In der Stadt des Molochs Auto und der leblosen Luxusbleiben und Mietskasernen hält sich Natur doch meisterlich
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Natur ist ein Langzeitprojekt. Das fällt auf, wenn die Amseln in der Nacht vom fünften auf den sechsten Januar um 3.30 Uhr schon wieder zu zwitschern beginnen. Wie kürzlich vernommen.
Sparreflex statt Gestaltungswille
Es ist unglaublich, dass die Nachfahren der Saurier feiner gestrickt sind als so manche Interessenlobby der Marke Eigennutz und Großmannssucht, wobei dafür in Frankfurt außer der unbedeutenden FDP nur die CDU in Frage kommt. Und zwar mit Ihrem Kämmerer Horst Becker, der sich harmlos biedermännisch gibt, aber den Hardliner aufführt. Was in seiner Sozialgruppe gut ankommt. Er kennt nur Zahlen (des Defizits), aber wenig Leistung der Gesellschaft, weiß nichts von Wirtschaftsleistung qua Innovation. Deshalb lehnt er es ab, beim Etat die Möglichkeiten des Gegensteuerns an niedrige Zinsen zu knüpfen und insofern an die zukünftige Wirtschaftsleistung. Die CDU hat keine Idee von Zukunft. Kulturell schon gar nicht.
Dass Schäuble bewirkt hat, dass attac die Gemeinnützigkeit verlor, ist allein nur der Ansicht geschuldet, dass ernsthaftes Engagement für Qualität und Reinlichkeit in Politik und Wirtschaft den Unterlegenen des Systems des Eigennutzes und der Dinge nicht zieme.
Die CDU ist vom Geist geschlossener Weltanschauung. Davor haben uns unsere philosophischen Lehrer am meisten gewarnt. Auch vor Letztwahrheiten. Große, Reiche und Mächtige sind der CDU ein Schwarm. Sie will sich mit ihnen zusammen sonnen und selbstversichern. Selbst die Kleinsten ihrer Art. Geradezu blasphemisch ist sie die Bastion des Götzen und Abgotts Eigentum und des Systems klotziger Sachen wie Schwerkarossen und gestapelte Wohntürme, alles Dinge, die die Motten und der Rost fressen und flugs auch wieder aus der Mode kommen. Je brutaler und geistloser die Form, desto größer die Geltung unfassbarer Tonnen unsinnigen Blechs an Schwermetall im so engen Frankfurt. 60-80 Kilogramm lenken 1-2 Tonnen durch die Stadt. Kürzlich lautete eine Schlagzeile: ‚Wohneigentum für halb Frankfurt‘. Das war spöttisch auf die Christpartei bezogen gedacht. Sie hatte ihr Wahlprogramm veröffentlicht. Tatsächlich will sie halb Frankfurt Wohneigentum in den Hals stopfen.
Perspektivisch die Hälfte der Massen rein in die Wohneigentumskaserne
Mit angepeiltem Wohneigentum für gerade mal 20 Jahre Zentralleben will sie die Ahnungslosen der Tretmühle Kapital überantworten, mit dem kleinen Häuschen auf knappem Grüngrund oder der Eigentumswohnung im Stapel. Ihr Sinnen geht dahin, den Untertan ans Blech, die Quartiergarage und ggf. ans aufreibende Pendeln in die Stadt und zurück ins Umland zu ketten, zu jeweiligen Verhältnissen: Darlehen oder Gespartes. Nach 30 Jahren macht von Poll die Bude aus (ein Clan-Chef oder Neureicher hat sie entdeckt) und von Poll sinnt auf lohnenden Weiterverkauf. Die Eigentumswohnung lässt Poll liegen und macht erstmal in Spekulation, nachdem es die Straßenzüge abgegrast und Google ihm dabei assistiert hat, auch im Hinblick auf noch verwertbaren unbebauten Boden. Das läuft unter 'Objektsuche' bei Zuhilfenahme des Liegenschaftsamts.
