Claudia Schubert und Hartwig Handball
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Redaktion des Weltexpresso hatte vom, dann doch holterdiepolter vollzogenen Abgang des Eintrachttrainers Niko Kovac zu Bayern München tatsächlich erst durch den ersten Leserbrief erfahren, dem viele folgten.
Der Tenor ist eindeutig: eine Enttäuschung, die in Wut umschlägt. Deshalb Wut, weil die Fans den Worten des Trainers vertrauten, der gesagt hatte, daß er hierbleiben werde, schon deshalb, weil noch genug zu tun ist. Denn der Weggang kommt ja punktgenau in der Situation, wo sich die Eintracht das in dieser Saison Erarbeitete hätte sichern müssen. Gerade das heutige Spiel gegen Leverkusen, einen Platz vor der Eintracht, weshalb sie die Eintracht verfolgen müssen, ausgerechnet im Auswärtsspiel dort, wird entscheidend sein, ob es reicht, ob ein oberer Platz für die Champions League drinnen ist.
Deshalb ist enorm wichtig, wie die Spieler reagieren, wie sie drauf sind, denn sie sind in erster Linie die Geprellten. Sie hatten sich auf das anspruchsvolle Programm des Trainers eingelassen, der ein genaues Reglement von Training, Verhaltensweisen und Lebensführung verlangt. Dies vom einen auf den anderen Tag nun zu ändern, wird schwierig genug werden. Natürlich ist Kovac nicht ab heute in München. Aber manche Briefeschreiber wünschen sich das, denn es erscheint schizophren, daß der Trainer, der im nächsten Jahr Bayern München trainiert, am Ende der Saison die Eintracht in ein potentielles Pokalspiel gegen Bayern München führt. Dann doch besser schon vorher verlieren? Nächste Woche. Oder erst recht gewinnen.
Nein, in der Haut von Niko Kovac möchte keiner von uns stecken. Er hat erst zwei Jahre Erfahrung in der Bundesliga, hat auch seine Nationalmannschaft betreut. Er ist ein herausragender Trainer, nach zwei Jahren! Man hätte ihm – nicht nur der Eintracht, auch ihm persönlich - mehr Entwicklungsmöglichkeiten und Erfahrungswissen gegönnt, ehe er zum Branchenprimus wechselt. Denn so – nach den vielen Absagen noch bessererer Trainer als er es ist– haftet ihm auch noch der Stallgeruch eines Lückenbüssers an. Glücklich macht unsereinen das weder so noch so. Man hätte der Eintracht eine längere Chance mit diesem Trainer gewünscht und ihm, daß er sich nicht derart vom neuen Arbeitgeber verheizen läßt.
Eine ganz andere Sache, die dringend vom DFB und der Bundesliga aufgearbeitet werden muß, sind die Umstände, wie der Trainerwechsel zustandekam. Durch einen Anruf des mit Kovac befreundeten Sportdirektors von B.M. Hasan Salihamidzic beim Frankfurter Trainer. Das ist alles. Keine Anfrage des Bayernchefs Uli Hoeneß beim Frankfurter Kollegen Fredi Bobic!! Kein Gespräch, keine Verhandlungen. Was sind das für Manieren und Methoden. Das ist bildzeitungsgemäß (und auch nur die frühere Bild), aber kein Verfahren wie man unter Bundesligavereinen miteinander umgeht. Daß sich dann Kovac ohne Vertragsverhandlung am Telefon darauf einläßt, läßt einen ganz schlechten Geschmack zurück. Denn entweder waren die Bedingungen schon längst ausgehandelt, dann hätte Kovac die letzte Zeit gelogen, oder er läßt sich wie ein dummer Junge hier vorführen. Ein Gerüchle und ein Geschmäckle wird bleiben. Schade um und schade für Niko Kovac.
Die Leser haben das Wort
Wilhelm Henss schreibt gestern:
„Verräter“
Durch den Wortbruch von Kovac haben wir nächste Saison gleich mehrere Freuden.
Bayern wird im nächsten Jahr nicht mehr Meister Pokal - und CL — Sieger und der „Verräter“ wird wegen Erfolglosigkeit von Hoeneß vorzeitig entlassen.
Sorgen macht mir ebenfalls das Spiel in München und das Pokalendspiel in Berlin . Da sollte Kovac nicht auf der Bank sitzen . So eine Konstellation hatten wir mit „Stepi „ im Pokal 1/2 Finale gegen Leverkusen schon einmal und haben verloren. Also wir fahren o h n e Kovac nach Berlin.
Morgen wird bestimmt gut.
1 Sieg 2 Eier im Glas 3 Punkte 4. Platz.
Kein Rückgrat?
Das hätte ich dem Kovac niemals zugetraut. Ja, vor Wochen, als noch Zeit für neue Planungen war. Aber so direkt vor einem wichtigen Fußballspiel, das ist ja Verrat an der Eintracht. Der ist doch lebenslanges Mitglied geworden. Wofür? Ich glaube, das geht schief. Schief für die Eintracht und schief für Kovac in München. Hat der Mann kein Rückgrat?
Kurt Garfield
Hat Kovac seinen Vertrag schon auf Bayern München hin formiert?
Wie lautet die Ausstiegsformel im Vertrag von Kovac bei der Eintracht, der bis 2019 gilt? Er darf fast ablösefrei nur dann gehen, wenn er zu einem bedeutenden europäischen Verein geht. Peinlich. Es gibt davon nur einen. Bayern München. Schon der Vertrag ist also eigentlich Vertragsbruch, wenn alles hervorragende Mühen hier in Frankfurt von Niko Kovac darauf aufbauten, sich bei Bayern München rechtzeitig lieb Kind zu machen. Denn müßten die jetzt 10-20 Millionen für den Trainer zahlen, hätte die Eintracht wenigstens was davon.
Simone Rang
Kovac hat seine Ehre verkauft
Karl Marx wurde 200 Jahre und Friedrich Engels, der in England die Entstehung des Fußballs als Volkssport und Verdummung für die Massen noch erleben konnte, die hätten jetzt vor sich hingefeixt: Fußball ist heute Kapitalismus in Reinform. Da wird alles gekauft: die Spieler, die Trainer, die Vorstandsvorsitzenden, das Elite-Personal. Und dann gibt es eine Spitze, so wie derzeit Bayern München, zu denen alles strebt, auch die, die nicht gegen Geld gekauft werden, sondern ihre Ehre verkaufen. Kovac hat seine Ehre verkauft.
Thomas Ellendorfer
Sofort freistellen
Will das Gesicht nimmer sehen! Ich glaub dem Typen kein Wort mehr. Wie kann er jetzt noch die Eintracht vertreten? Lieber ohne ihn und mit Wut in der Mannschaft gewinnen.
Kevin Haster
Beleidigung für den Fußball
Das Procedere des Weggangs ist peinlich für den Stil in der Bundesliga. Wir erleben die ganze Zeit, wie sehr an den Trainern ungute Gefühle ausgelassen werden. Daß aber ausgerechnet Niko Kovac, der als ehrlich und Mann mit Wort gelten durfte, bei einer solchen Demütigung für den Fußball mitmacht, ist mehr als enttäuschend. Der Mann hatte viel zu verlieren. Das hat er nun verloren. Nicht, weil er weggeht, sondern wie er weggeht.
Foto:
© br.de
Info:
Einige der Leserbriefe sind so beleidigend, bzw. unflätig, daß wir sie nicht veröffentlichen wollen. Die Redaktion
© br.de
Info:
Einige der Leserbriefe sind so beleidigend, bzw. unflätig, daß wir sie nicht veröffentlichen wollen. Die Redaktion