kpm Peter Feldmann und Mike Josef eroffnen die neue AltstadtEin weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Gentrifizierung

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Oberbürgermeister Peter Feldmann und Planungsdezernent Mike Josef eröffneten am Freitagvormittag die neue Frankfurter Altstadt.

Geplant und in Auftrag gegeben wurde diese Zuckerbäckerkulisse allerdings vom früheren schwarz-grünen Magistrat unter besonderem Engagement des seinerzeitigen Planungsdezernenten Olaf Cunitz (Grüne). Bereits damals war erkennbar, dass die Pläne für eine Rekonstruktion der 1944 zerbombten Altstadt weder von historischer Kenntnis noch von architektonischem Geschmack getragen waren. Denn das Ziel war nicht ein verspäteter Wiederaufbau eines Denkmals. Vielmehr sollten Wohlhabenden und Reichen Möglichkeiten geboten werden, im Zentrum Frankfurts eine Wohnung erwerben zu können, und sei es nur als Zweitwohnung oder als Kapitalanlage. Die Objekte würden sich mutmaßlich zu Spitzenpreisen vermieten lassen - mit beabsichtigten Folgen für den Mietspiegel. Ja, die neoliberalen Seilschaften ließen sich einiges einfallen, um Normalbürger aus dem Zentrum zu vertreiben bzw. fern zu halten.

Jetzt erteilte der sozialdemokratische Oberbürgermeister dazu seinen offiziellen Segen. Seine Partei, die SPD, hätte dieses Vorhaben, das jede Wohnungsbaupolitik für Normalbürger torpediert, verhindern müssen, hätte zumindest die Zugangsvoraussetzungen an soziale Kriterien binden können.

Dieses Quartier sei ein Leuchtturm für die Stadt und ein Anziehungspunkt für rund zehn Millionen Touristen pro Jahr, betonte das Stadtoberhaupt. Und es ergänzte: "Wir geben heute der Stadt Herz und Seele zurück". Die Eröffnung der Altstadt sei „das Ereignis des Jahres", ganz Frankfurt habe auf diesen Moment gewartet. Mit dem Wiederaufbau habe die Stadt ein Projekt realisiert, „das die Menschen in ihrem Herzen berührt", denn es atme den Geist der Gemeinschaft Frankfurts.

Und Christoph Mäckler, der verantwortliche Architekt, sprach von einem „Wohnzimmer“ für die Frankfurter. Na ja, die Wohnzimmer in den 35 Häusern dürften dem Wunsch von über 700.000 Frankfurtern nach einem warmen Plätzchen nicht gerecht werden. Aber der Plebs soll ohnehin draußen bleiben, darf sich allenfalls in den neuen Gassen einen Imbiss gönnen.

Die ursprüngliche Frankfurter Altstadt, die zu den größten Fachwerkvierteln Deutschlands zählte, war eine Arme-Leute-Siedlung. Ein 84-Jähriger, der dort seine Kindheit verbrachte, erinnert sich, dass es „bodenständig“ zugegangen wäre, auch die Geschäfte seien nicht „von Leuten mit Stehkragen“ betrieben worden. Durch die enge Bebauung sei es sehr düster gewesen und es hätte häufig muffig gerochen. Der Neubau würde ihn nicht berühren. Es sei zwar alles sehr bunt und schön gemacht, aber damals habe die Altstadt trotz vielfältiger sozialer Probleme ihrer Bewohner gelebt. Hingegen sei die Rekonstruktion ein Museum, in dem Privilegierte wohnen dürften.

Die Stadt wird sich das Wohl ihrer Wohlhabenden etwas kosten lassen und bietet während der drei Eröffnungstage ein umfangreiches Programm inklusive einer Drohnenschau an. Die Kosten dafür belaufen sich auf 1,5 Millionen Euro.

Übrigens: Am 28. Oktober ist Landtagswahl in Hessen. Es könnte zweckmäßig sein, sich diesen Artikel mit ins Wahllokal zu nehmen. Damit einem die politischen Standpunkte der Parteien bewusst sind, bevor man sein Kreuz macht.

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Oberbürgermeister Peter Feldmann und Planungsdezernent Mike Josef eröffnen am 28. September die neue Frankfurter Altstadt
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