Es war ein eine Vorstellung für Archäologen, Anthropologen, Fachpublikum und interessierte Bürgerinnen und Bürger
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eine Buchvorstellung im Dommuseum erbrachte es: die Innensanierung der Kirche St. Leonhard in Frankfurt wird noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.
Wobei schon 20 Jahre hierzu erörtert, nachgedacht und am romanischen Bauwerk mit seinen gotischen An- und Einbauten gearbeitet wurde. Vor zehn Jahren begann die Innensanierung, die sich mit vielen Details beschäftigen muss. Es kam anders als vorauszusehen war. Aber das bringt wohl jede Archäologie mit sich.
Ein Zwischenbericht von den Arbeiten
Basen und Portale, Pfeiler und Bögen, Kreuzgradgewölbe, Torflankentürme tragen es, farbige Glasmalereien, auch mit Schriftzug und Figuren künden vom Glauben und der Lehre, Hauptschiff, Seitenschiffe, Chöre und Apsiden gestalten seine Räumlichkeit. Nach und nach wurde bewusster, dass an der Sache größer gedacht und daher um- und neugeplant werden muss. Es kam viel spannender als ursprünglich vorausgesehen.
Es dauert also noch etwas, aber die Länge der Zeit wird sich am Ende gelohnt haben. Die Erhaltungsarbeit, zu der die Stadt aufgrund der Dotation nach einem Vertrag von 1830 verpflichtet wurde - es handelt sich mit der Kirche St. Leonhard um eine von acht dieser Art in Frankfurt - wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Denn das zunächst nicht derart aufwendig erscheinende Vorhaben bewegte sich nach und nach "in eine Zeitmaschine", mit Zeitschichten von Jahrhunderten, was immer wieder Umplanung und Neudenken erforderte.
Die Geschichte des Bauwerks reicht 800 Jahre zurück. Das Gewerk wurde zu einer immer wieder aufs Neue begeisternden und auch fordernden archäologischen und anthropologischen Grabungs- und Forschungsarbeit.
Zu den bereits gelaufenen Arbeiten fand im Dommuseum dazu die geeignete Buchvorstellung statt, die anhand des bisher Freigelegten und schon Getanen den Grabungs- und Forschungsstand widerspiegelt. Der Prozess der Restauration wird vom Denkmalamt der Stadt Frankfurt, vom Archäologischen Museum Frankfurt, vom Denkmalforum Frankfurt und von den Freunden Frankfurts gemeinsam bewirkt. Dabei ist das Sammeln von finanziellen Mitteln für das laufende Projekt keine unwichtige Angelegenheit. Von diesen hängt viel ab.
Der Boden verbarg mehr als angenommen
Denn neben den Arbeiten an den schweren Gebäudemassen gab und gibt es Etliches an Aufgefundenem zu sichern und zu wiederherzustellen, was der Boden im unmittelbaren Untergrund und im nächsten Umkreis verbarg. Das Denkmalforum hat die Finanzierung des „wunderbaren Buches 'St. Leonhard in der Frankfurter Altstadt‘" des Verlags Henrich Editionen - wie es die Leiterin des Denkmalamtes Frankfurt Dr. Andrea Hampel bewarb - mitgetragen. Und im Jahr 2017 wurde verlautet: „Der Förderkreis St. Leonhard der Freunde Frankfurts hat Spenden gesammelt, um die aufwendige Restaurierung der Assistenzfigur aus dem Kontext der Fragmente des gotischen steinernen Heilig-Grab-Altars zu übernehmen“.
An der Arbeit am Buchprojekt waren neben der Leiterin des Denkmalamtes auch Kurt W. Alt, Petra Held, Franziska Martens und Lioba Renner fachkundig und aktiv beteiligt. Diese haben neben der beruflichen Arbeit und ohne Kosten zu stellen an dem Werk mitgetan.
Den ebenfalls sehr ins Gewicht fallenden Anteil an eröffneten Bestattungen aus dem 16. Jahrhundert nimmt nahezu die Hälfte des stattlichen Bandes ein. Die periodisch von den Bauabschnitten gemachten und im Band vertretenen Fotos, die die einzelnen Stadien wiedergeben, werden nach der erneuten Schließung wohl noch zu sehen sein, aber nicht mehr all das, was diese Aufnahmen zeigen. Das Buch hält die Chronik der Arbeiten fest.
Beiseite der Offiziellen, die zur Vorstellung sprachen, blickte eine Madonna, d.h. die Maria mit dem schelmischen Lächeln, immerzu gen Publikum. Auch so ein Werk, das in einen noch besseren Zustand gebracht werden wird, obwohl schon einiges daran erreicht wurde.
Die Basilika war von Anfang an nicht nur ein Gotteshaus, sondern diente auch den amtlichen Interessen der Patrizier und den Buchhändlern zu Messezeiten als Lagerort. Die Kirche war auch ein Begegnungsort. Wandgemälde und Deckendetails wurden von zehn Spezialisten restauriert und lassen wieder die alten Farben erleuchten. Auch Jesu Kreuztragung auf dem Weg nach Golgatha ist zu erkennen. Das Deckengewölbe zeigt wieder Sterne, klarer als lange Zeiten zuvor. Die Chorweihe des Hauses fand 1434 statt.
Das Aufregendste, worüber zu berichten war, ist die Tatsache, dass die Basilika ursprünglich 2 Meter tiefer angelegt war und so auch genutzt wurde. Sehr sorgfältig, aber auch mit schwerem Gerät wurde wieder auf das ursprüngliche Fußbodenniveau heruntergegangen. Hierzu finden sich großartige Fotos im Buch. Stück für Stück wurde freigelegt, wieder sichtbar gemacht. Danach aber auch wieder verfüllt, jedoch bleibt es beim ursprünglichen Niveau.
Die Kirche bekommt eine neue Heizungsanlage und einen neuen Estrich. Dies ist schon nachzuvollziehen, wenn innen begangen wird. Eine wiedergefundene Grabplatte datiert auf das 16. Jahrhundert zurück. Es ergab sich eine vielschichtige Menge an Funden, die das Buch reichhaltig fotografisch zu sehen darbietet. Diese gehören in Magazine, einiges davon wird auch Ausstellungen bestücken.
Fast die Hälfte des Buches nehmen die spätmittelalterlichen Bestattungen ein, 119 an der Zahl. Es handelt sich überwiegend um Angehörige der Oberschicht, nur vier Geistliche sind vertreten. Die Gräber wurden ausgehoben, teilweise analysiert, anschließend wurde wieder bestattet. Eindrucksvoll ist die Fotografie vom Engelbertus-Portal von 1220, nachdem es freigelegt worden war.
Seltsam anzusehen ist die Detailaufnahme einer Totenkrone im Grab mit Kruzifix (im rechten Brustbereich) zwischen Gebeinen und ein Eisenvotiv für den Hl. Leonhard. Die Hände der Skulptur sind wie zum Gebet erhoben. Es findet sich hiervon eine Aufnahme vor der Restaurierung und eine von danach.
Info:
Es sprachen: Stadtrat Mike Josef, Dezernent für Planen und Wohnen; Peter Mensinger, Vorsitzender des Denkmalforums; Dr. Andrea Hampel, Leiterin des Denkmalamtes und eine der Autorinnen und Autoren des Buches; Dr. Bettina Schmitt, Direktorin des Dommuseums Frankfurt.