Andererseits darf die halbe große Welt gern aus Mitteln angelegter Geldwäsche oder kriminellen Praktiken der Halbwelt, wenn nicht gar Mafia in Frankfurt einziehen. Sie soll angelockt werden. Damit die Mischung stimmt. Diese Kreise müssten sich erstmal blank machen, im Rechtsstaat. Die SPD ist mit von der Partie. Für die Neubürger aus Diktaturen und Despotien darf's auch ´ne opulente ‚Flat‘ im Wolkenkratzer sein, von der städtischen ABG hochgezogen, für die es im Gemeinnutz Besseres zu tun gäbe. Für Normalos bleibt die schlichte Etagenwohnung für ´nen großen Batzen Geld.
Wie mit Frankfurter Werten umgegangen wird, zeigte sich beim Fällen von 23 Bäumen ( 9 Feld-Ahorne, 4 Weymouth-Kiefern 2 Hainbuchen, 1 Spitzahorn, 1 Winterlinde, 1 Sumpfzypresse, 2 Zypressen, 2 Platanen und eine Roteiche) in den Wallanlagen nahe der Alten Oper, unter Durchbrechung des Wallservituts. Gebaut wurde ein Luxushotel für 110 Millionen, 320 Tiefgaragenstellplätze auf 4 Etagen und 24 Luxuseigentumswohnungen. Und für wen wohl? – "Für begüterte Gäste aus Fernost und aus arabischen Ländern", darunter auch saudi-arabische Quislinge des Königshauses. Mit Blick auf die Alte Oper oder zumindest in deren erhebendem Dunstkreis weilend. Und das für Leute, die gegen die aufklärerische Musik der Hochklassik und revolutionären Romantik innerlich mobilisieren, weil ihnen das in ihrem Antifeminismus als Teufelswerk gilt. So schlich sich Erdogan in der Elbphilharmonie oben auf dem Rundgang herum, als die Neunte gespielt wurde ("Alle Menschen werden Brüder").
Ärgernis Dauer-Leerstand
Auch zufolge des Verscherbelns öffentlichen Wohnungseigentums seitens der Kommune und die meisten ihrer Parteien ist die Wohnungsnot immer drängender geworden, ungeachtet dessen, dass die eingewanderten Banker, Programmierer und Finanzkreise die Stadt zunehmend übernommen und sich den einfacheren Wohnungsmarkt schnell mal unter den Nagel gerissen haben. Was unter den Begriff Verdrängung fällt. Krass, dass die hessische CDU, ihre Regierung und mit die darüber besonders erfreute FDP schon 2004 das Wohnraum-Zweck-Entfremdungs-Gesetz gekippt haben, zum Vorteil ihrer mit Füssen trappelnden und sich kraftvoll vernehmlich machenden Gefolgschaft, für die sie einsteht. Damit verbunden auch die Erfassung von Leerständen – diese zum Zweck der Spekulation und Selbstbereicherung vorgenommen – ausgesetzt wurde.
‚Wahnsinn auf dem Wohnungsmarkt‘ titelte Ver.di Publik 8 · 2020 kürzlich. Anlass war das Buch ‚Sozial-Thriller‘ von Wolfgang Schorlau, der unter dem Rubrum: ‚Kreuzberg-Blues‘ einen Stoff nach dem Muster von Hieronymus Boschs ‚Garten der Lüste‘ bzw. ‚Das Narrenschiff‘ aufbereitet hat, in dem sich “Bauunternehmer, Kriminelle, Aktivisten, Miet-Rechtler [unfreiwillig], Spekulanten und Politiker“ tummeln. Dengler wurde mehr denn je klar, „dass der Wohnungsmarkt völlig aus den Fugen geraten ist. Skrupellose Investoren und raffgierige Bauunternehmer steigern ihre Renditen auf Kosten der Mieter“, denn „zigtausende Wohnungen wurden vom damals rot-rot geführten Berliner Senat, namentlich dem umstrittenen Thilo Sarrazin, zu Spottpreisen an dubiose Konzerne verscherbelt“. Ähnlich begab es sich mit der Hellerhof-Siedlung in Frankfurt Gallus. Hiermit sei auf den vierteiligen Weltexpresso-Beitrag ‚Kapitalismus außer Kontrolle‘ und ‚Wie Wien gegen den unkontrollierten Kapitalismus hält‘ hingewiesen.
