E 17 bayernEintracht Frankfurt unterliegt unglücklich dem Herbstmeister Bayern München 0:1, Spielbericht

Claudia Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wenn der Gegner nach einem Spiel der Mannschaft, die verloren hat, zu ihrem Können gratuliert, dann ist da meist etwas im Busch. Zu auffällig waren die Lobessprüche von Jupp Heynckes gegenüber Niko Kovac, in denen er die Frankfurter zu einem Angstgegner, zumindest dem Unbequemlichkeitsgegner stilisierte.

js bayern2Mit Lob einzuwickeln – natürlich freuten sich die Eintrachtler, allen voran der Trainer über das Lob aus diesem Mund – bedeutet nämlich gleichzeitig, davon zu schweigen, wie substanzlos am Samstagnachmittag der neue und alte Herbstmeister gespielt hatte, wie wenig Initiative er ergriff, wie sehr die 2. Halbzeit zudem völlig von der Eintracht dominiert wurde. Alles richtig und auch, daß das ganze Spiel über sich die Bayern um keine einzige echte Torchance vor dem Frankfurter Tor bemüht hatten. Keine einzige. Denn, als Vidal in der 20. Minute – mitten in einer Phase, wo zuvor die Eintracht das Sagen hatte – links vor dem Tor am Pfosten stand und ein von Kimmich geschickter Ball dort vorbeisegelte, schraubte sich Vidal hoch und nickte den Ball mit dem Kopf schräg runter ins Tor. Das ging so schnell und war so unerwartet, daß es manche der 51 500 Zuschauer im ausverkauften Stadion überhaupt nicht mitbekommen hatten.

Anders als gleich nach Beginn, als die Eintracht einen Freistoß zugesprochen erhielt, den Ante Rebic – zusammen mit Prince Boateng der beste Spieler der Eintracht – schwungvoll mit Kraft schoß, aber halt doch direkt in die Arme des eigentlich schon ausgemusterten Tom Starke im Bayern Tor, der eine gute Leistung bot, allerdings nicht all zuviel gefordert war. Aber doch mehr als auf der Gegenseite Lukas Hrádecky. Denn die allgemeine Meinung von der kämpferischen Überlegenheit der Frankfurter und dem latenten Aussitzen der Münchner, deutlich ab der 70. Minute einen Sieg über die Zeit zu retten, diese Meinung resultiert daraus, daß eigentlich die gesamte zweite Halbzeit nur im Feld der Bayern stattfand, wohin die Frankfurter stets munter stürmten, ohne dann tatsächlich etwas damit anzufangen.

Irgendwie lag hier eine Beißhemmung vor, also ein mentales Problem, denn wenn ein Spieler wie Sébastien Haller, der in richtiger Position stehend, einen Ball bekommt und mit dem nichts anfängt, also nicht mal das Tor visiert, sondern herumtribbelt einen Mitspieler suchend, bis er ihn abgenommen bekommt, dann stimmt etwas nicht. Und das ging nicht nur Haller so, von dem man übrigens seit er das TOR DES MONATS schoß und ein weiteres im Spiel darauf keine zwingenden Torschüsse mehr kennt. Und das Wörtchen zwingend ist geradezu passend für das, was fehlte. Es schien, als seien die Spieler schon zufrieden damit, in der gegnerischen Hälfte spielen zu dürfen, so daß das abschließende Tor gar nicht die entscheidende Option war.

Hier fehlte Alex Meier bitterlich. Denn der in letzter Zeit auf den Einnicker reduzierte Torgarant der Frankfurter, auch sehr sehr wichtig, war in der Zeit zuvor auch Spielmacher der Mannschaft gewesen. Und daran mangelte es. Am Spielmacher, an Frechheit, am Torschuß, am Siegenwollen. Das auf Seiten der Eintracht.

Die Bayern sind eben eine ausgebuffte Mannschaft. Sie lehrten sofort die jungen Spieler aus Frankfurt das Fürchten. Wie beispielsweise Franck Ribéry diesem und jenem den Ball abnahm, ihn weiter transportierte, das ist alles individuelle Klasse, vor der man den Hut zieht. So waren in diesem Spiel auf Bayernseite einige schöne Spielzüge zu sehen, die ahnen lassen, wie die Mannschaft aufdrehen kann, wenn es um etwas geht. Heute war ihnen wichtig, den Gegner am Abschuß zu hindern, ihn lahmzulegen. Mit minimalem Kraftaufwand. Denn das Verteidigen kostet etwas weniger Kraft als das Angreifen.

Da sich mit beiden Mannschaften diejenigen gegenüber standen, die in der Bundesliga die stärksten Defensivkräfte haben und die wenigsten Gegentore kassierten, lag es eben an Zufällen wie dem in der 20. Minute, den Vidal nutzt. Aber natürlich ist das kein Zufall, zufällig ist nur der Zeitpunkt. Die Bayern gehen ökonomisch mit ihren Ressourcen um, nur fünf Torschüsse insgesamt, sind aber jederzeit in der Lage, zuzulegen. Die Eintracht dagegen war bei 12 Torschüssen und keinem Tor, schon mit der Abwehr eines weiteren Tores zufrieden, statt den Ausgleich herbeizuzwingen oder gar den Sieg, der von der Überlegenheit auf dem Feld her richtig gewesen wäre. Schade.

Ach doch, es gab fünf Minuten Nachspielzeit, die ihre Gründe hatte. Der gravierendste lag in einer Fehlentscheidung von Schiedsrichter Harm Osmers, der in der 71. Minute Marius Wolf vom Platz stellte. Vorausgegangen war ein Einsatz von Wolf gegenüber der stürmenden Nummer 11: James Rodriguez, der nicht schlimm aussah, aber mit einer Roten Karte geahndet wurde. Schließlich wälzte sich der Bayernspieler schmerzverzerrt am Boden. Sehr eindrucksvoll. Wolf war verblüfft, ratlos und schon in der Kabine, als sich Osmers beim Videoassistenten rückversichern wollte. Denn die Fankurve gab nicht auf, zu protestieren. Und tatsächlich, nachdem sich Osmers die Szene noch einmal aus Videosicht angeschaut hatte, änderte er seine Entscheidung in Gelb, der Spieler mußte erst wieder geholt werden – und weiter ging‘s.

Und noch etwas zu den Zufällen, die es ja nicht geben soll. Schon witzig, daß die beiden Boateng, Prince auf der Eintrachtseite und Jérome auf der Bayernseite beide die Nummer 17 tragen. Aber es gab keinen Bruderzwist auf dem Platz.


Fotos:
Boateng im Einsatz, Haller leicht ratlos © eintracht.de
Zuschauerzahlen © Jürgen Schneeberger

Info:
Das nächste Eintrachtspiel in der englischen Woche schon am Dienstag in Hamburg, am nächsten Samstag, 17. Spieltag,  erneut im Heimspiel gegen Schalke 04.
Die Bayern empfangen am Mittwoch den 1. FC Köln und am 16. Dezember geht's zum VfB Stuttart.