Zwei Plätze erinnern künftig an das Wirken von Cäcilie Breckheimer und Marie Juchacz
Cordula Passow
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In den zurückliegenden Wochen haben die Schüler der Klasse 4b der Pestalozzischule viel über Gerechtigkeit gelernt. Sie wissen jetzt, dass es vor gar nicht allzu langer Zeit keine Selbstverständlichkeit war, dass Frauen wählen dürfen oder Menschen aufgrund ihrer Herkunft nicht diskriminiert werden.
„Wir haben uns für den Frankfurter Schulpreis beworben. Das Thema lautet ,Was ist gerecht?'. Als wir uns auf die Suche nach einer Antwort gemacht haben, haben wir mitbekommen, dass hier im Riederwald zwei Plätze umbenannt werden“, erklärt Liliana Alem, die gemeinsam mit Helga Göpper die 4b an der Pestalozzischule unterrichtet.
Die beiden vormals namenlosen Plätzen an der evangelischen Philippusgemeinde sowie an der Ecke Schäfflestraße/Raiffeisenstraße wurden auf Anregung des für Fechenheim, Riederwald und Seckbach zuständigen Ortsbeirates 11 zu Ehren von Cäcilie Breckheimer und Marie Juchacz umbenannt. „Frau Breckheimer hat seinerzeit in der Raiffeisenstraße gelebt. Vor diesem Hintergrund und der örtlichen Nähe passt das perfekt“, sagt Ortsvorsteher Werner Skrypalle.
Der Riederwald ist eine traditionelle Arbeiterhochburg. Und genau hierhin, in die Raiffeisenstraße 25, zog die gelernte Schneiderin und Stenotypistin Cäcilie Breckheimer im Jahr 1922 mit ihrem Ehemann Wilhelm, den sie bei der Sozialistischen Arbeiterjugend kennenlernte und sich fortan mit ihm für die SPD engagierte. „Mit der Machtergreifung der Nazis und den damit verbundenen unfassbaren Gräueltaten begann für die Familie Breckheimer eine schwere Zeit“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann bei der Namensverleihung des Breckheimer-Platzes am Montag, 4. November.
Ab etwa 1942 war Cäcilie Breckheimer als Zwangsarbeiterin bei der Druckerei „Osterrieth“ beschäftigt, wo sie Telefonbuchseiten per Hand zusammentragen musste. „Am 8. Februar 1943 wurde sie zur Gestapo in die Lindenstraße vorgeladen und ins Polizeigefängnis Klapperfeld gebracht. Ihr wurde einzig zur Last gelegt, dass sie Jüdin war. Ihr letztes Lebenszeichen war ein Brief vom 23. April 1943 an ihre Angehörigen. Sie wurde im Frühjahr 1943 nach Auschwitz verschleppt und ihre Familie am 18. August 1943 von der dortigen Kommandantur informiert, dass sie angeblich an ,allgemeiner Körperschwäche‘ gestorben sei. Sie wurde am 30. Juli 1943 eingeäschert“, umriss der Oberbürgermeister das grausige Schicksal jener engagierten Riederwälderin, der nun in Anwesenheit ihrer Schwiegertochter Maria Breckheimer und des Ehemanns ihrer Enkelin, Bernhard Engel, verspätete Ehrung widerfährt.
Die zweite Namensgeberin, Marie Juchacz, gehörte zu den 37 Frauen, die Mitglied der Weimarer Nationalversammlung wurden und war die erste Frau, die in einem deutschen Parlament redete. „Marie Juchacz kämpfte für den Gleichbehandlungsgrundsatz in der Weimarer Reichsverfassung und war Arbeiterin durch und durch“, würdigte das Stadtoberhaupt die Verdienste der prominenten Frauenrechtlerin.
Am 13. Dezember 1919 wurde auf Initiative von Juchacz die Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegründet. „Die AWO ist aus unserem Zusammenleben und unserer Stadt nicht wegzudenken. Sie ist ein großer Träger der Wohlfahrtspflege und unterhält Kitas, Einrichtungen der Altenhilfe und Jugendzentren. Ein Zitat von Marie Juchacz gilt noch heute: ,Je mehr gute Taten wir zusammenbringen, umso besser wird die Welt.‘“, sagte Feldmann in seiner Ansprache. Marie Juchacz floh vor dem Nationalsozialismus ins Ausland. 1949 kehrte sie aus den USA nach Deutschland zurück.
Ein Stolperstein, welcher an das Schicksal von Cäcilie Breckheimer erinnert, wurde bereits im Jahr 2011 vor dem Haus in der Raiffeisenstraße 25 verlegt. Fortan trägt der Platz vor dem Kinder- und Familienzentrum in der Schäfflestraße ihren Namen. An das Wirken von Marie Juchacz erinnert künftig der Platz vor der Philippusgemeinde.
Foto:
Einweihung Cäcilie-Breckheimer-Platz mit (l-r) OB Peter Feldmann, Marie Breckheimer, Bernhard Engel und Werner Skrypalle
Einweihung Marie-Juchacz-Platz mit (l-r) Werner Skrypalle und OB Peter Feldmann