Die Fraport-Fluglärmexperten messen, überwachen und informieren
Klaus Hagert und Rebecca Riehm
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das paßte doch gut. Gestern war die gemeinsame Pressekonferenz der vier Oberbürgermeister von Hanau, Offenbach, Frankfurt und Mainz gegen den Fluglärm und heute flattert eine Information von Fraport in die Redaktion, die wir zusammenfassen wollten, die aber so persönlich Daphne Goldmann als Leiterin der Lärmüberwachung vorstellt, daß wir diese Mitteilung abdrucken.
1964 nahm die die erste Überwachungsanlage für Fluglärm in Europa den Betrieb auf. Im Januar 2012 wurde im Internet der Informationsdienst FRA.NoM, Fraport Noise Monitoring, freigeschaltet, der erstmals alle Flug- und Lärmdaten an einem deutschen Flughafen für jedermann offenlegt. Ort beider Pionierleistungen – der Frankfurter Flughafen. In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat Flughafenbetreiber Fraport das Mess- und Kontrollsystem ständig erweitert. Und das mit gutem Grund: Nach Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest blickt die Öffentlichkeit sensibilisiert auf das Thema Fluglärm. Einem lückenlosen und zuverlässigen Lärm-Monitoring kommt damit eine große Bedeutung zu. Gleichzeitig bildet die Überwachung eine wichtige Grundlage für die weitere Reduzierung der Lärmbelastung. Der Themendienst beleuchtet in zwei Teilen die Arbeit der Frankfurter Fluglärmspezialisten.
Ein hohes Maß an Datenqualität, Zuverlässigkeit und Transparenz beschreiben die wichtigsten Ziele. Angewandte Spitzentechnologie, allen voran hochempfindliche, wetterfeste Spezialmikrofone, leistungsfähige Datenanalyse- und Speichergeräte sowie exakt definierte Messverfahren bilden die Grundlage der Fluglärmüberwachung. Es sind riesige Datenmengen, die täglich von dem Fraport-Expertenteam erhoben, ausgewertet und aufbereitet werden.
Leiterin der Fachabteilung ist Daphne Goldmann. Sie bringt es auf den Punkt und faßt die Hauptaufgabe ihres Teams – es besteht aus sieben Fluglärm-Controllern sowie zwei Spezialisten für Auswertung und Berichtswesen – in wenigen Worten zusammen: „Wir betreiben ein Überwachungssystem zur automatischen Fluglärmüberwachung rund um die Uhr.“ Von ihrem Büro in der Cargo City Süd aus hat die Diplom-Physikerin freien Blick auf die beiden Start- und Landebahnen Center und Süd. Der Frankfurter Flughafen beschäftigt Daphne Goldmann fast schon das gesamte Berufsleben. Und sie kennt die Themen Fluglärm und Schallschutz aus vielen Blickwinkeln. Denn bereits vor ihrem Eintritt in die Fraport AG im Jahr 2001 war sie als Schallschutzspezialistin und Gutachterin für verschiedene Ingenieurbüros tätig und hat sich umfassendes Expertenwissen erarbeitet.
Datenservice für Aufsichtsbehörden, Gremien, Kommunen und Öffentlichkeit
Messen, überwachen, informieren – diese Tätigkeiten sind Teil des öffentlichen Auftrags an den Flughafenbetreiber, das Fluglärmgeschehen so realistisch und transparent wie möglich abzubilden. Daphne Goldmann versteht ihre Aufgabe als eine serviceorientierte Dienstleistung – für das eigene Unternehmen und die Airlines, aber insbesondere für die Aufsichtsbehörde, die Kommission zum Schutz gegen Fluglärm und die Kommunen. So wendet sich der Datenservice auch direkt an die Menschen in der Rhein-Main-Region. Die Leiterin der Fluglärmüberwachung ist deshalb viel vor Ort in den Umlandgemeinden unterwegs, diskutiert, informiert, hat Sitz und Stimme in Forschungsgremien und engagiert sich zudem in den verschiedenen Programmen für aktiven Schallschutz.
Zu den vielfältigen Aufgaben der Fachabteilung zählen das genaue Wissen um die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die strikte Einhaltung der entsprechenden Vorgaben und Normen. Den Rahmen dazu gibt das Luftverkehrsgesetz (LuftVG) vor. Wie jeder Flughafenbetreiber hat auch Fraport eine leistungsfähige und funktionstüchtige Infrastruktur vorzuhalten. Auftrag ist es, Anlagen einzurichten und zu betreiben „zur fortlaufend registrierenden Messung der durch die an- und abfliegenden Luftfahrzeuge entstehenden Geräusche“ (LuftVG, § 19a). Die Mess- und Auswertungsergebnisse sind der Genehmigungsbehörde und der Kommission mitzuteilen und regelmäßig zu veröffentlichen.
