Eine Veranstaltung innerhalb der Frankfurt GLOBAL BUSSINESS Week IHK Frankfurt, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Den meisten Beifall erhielt Thomas Rietschel, Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst aus Frankfurt, als er für den Künstler in Anspruch nahm, fern jeglicher ökonomischer Kriterien oder auch Nützlichkeitserwägungen einen Freiraum beanspruchen zu dürfen, ja zu müssen, der den Künstler in die Lage versetzt, diesen Freiraum zu nutzen und auch Regeln zu brechen. Wirtschaft und Kunst trenne ein Abstand.

 

Vom freien Künstler wollten die übrigen Podiumsteilnehmer dann auch nicht abrücken, wobei das Schillerwort: „Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit“ von Kalnein sogar verschärft wurde, indem er die Tochter zur Mutter der Freiheit erhob, also zu deren Voraussetzung machte. Wie immer sind solche Worte von allen goutiert, wenn nicht ein konkreter Fall vorliegt, wo jemand oder eine gesellschaftliche Gruppe sich durch eine Kunsthervorbringung, sei es Wort, Material oder Musik in ihrem moralischen oder ästhetischen Empfinden brüskiert fühlt. Dazu gäbe es auch in Frankfurt genügend Beispiele.

 

Den von Rietschel geforderten Abstand von Wirtschaft und Kunst wollte ein Teilnehmer als einen Abgrund sehen. Die Bedürfnisse der Wirtschaft seien grundsätzlich andere als die der Künstler. Zudem sei die Aussage, daß eine Region wie FrankfurtRheinMain kulturaffin sei, weit hergeholt, weil sich auch hier in der Bevölkerung gerade mal bis höchstens 15 Prozent aktiv für Kultur interessierten und von daher mit öffentlichen Geldern ein Riesenaufwand betrieben werde für so wenig Leute, denen es gelungen sei, ihre Interessen als die der Mehrheit auszugeben. Diese scharfe Diskussion wurde nicht weiter ausgetragen, scheint auch in Frankfurt irgendwie an den Haaren herbeigezogen.

 

Eine Sonderdiskussion galt der Frage, ob es überhaupt eine regionale Identität geben könne, was aus dem Publikum (Süd-Niedersachsen) auch insofern bestritten wurde, daß eine Identität einer Person immer eine persönliche sei und von daher eine kollektive regionale Identität nicht möglich sei. Psychoanalytisch stimmt das und dennoch ist spätestens seit Herder von einer gemeinschaftlichen Identität die Rede, die sich in erster Linie über die gemeinsame Sprache vermittle. Bewohner des Gebietes RheinMain Gebietes fühlen sich auf jeden Fall durch ihre Region stärker miteinander verbunden als zum Beispiel mit der RheinRuhr Region. Es sei auffällig, daß überhaupt in der Bundesrepublik gleichzeitig mit der Globalisierung auch eine Regionalisierung einhergehe, die Region dem Bewohner also mehr bedeute als früher, wo sich ein Frankfurter in erster Linie als Frankfurter fühlte.

 

Auf ein anderes Gleis führte der durch Ruth Wagner, Vorsitzende des Kuratoriums des Kulturfonds, früher FDP-Ministerin für Wissenschaft und Kunst in Hessen, angeregte geschichtliche Diskurs, in welchem Ausmaß sich die hiesige Region als ein Ort der Transformation verstehen müsse, in dem historisch gewachsen auch eine kulturelle Identität eben anders aussehen müsse als beispielhaft in Niedersachsen, Hamburg, München oder Stuttgart. Stuttgart wie München haben wiederum darin Probleme, daß den starken Städten ein schwaches Umland gegenüberstehe. Die Kultur sei in diesen Städten profund angesiedelt, aber es sei kein Drang, dies auf die Region auszuweiten. Die Struktur von FrankfurtRheinMain war dagegen seit jeher eine des Gebens und Nehmens innerhalb eines weiten Umfeldes, von Aschaffenburg in Bayern bis über Mainz hinaus Rheinland-Pfalz und von Marburg/Gießen im Norden bis nach Mannheim/Heidelberg im Süden.

 

Frankfurt sei aktuell kein Ort der zeitgenössischen Kunst, war ein harter Vorwurf, es gäbe kaum Raum für Künstler, die Galerien hätten sich zum großen Teil aus Frankfurt zurückgezogen, so daß auch das Verkaufen ein Problem sei. Das bestritt letzten Endes niemand, nur wurden die Ursachen nicht in subjektiven politischen Präferenzen gesehen, sondern in der Verknappung von Wohnraum in Frankfurt, deren Folge auch sei, daß diejenigen, die die Mieten nicht zahlen könnten, weggehen müssen. Hier fehlen leerstehende Häuser, die vorübergehend genutzt werden können, es fehlen die Hinterhöfe und brach liegenden Industrie- oder Wohngebiete.

 

Mit einem Appell, in den Schulen das Kulturangebot in kreativer Richtung zu verbreitern und zu vertiefen schloß dieser Teil der Veranstaltung, dem sich IMPULSE FÜR EINE URBANE GESELLSCHAFT als zweiter Teil anschloß. In der Kinder- und Jugendarbeit sei es gelungen, Musik, Theater und Film mit innovativer Kraft zu befördern. Daß bei der jüngsten Befragung zur Akzeptanz von Kultur und ihren nicht geringen öffentlichen Ausgaben für sie, eine mehr als Dreiviertelmehrheit „Ja“ sagte, zeigt ja nicht nur, daß Kultur in FrankfurtRheinMain – die Befragung wurde in der gesamten Region erhoben – einfach dazugehört. Sie ist, wurde übereinstimmend betont, auch eine Frucht dessen, was der ehemalige Frankfurter SPD-Kulturdezernent Hilmar Hoffmann als Forderung erhoben hatte: KULTUR FÜR ALLE, was er zwanzig Jahre in konkreter Arbeit Frankfurt eingepflanzt hatte.

 

 

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