Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Denn wer will sich schon als Saubermann offenbaren, theoretisch wie auch praktisch. Doch wem kommen nicht Brennpunkte des Schmutzes irgendwo im Stadtgebiet immer wieder in den Sinn, wenn sie oder er an diesen mal wieder vorbeikommt.
An der U-Bahn-Station Hügelstraße gibt es einen Treppenaufgang, der seit Jahren nicht mehr gereinigt wird. Der Aufgang hat etwas Abgelegenes, führt ja nur zum Eckladen eines Hörgeräte-Akustikers. Trotzdem kamen während des Fotografierens vier Leute an der Stelle vorbei.
An der Säuberungsaktion der Partei der Grünen am Sinai-Gelände hatte man selbst schon teilgenommen und wer in diesem Umkreis wohnt, hat bestimmt schon daran gedacht, sich auch mal zu beteiligen. Peter Postleb war stadtweit als der „Müll-Sheriff“ der ‚Stabsstelle Sauberes Frankfurt‘ bekannt geworden - als einer, der konkret und engagiert das Müll- und Dreckproblem in Frankfurt tatkräftig anging, weil es ihm gar zu bunt wurde. Vor sieben Jahren nun ist er altersbedingt nun schon wieder aus dem Dienst geschieden, bleibt aber in der von ihm beackerten Angelegenheit weiterhin prominenter Kopf. Seit dem 1. Juli 2020 berät er den Oberbürgermeister Peter Feldmann in Sachen Sauberkeit. Das erbrachte einen Termin im Römer.
Die Stadt und der Müll
Anfang der Woche hatte OB Peter Feldmann zu einem Bericht über die beachtliche Menge an Sündenfällen im Hinblick auf Müll und Dreck in der Stadt geladen. Peter Postleb hat einen Zwischenbericht vorgelegt. Danach gebe es noch viel zu tun. Allein nur Ermahnungen führten nicht zum Ziel. Es gebe zu wenig an Konsequenzen für die Müllsünder. Auch mit mehr Bußgelder sei es nicht getan. Er befürwortet daher „offensiv beworbene Kontrollgänge“, damit die Leute es ernst nehmen. Damit sollte gesagt sein, dass die Stabstelle in seiner Nachfolge zu defensiv geworden ist. Leider aber, so wurde weitergesagt, fehle es eben auch an einem begnadeten Selbstdarsteller im Kampf gegen Müll und seine Verursacher. ER spricht klipp und klar, wenn er sagt: Die Leute müssen sehen, dass es die Stadt ernst meint. Oberbürgermeister Feldmann setzt hinzu: „Sauberkeit ist kein Spießerthema“, mit all den giftigen Kippen auf dem Spielplatz.
Ein klein wenig scheint es schon, dass das Sauberkeitsthema ein Nebenschauplatz ist, auf dem sich Oberbürgermeister Feldmann betätigen möchte. Die beste Werbung wäre aber vielleicht, wenn er selbst mal an einer Säuberungsaktion teilnehmen würde. Das wär‘ 'ne starke Sache und brächte mehr als Worte. Der OB sieht sich als Sprecher der Bevölkerung. Sauberkeit aber braucht auch Lust. Das fiel oft schon auf, wenn in der Station Hauptwache ein regelmäßig gesehener Arbeiter sich mit seiner Tätigkeit machtvoll ins Zeug legte. Sagenhaft, wie er sich mit ihr regelrecht identifizierte. Anscheinend aber ist er inzwischen - nach Jahren des echten Engagements – auch mal in Rente gegangen.
Ordnungsdezernent Markus Frank war zum Postlebbericht nicht gekommen. Er liegt mit dem OB im Clinch. Auch er hatte im Vorfeld die geringe Zahl von 99 Bußgeldverfahren in vergangenen acht Monaten beklagt, die die Stadtpolizei eingeleitet hatte. Postleb wand ein, er habe früher 99 Bußgelder pro Woche verhängt. Ein Bußgeld, das bedeutet 200 Euro für den Sünder, für Kleinabfall auf der Straße sind es 55. Besonders schlecht ist die Stadt mit dem Bahnhofsviertel dran. Da müssen Ordnungskräfte nachts permanent unterwegs sein. Infolge dauernder Abholung von Sperrmüll wird da viel dazugestellt. Geschäftsleute kehren Dreck auf die Straße. Deswegen wird mit Gebläse gearbeitet, denn Besen könnten die Autos verletzen.
Postleb wie Oberbürgermeister wollen nicht akzeptieren, dass infolge Corona – gilt auch für Frankfurt-Sachsenhausen – vom normalen Dienst anscheinend Arbeitskraft abgezogen werde, da Corona doch zu einigem Rückgängen in den sauberkeitlichen Aktivitäten geführt habe. Keinesfalls dürfe eine Sache gegen eine andere ausgespielt werden.
Die Task-Force-Gruppe ist nicht besetzt. Doch was abgeht, ist schlimm. Da hinein spielt die Abgrenzung von Stadt- und Landespolizei. Die Landespolizei sehe sich als nicht zuständig, die Stadtpolizei aber sagt: für uns ist es zu gefährlich. Dadurch entstehe ein luftleerer Raum. Die Landespolizei gucke auch beim Wildpinkeln gegen Häuserwände weg. Beiläufig zu erwähnen wäre noch die Arbeitsgruppe Umwelt- und Naturschutz, die wie der traditionell bekannte Feldschutz in den Lebensräumen und Biotopen des Grüngürtels wirkt und wacht.
Wie solle denn Achtsamkeit entstehen, wenn schon in Schulen und Kitas die Toiletten unzureichend sind. Die Jugend schreibt nur fort, was der Fall ist. Vokabeln fallen, wie: Hinsehen, Mahnen, Umdenken, mehr Kontrollgänge. Postleb ging regelmäßig auf seine Streifengänge. Diese konnten – wie auf dem Bahnhofsvorplatz – gleich mit dem Entfernen und Sicherstellen von sicherheitsrelevanten Objekten verbunden werden. Das typischste Objekt ist wohl ein herumstehender Einkaufswagen. All-around-Orientierung müsste also einen Schub bringen.
Teure Werbekampagnen hätten dagegen wenig wert; sie führten lediglich zu einem Lacher an heiter fabrizierten Stellen eines Filmstreifens, der Lacher wechsle nicht in die Praxis. Oberbürgermeister Feldmann kündigte an, die Beschwerdestelle - die auch wirklich eine werden solle -, werde vorangebracht. Personelle Streifen am Mainufer müssten zur Regelmäßigkeit eingebürgert werden. Postleb wie der Oberbürgermeister setzen sich als Ziel, Müll zu reduzieren und ein dazu nötiges Verhalten zu steuern. Es bedarf hierzu eines zusätzlichen Budgets und einer personellen Aufstockung.
Noch ein letztes Bild, das die Stadtgesellschaft mehr oder weniger bewegt: Illegale Müllablagerungen an der Straße, zerdepperte Flaschen im Park, Zigarettenkippen im Sandkasten. Doch Müllsünder hätten kaum Konsequenzen zu fürchten. Zu viele ordnungspolitische Maßnahmen seien in den letzten Jahren fast komplett weggebrochen. Denk- und Handlungsbedarf ist also angesagt.
Info:
Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann stellte den Zwischenbericht seines Beraters Peter Postleb vor. Kritik erging wegen mangelnder Kontrolldichte und der Unterfinanzierung von Kontrollen in den einzelnen
Diensten. Öffentlichkeitsarbeit müsse neu gedacht werden.