28 stationäre Messanlagen im Umkreis von 30 Kilometern
Der Aufwand, um die anspruchsvolle Aufgabe fach- und qualitätsgerecht erfüllen zu können, ist enorm. In einem Umkreis von 30 Kilometern rund um den Flughafen unterhält Fraport ein enges Messstellennetz, das ständige Wartung benötigt und bei Bedarf ergänzt wird. Die vorerst letzte Erweiterung machte die Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest im Herbst 2011 notwendig. Zwei zusätzliche Anlagen in Hochheim und Kelsterbach haben die Zahl der stationären Messstellen auf 28 anwachsen lassen. Zum Vergleich: Am zweitgrößten deutschen Airport in München sind 16 Messstationen im Einsatz.
Eine besondere Herausforderung im Praxisbetrieb stellt die automatische Unterscheidung von Umgebungs- und Fluglärm dar. Ein Messstandort sollte deshalb möglichst unbeeinflusst von anderen Geräuschquellen sein. Technisch gelöst wird dies durch die Einrichtung sogenannter Messschwellen. An fast allen Standorten beträgt die Maximalpegelschwelle 65 dB (A). Das entspricht in etwa dem Pegel einer lauten Unterhaltung. Die Fraport-Messanlagen übertragen im Stundentakt per Telefonleitung die aufgezeichneten Einzelschallereignisse an die Zentrale. Dabei werden sowohl die gemessenen Maximalpegel als auch der Pegelverlauf exakt abgebildet. Das Verfahren ist jedoch nicht völlig automatisiert, es ist im Nachgang noch einiges an Detailarbeit und ergänzender Recherche notwendig, um auch tatsächlich den Ansprüchen an eine bestmögliche Datenqualität zu genügen. So wird der Einfluss des Straßenverkehrs und anderer Lärmquellen durch spezielle Prüfprozesse in der späteren Analyse und einem Abgleich mit Informationen aus den Radardaten der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH herausgefiltert. Auffällige Ereignisse werden zudem akustisch überprüft, um abschließend die Frage zu klären, ob ein Schallereignis durch ein Fremdgeräusch überlagert war oder der Flug womöglich ungewöhnlich verlief.
Aussagefähige Daten zu einzelnen Schallereignissen
Technisch wenig Sinn machen jedoch Messungen bei extremen Wetterlagen. Sturm und Starkregen verfälschen die Ergebnisse und gehen somit als Ausfallzeiten in die Berichte ein. Am Ende des aufwändigen Prozesses stehen aussagefähige Daten zu Einzelschallereignissen zur Verfügung, die bestimmten Flugbewegungen exakt zugeordnet sind. Die hohe Datenqualität ist zudem unerlässlich, um die Effekte durch die umgesetzten aktiven Schallschutzmaßnahmen untersuchen zu können. Der Service geht noch weiter: Statistische Auswertungen für Maximalpegelverteilungen zählen genauso zur Leistungspalette wie die exakten Berechnungen von Dauerschallpegeln oder spezielle Berichte zu Typen- und Flotten-Pegeln für einzelne Airlines.
„Ungewöhnliche Ereignisse und auffällige Flugbewegungen“, unterstreicht Daphne Goldmann, „werden für eine weitergehende Untersuchung an den Fluglärmschutzbeauftragten gemeldet.“ Der vom Hessischen Wirtschaftsministerium bestellte Fachmann überprüft in Zusammenarbeit mit der Flugsicherung die Daten unter anderem auch auf Einhaltung der Flugweggenauigkeit. Stellt der Fluglärmschutzbeauftragte fest, dass ein Flugzeug auffällig von den vorgegebenen lärmarmen Flugrouten abgewichen ist und damit vermeidbaren Fluglärm verursacht hat, leitet er diese Auffälligkeit zur weiteren Prüfung als mögliche Ordnungswidrigkeit an das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) weiter. Allein das BAF ist befugt, empfindliche Bußgelder gegen die Flugzeugführer zu verhängen.
Darüber hinaus dienen die Messergebnisse auch als Basis für die sogenannten lärmabhängigen Entgelte. Zum Hintergrund: Die Entgeltordnung am Frankfurter Flughafen sieht höhere finanzielle Belastungen für lautere Flugzeuge vor. Der Einsatz leiserer Flugzeuge kostet die Airlines weniger. So zielt die von der Landesregierung und der Luftverkehrswirtschaft geschlossene „Allianz für Lärmschutz 2012“ darauf, die lärmabhängige Entgeltkomponente weiter zu spreizen, um durch finanzielle Anreize eine Lärmminderung direkt an der Quelle zu erreichen. Das Team um Daphne Goldmann leistet damit wichtige Grundlagenarbeit, um Lärmbelastungen zu reduzieren.
INFO:
Detaillierte Informationen und Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Fluglärm am Frankfurter Flughafen bietet das Internet unter: http://www.fraport.de/content/fraport/de/nachhaltigkeit/schallschutz-fluglaerm/aktuell.html