Erinnerung an die bekannteste Frankfurterin wird ab jetzt jährlich am 12. Juni wachgehalten, Teil 4
Roswitha Cousin und kus
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Da kann man als Zuschauer nur zustimmen: Das Dezernat für Integration und Bildung der Stadt Frankfurt und die Bildungsstätte Anne Frank ziehen eine positive Bilanz des ersten Anne Frank-Tags der Stadt, der von nun an jedes Jahr an Anne Franks Geburtstag, dem 12. Juni, veranstaltet werden soll. Nach Angaben der Veranstalter haben sich mehrere tausend Frankfurter an den unterschiedlichen Aktionen und Veranstaltungen beteiligt.
„Der erste Anne Frank-Tag war ein voller Erfolg“, zeigte sich Stadträtin Sylvia Weber, Dezernentin für Integration und Bildung, begeistert. „Das liegt natürlich vor allem an dem vielfältigen Programm, das wir zusammen mit der Bildungsstätte Anne Frank und zahlreichen Partnern auf die Beine stellen konnten.“ Denn von der Monooper über den Comicwettbewerb für Jugendliche, die Führungen in der Westend-Synagoge, die Kunstaktionen im öffentlichen Raum, bis zum Podium mit Experten zur heutigen Bedeutung von Anne Frank sei für alle Interessen und Altersgruppen etwas dabei gewesen, so die Dezernentin.
Gedenken und engagieren lautete das Motto des ersten Anne Frank-Tags. „Indem wir in diesem Jahr den Schwerpunkt auf gesellschaftspolitische Fragen des Zusammenlebens gelegt haben, haben wir als Stadtgesellschaft ein Zeichen gegen jegliche Form von Ausgrenzung und Diskriminierung gesetzt“, so Weber weiter. „Ich bedanke mich bei der Stadt und bei allen Partnern, die mit ihrem Engagement, ihren Ideen und Impulsen dieses anspruchsvolle Programm möglich gemacht und zu seinem Gelingen beigetragen haben“, sagte Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank.
Im Rahmen eines Fachbeirats haben mehrere städtische Einrichtungen und Vereine das Programm zusammengestellt. Dazu gehörten neben dem Dezernat für Integration und Bildung und der Bildungsstätte Anne Frank auch Vertreter des Kulturdezernats, des Amts für multikulturelle Angelegenheiten, des Stadtschulamts, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Evangelischen Kirche, des Frankfurter Jugendrings, des Fritz Bauer-Instituts, der Jüdischen Gemeinde, des Jüdischen Museums, der Katholischen Kirche und des Rats der Religionen.
„Nach diesem wunderbaren Auftakt freuen wir uns schon sehr auf den zweiten Anne Frank-Tag am 12. Juni 2018. Die Vorbereitungen werden schon bald beginnen“, sagte Mendel. Bereits fest als Programmpunkte eingeplant seien die Verleihung des Frankfurter Schulpreises in der Paulskirche und die Eröffnung des neuen Lernlabors „Anne Frank. Morgen mehr.“ in der Bildungsstätte Anne Frank.
„Auf einen Schwerpunkt haben wir uns auch schon geeinigt“, sagte Sylvia Weber. „Während wir uns am ersten Anne Frank-Tag vor allem mit der humanistischen Botschaft von Anne Franks Tagebuch beschäftigt haben, soll 2018 das Thema Anne Frank als Jüdin im Mittelpunkt des Tages stehen.“
Kommentar:
Wir hatten ja schon geäußert, daß diese Idee so gut ist, daß man sich fragt, warum zuvor keiner darauf gekommen ist. Natürlich geht es darum, den Bekanntheitsgrad und die positiven Gefühle, die sich für die meisten mit dem Tagebuch der Anne Frank verbinden, zu nutzen, um sowohl über die Nazi-Vergangenheit - hoffentlich zunehmend auch der im damaligen Frankfurt - wie auch über Toleranz und Zusammenleben heute zu sprechen und sich über die Formen des Miteinander zu einigen. Im übrigen ist es nicht schlimm, sondern richtig, wenn auch der Tourismus Frankfurt die Stadt als Geburtsort der, wie man heute sagt, berühmtesten Frankfurterin bekannt macht. Wobei einem sofort einfällt, daß es auch wenig bekannt ist, daß Sibylla von Merian, auch eine Berühmtheit, hier geboren wurde.
Den touristischen Aspekt darf man hinzufügen, aber es geht natürlich in erster Linie um einen Tag, wo sich das, was übers Jahr verteilt, an Gedenken und Erinnern der jüdischen Frankfurter Bevölkerung, die die Nazis vernichteten, bündelt, so daß alle möglichen Bündnispartner gleichzeitig aufeinandertreffen.
Der erste Tag war auch durch den Comicwettbewerb DIE WELT RETTEN in Richtung der humanistischen Botschaft des Tagebuchs gegangen. Die Einbindung des Wettbewerbs ist wichtig, denn da kam viel kreatives Potential und Lust am Machen zusammen. Für das nächste Jahr kündigte die Stadträtin eine Konzentration auf das jüdische Mädchen Anne an. Das wäre eine gute Gelegenheit, die Jahre der Franks hier in Frankfurt zu beleuchten und damit die Stadt, die besonders schlimme Nazis hatte. Allein, welche Wissenschaftler von der Uni hier vertrieben wurden, geht auf keine Kuhhaut. Im Nachhinein muß man noch froh sein, daß dies so früh geschah, so daß sich die meisten retten konnten. Aber nicht solche tief mit der Stadt Verwurzelten wie Arthur von Weinberg, der als Mitstifter der Uni und des Senckenberg im KZ Theresienstadt umkam. Solche Kenntnis und solches Erinnern meinen wir, wenn wir vom ätzenden nationalsozialistischen Frankfurt sprechen, die der Stadt den kulturellen und wissenschaftlichen Boden entzog.
Vielleicht könnten die Veranstalter auch den bisherigen Filmen über Anne Frank und ihr Tagebuch Raum geben. Es sollten den nächsten Anne-Frank-Tag über diese Filme einfach zentral laufen. Die Redaktion
Fotos: © Anne Frank Zentrum + frankfurterjugendring.de