Claudia Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Was für ein Spiel! Manche der Fans zogen noch im Bus auf der Heimfahrt den Kopf ein, wenn einer zu nahe kam, denn die Wucht dieses Spiels, allein schon seine Körperlichkeit ging unter die Haut. Wenngleich zum wirklichen Erfolg das Siegestor fehlte, zeigten sich doch alle im Eintrachtumfeld außerordentlich zufrieden mit diesem torlosen Remis.
Denn das bedeutet, daß es beim Rückspiel in Mailand am nächsten Donnerstag für die Italiener nicht langt, beispielsweise 1:1 Unentschieden zu spielen, da die Tore der Gegner mehr zählen und bei einem solchen Ergebnis allein Eintracht Frankfurt weiterkäme. Statt also Ärger oder Trauer aufkommen zu lassen, daß aus einer spielstarken, ja überlegenen zweiten Halbzeit von Eintracht Frankfurt für sie dennoch kein Tor heraussprang, hat der ebenfalls überlegen spielende Abwehrstratege Makoto Hasebe diese Losung ausgegeben, daß eben die Chance der Frankfurter beim Rückspiel – wo man ja den Hexenkessel von San Siro erwarten darf – mit 51 Prozent eindeutig höher seien. Naja, wenn das ein Trost sein soll, daß es aus dieser für die Eintracht explosiven zweiten Halbzeit dennoch zu keinem Tor kam, ist der ein wenig billig.
Aber sei‘s drum. Lieber ist zu berichten, daß der Spielverlauf des Abends konträr war. Denn es begann so, daß man eigentlich ein 3: 0 für die Mailänder schon in den ersten zwanzig Minuten erwartete. Sie begannen furchtlos und mit einem Tordrang, daß die eigene Phantasie die italienischen Bälle schon im Eintrachttor sah, was auch gewesen wäre, hätte an diesem Abend nicht Tormann Kevin Trapp seinen allerbesten Tag gehabt. Kann man sich schon denken, daß bei einem torlosen Remis die Torleute die besten Spieler auf dem Platz sind. Aber wie gut der Frankfurter wirklich war, daß erwies sich in der 22. Minute. Da pfiff Schiedsrichter William Collum aus Schottland zum Elfmeter, weil Gelson Fernandes im Strafraum an Lautaro Martinez geraten war. Nicht unbedingt einen Elfer wert, aber bitte schön. Und als unter einem irren Pfeifkonzert Marcelo Brozovic den Ball nun nach Rechts trat, wehrte Kevin Trapp diesen gekonnt ab – zur Ecke. Wie aus einem verbalen Protest ein rauschhaftes Jubilieren werden kann, konnte man hier hören.
Damit war aber nur gewonnen, daß kein Tor gefallen war, denn die Mailänder waren weiterhin massiv überlegen und die Spielmacher, denen die hasenfüßigen Eintrachtspieler hinterher liefen. Wo war die Leidenschaft, das Selbstvertrauen geblieben? Es ist eben doch ein Unterschied, ob man sich das vorher sagt, daß man mithalten kann, und es dann im Spielverlauf auch zu tun. Insbesondere die Angriffsspitze, die berühmte Büffelherde, durch das krankheitsbedingte Fehlen von Ante Rebic natürlich geschwächt, stand nicht auf dem Platz, stattdessen ein etwas wirrer Sebastien Haller und ein hinterhertrabender Luka Jovic. Es fehlte der Antrieb, es fehlte der Motor. Und daß dies nicht allein am Fehlen von Rebic lag, zeigt sich schon daran, daß dieser auch beim letzten Ligaspiel gegen Hoffenheim nicht dabei war, aber die Wucht des Angriffs dennoch stattfand.
Wenn man jetzt gar nicht weiter über die Abwehr sprechen will, weil fehlende Tore eben eine Sache des Angriffs sind, muß doch klar konstatiert werden, daß die Mailänder zwar auch einige ihrer zahlreichen Torchancen selbst versiebten, die übrigen aber im immer dichteren Netz der Abwehr hängen blieben – und ansonsten durch den besten Mann auf dem Platz: Kevin Trapp schlicht gehalten wurden.
