellt wird die KrimiZeit-Bestenliste
- im NordwestRadio am Donnerstag, den 27.9.2012 mit Tobias Gohlis gegen 8.50 Uhr im Nordwestradio Journal und in den Sendungen der Literaturzeit, nachzuhören unter http://www.radiobremen.de/nordwestradio/serien/krimizeit/index.html
-
in der Wochenzeitung DIE ZEIT am 27.9.2012 und unter www.zeit.de/krimizeit-bestenliste
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Monatlich wählen achtzehn auf Kriminalliteratur spezialisierte Literaturkritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus der Masse der Neuerscheinungen die zehn Titel aus, denen sie viele Leser wünschen. Das Beste vom Besten: Immerhin erscheinen übers Jahr verteilt über 1200 Kriminalromane auf Deutsch. An jedem ersten Donnerstag im Monat geben Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Sie halten nach dem literarisch interessanten, thematisch ausgefallenen, besonderen Kriminalroman Ausschau. Die besten Zehn werden mit Bibliographie und Kurzbeschreibung hier veröffentlicht.
Die Jury setzt sich zusammen aus:
Tobias Gohlis, Hamburg, Kolumnist DIE ZEIT, Moderator und Jury-Sprecher der KrimiWelt
Volker Albers, Hamburg, Hamburger Abendblatt, Herausgeber „Schwarze Hefte“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, Dlf, BR
Gunter Blank, Sonntagszeitung
Thekla Dannenberg, Perlentaucher
Fritz Göttler, München, Süddeutsche Zeitung
Michaela Grom, Heidelberg, SWR
Lore Kleinert, Bremen, Radio Bremen
Thomas Klingenmaier, Stuttgart, Stuttgarter Zeitung
Kolja Mensing, Berlin, Tagesspiegel
Ulrich Noller, Köln, Deutsche Welle, WDR
Jan Christian Schmidt, Berlin, Kaliber 38
Margarete v. Schwarzkopf, Köln, NDR
Ingeborg Sperl, Wien, Der Standard
Sylvia Staude, Frankfurt/M., Frankfurter Rundschau
Jochen Vogt, Elder Critic, NRZ, WAZ
Hendrik Werner, Bremen, Weser-Kurier
Thomas Wörtche, Berlin, Kolumnist, Plärrer , culturmag, DRadioKultur