Wie lasch und mutlos die Eintrachtler wirklich gespielt hatten, zeigte sich nach der Pause. Wie ausgewechselt kamen sie zurück und schon in den ersten Minuten spürte man die Kraft und die Gefährlichkeit, die vom Frankfurter Spiel auf einmal ausging. Das war, als ob ein Lichtschalter An und Aus gedrückt worden wäre. Denn gleichzeitig mit dem Erstarken der Eintracht schwächelten die Mailänder auffällig. Und so waren in der zweiten Hälfte es auf einmal die Interspieler, die wie die Hasen gejagt wurden. Mal abgesehen davon, daß auch unter den jetzt guten Bedingungen für die Eintracht Abschußschwächen auftraten, denn es kam und kam kein Tor, war für die Bezeichnung des Spiels als ein unlauteres Treiben eine einzige Szene zuständig, die gleich zu zwei fragwürdigen Entscheidungen des Schiedsrichters führten. Sebastien Haller war von Danilo D‘Ambrosio im Strafraum umgerannt worden. Die Szene war auf jeden Fall elfmeterähnlicher als die, die in der ersten Halbzeit zum verschossenen Elfer für Mailand geführt hatte. Aber Collum gab keinen Elfmeter! Das konnte man nicht verstehen. Wenn schon, denn schon. Das irre Pfeifkonzert ist das eine, daß Eintrachttrainer Adi Hütter gegen eine Wasserflasche trat, das andere. Da aber war der Schiedsrichter flugs zur Stelle und verwies den Trainer hoch auf die Ränge, wo er nur noch zuschauen, aber nicht mehr gestalten kann.
Daß seine Männer, auch bezüglich der Auswechslungen, auch ohne ihn alles richtig gemacht hätten, betonte Hütter mit der Entschuldigung für seinen Ausraster in der anschließenden Pressekonferenz. Stehen bleibt Unverständnis für eine Ungerechtigkeit durch den Schiedsrichter, in der eine Fußballszene einmal zum Elfer führt und dieselbe Szene, nur etwas härter, nicht geahndet wird. Stattdessen bekam Makoto Hasebe, der den Schiedsrichter darauf aufmerksam gemacht hatte, noch eine gelbe Karte. Daß dagegen in der 56. Minute, als Danny da Costa ein Tor gelang, sich Sebastien Haller einen Tick im Abseits befand, daß hatte der Schiedsrichter dann wiederum genau gesehen und das Tor nicht gewertet. Kein Wunder, daß sich Groll aufbaute, der nur deshalb nicht zum Ausbruch kam, weil die Frankfurter Mannschaft hingebungsvoll weiterkämpfte und insbesondere Martin Hinteregger mehrmals die besten Chancen hatte, aber daneben schoß. Weil die ganze Zeit hindurch ein 1: 0 viel wahrscheinlicher schien, als ein Tor für Mailand, blieben die Fans auf das Spiel und das Anfeuern ihrer Mannschaft konzentriert.
Schon zu Beginn gab es eine gewaltige Choreographie über alle vier Seiten hinweg. Ein Fahnenmeer als silbernem, rotem , schwarzem und güldenem Geglitzer. Zu Ehren des Vereins, der in diesem Jahr 120 Jahre wird.
Eintrachtboß Fredi Bobic erwartet beim Rückspiel 15 000 Frankfurter in Mailand und Sebastian Rode, der ein gutes Spiel lieferte und in der 77. Minute durch Willems ersetzt wurde, gibt die Route vor, daß man so wie in der zweiten Halbzeit auch in Mailand spielen müsse. Dann klappt es. Die Angst vor dieser italienischen Klassemannschaft ist auf jeden Fall vorbei.
Das Eintrachtspiel war an diesem Abend übrigens das eine von zwei Unentschieden in der Europa League. In Sevilla ging es gegen Slavia Prag 2.2 aus. Von den anderen Spielen ist auffällig, daß Arsenal von Stade Rennes mit 3:1 abgeschmettert wurde, während Chelsea zu Hause gegen Dynamo Kiew 3:0 gewann. Mit gleichem Ergebnis erledigte SSC Neapel den RB Salzburg,
Foto:
© Eintracht Frankfurt
Info:
Rückspiel am 14.3. in Mailand
Diesmal hatten die Fanclubs in ihrer Choreographie vor ausverkauftem Haus - 48 000 Zuschauer - alles auf die Freude der 120 Jahre gesetzt und den hessischen Innen- und Polizeiminister Beuth mit Nichterwähnen gestraft. Das Thema aber bleibt bestehen, auch weil Eintracht Frankfurt gegen die unangemssenen polizeilichen Durchsuchungen vom vorletzten Mal protestiert hat.
Da wir unsere Berichterstattund über den Protest der Fans erst einen Tag nach Veröffentlichung des Spielberichts unter den Artikel setzten, wo also diejenigen, die den Artikel gelesen hatten und ihn nicht wieder aufrufen, keine Kenntnis erhielten, drucken wir die Passage von der ausgefallenen Choreographie hier noch mal ab:
P.S. vom 3. März
Ein Wort zur Reaktion der Eintracht Fans auf die Polizeiaktion vom vorherigen Spiel. Eindrucksvoll nutzen die Massen das Folgespiel zum Prostest gegen den Hessischen Innenminister und richteten auf den Tribünen 54 Banner gegen Peter Beuth (CDU), wie im Bild zu sehen.Übrigens auch im VIP-Bereich. In Beuth wird im Nachhinein - und das nicht zu unrecht - der Schuldige gefunden, der völlig übertrieben und gesellschaftspolitisch unsensibel den Eklat der Durchsuchung der Fanräume durch die Polizei am vorletzten Donnerstag veranlaßt hatte. Ohne die vermutete Pyrotechnik zu finden, übrigens. Aber der Aufbau der Fankurve mit der für diesen Abend besonders gearteten Choreographie war damit im Eimer und alle vorbereiteten Transparente wurden in das Stadionrund geworfen und vor dem Stadion als großer bunter Abfallhaufen gehortet. Eine unwürdige Angelegenheit, zumal im Verlauf ein Fan schwer verletzt wurde.
Gleichzeitig ist inzwischen die viel stärkere Waffe der Fans der bissige Humor, mit dem sie Beuth überziehen. Das bleibt hängen!! Und spricht sich herum, wie in Gladbach beim Spiel gegen die Bayern am letzten Freitag zu sehen war, wo es hieß: "Gladbach-Verbot für Beuth". So wird der CDU-Mann noch bundesweit bekannt, was dem Hessischen Ministerpräsidenten Bouffier sicher nicht recht ist.
Die sprachkreativen Sprüche in Frankfurt lauteten so:
DER BEUTHEL IST EIN SACK OHNE INHALT.
LÜGENBEUTHEL
STADIONVERBOT FÜR LÜGENBEUTHEL
BEUTHLIN - DU HOBBIT
DEINE GEWALT IST NUR EIN STUMMER SCHREI NACH LIEBE, was aus einem Lied der Punkband DIE ÄRZTE stammt.
u.a.
Die akkustischen Schmähgesänge waren noch kräftiger. Sie dauerten das Spiel über an, ließen dann nach, kamen nach dem Sieg erneut auf. Das bleibt ein Themal. Wir berichten.
© Eintracht Frankfurt
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Rückspiel am 14.3. in Mailand
Diesmal hatten die Fanclubs in ihrer Choreographie vor ausverkauftem Haus - 48 000 Zuschauer - alles auf die Freude der 120 Jahre gesetzt und den hessischen Innen- und Polizeiminister Beuth mit Nichterwähnen gestraft. Das Thema aber bleibt bestehen, auch weil Eintracht Frankfurt gegen die unangemssenen polizeilichen Durchsuchungen vom vorletzten Mal protestiert hat.
Da wir unsere Berichterstattund über den Protest der Fans erst einen Tag nach Veröffentlichung des Spielberichts unter den Artikel setzten, wo also diejenigen, die den Artikel gelesen hatten und ihn nicht wieder aufrufen, keine Kenntnis erhielten, drucken wir die Passage von der ausgefallenen Choreographie hier noch mal ab:
P.S. vom 3. März
Ein Wort zur Reaktion der Eintracht Fans auf die Polizeiaktion vom vorherigen Spiel. Eindrucksvoll nutzen die Massen das Folgespiel zum Prostest gegen den Hessischen Innenminister und richteten auf den Tribünen 54 Banner gegen Peter Beuth (CDU), wie im Bild zu sehen.Übrigens auch im VIP-Bereich. In Beuth wird im Nachhinein - und das nicht zu unrecht - der Schuldige gefunden, der völlig übertrieben und gesellschaftspolitisch unsensibel den Eklat der Durchsuchung der Fanräume durch die Polizei am vorletzten Donnerstag veranlaßt hatte. Ohne die vermutete Pyrotechnik zu finden, übrigens. Aber der Aufbau der Fankurve mit der für diesen Abend besonders gearteten Choreographie war damit im Eimer und alle vorbereiteten Transparente wurden in das Stadionrund geworfen und vor dem Stadion als großer bunter Abfallhaufen gehortet. Eine unwürdige Angelegenheit, zumal im Verlauf ein Fan schwer verletzt wurde.
Gleichzeitig ist inzwischen die viel stärkere Waffe der Fans der bissige Humor, mit dem sie Beuth überziehen. Das bleibt hängen!! Und spricht sich herum, wie in Gladbach beim Spiel gegen die Bayern am letzten Freitag zu sehen war, wo es hieß: "Gladbach-Verbot für Beuth". So wird der CDU-Mann noch bundesweit bekannt, was dem Hessischen Ministerpräsidenten Bouffier sicher nicht recht ist.
Die sprachkreativen Sprüche in Frankfurt lauteten so:
DER BEUTHEL IST EIN SACK OHNE INHALT.
LÜGENBEUTHEL
STADIONVERBOT FÜR LÜGENBEUTHEL
BEUTHLIN - DU HOBBIT
DEINE GEWALT IST NUR EIN STUMMER SCHREI NACH LIEBE, was aus einem Lied der Punkband DIE ÄRZTE stammt.
u.a.
Die akkustischen Schmähgesänge waren noch kräftiger. Sie dauerten das Spiel über an, ließen dann nach, kamen nach dem Sieg erneut auf. Das bleibt ein Themal. Wir berichten.