Frankfurt im Griff der Spekulanten
Und die Wohnungspreise steigen immer höher. Nun sammelt und erhebt der Mieterverein Höchster Wohnen in Person des SPD- Stadtverordneten Sieghard Pawlik die Leerstände. Nix is mit Selbstverpflichtung des Eigentums laut Grundgesetz und BVG und dem vielzitierten Motto: Eigentum verpflichtet. Das ist als voll christlich zu bezeichnen. Fehlt bloß noch, dass die CDU korrupte Anwälte beauftragt, dafür zu sorgen, dass die Lage nicht in Privatregie erfasst werden möge. Die Zahl unvermieteter Wohnungen wird auf 10 000 geschätzt. Man kann die Wohnungen während Demonstrationen von Fridays for Future vielfach ausmachen, wird seitlich über die Fassaden geblickt. Leerstände sind in der Mehrzahl rein spekulativ. Es kann sich ewig hinziehen. Kosten und Ausfälle können steuerlich verwurstet werden. Der Leerstand in einer Stadt, in der nach bezahlbaren Wohnungen Wohnungsnot herrscht, der nicht entgegengetreten wird, ist die ganz ganz miese Tour der CDU, die über derartige Methoden gütigst die Hand hält.
Kinder und Jugendtheater – eine verräterischer Beziehung
Äh bäh, wozu denn das? Aber: die Kulturdezernentin will es. Insofern die ablehnende Logik des Stadt-Kämmerers Uwe Becker, nicht erst seit Beginn der Pandemie. Das städtische Projekt Kinder- und Jugendtheater wurde aus dem Wahlprogramm gekippt, sofern es wirklich drin war; obwohl es sich perspektivisch rechnete, wenn eine Generation von musisch und auftrittsmäßig Versierten, weidlich Gebildeten und gutes Deutsch Sprechenden entstehen würde. Das rechnete sich. Denn in der Neue-Medien-Gesellschaft verrottet die Sprache. Jenes Projekt aber würde kaufmännisch fruchten. Doch die CDU ist klassisch zunächst mal die Partei der abgrundtiefen Kunst- und Kultur-Banausie. Kunst gilt ihr nur, wenn sie sich selbst damit beweihräuchern und ins Rampenlicht stellen kann. Doch ist Kunst die Entfaltung der Wahrheit, die selten angenehm ist.
Böse Linksautonomie
Ganz Trump-mäßig arbeitet auch die Kampagne gegen die Linksautonomie durch die Becker-CDU. Friedrich Merz soll mal eine Phase in Punk gehabt haben, bis ihn eine Frau, die er bekommen wollte, eingefangen und auf den rechten Weg gebracht hat. Jetzt ist aus diesem der größte Abstauber im Gebirg der Kapitalsammelstelle Black Rock geworden. Er hatte mit seiner politischen Zeit gewuchert und dafür einen Gefälligkeitsjob für getane Dienste im Hyperraum der großen Geldflut als Danksagung abbekommen. Ähnlich wie Steffen Kampeter, 2016. Die CDU sollte sich vor Merz vorsehen, er wäre ihr Spalter, wenn nicht Sargnagel, wenn er drankäme. Die politische Klasse sollte sich vor Black Rock vorsehen. Diese Kapitalsammelstelle ist angetreten, es mit den Staaten aufzunehmen, um deren Macht aushebeln. Der Journalist Werner Rügemer warnt, Blackrock untergrabe die Demokratie. Blackrock verstoße gegen das Menschenrecht auf Wohnen, indem es den Mietmarkt der Profitlogik unterwerfe. Immobilienfirmen wie Deutsche Wohnen und Vonovia setzten auf hohe Rendite, die zu Lasten des guten Wohnens ausschlägt.
Das Klapperfeld als eines der linksautonomen Zentren macht einen guten Job in Sachen nicht geleisteter oder verhinderter Aufklärung. Im Unterschied zu einer gewissen Immobilien-Mafia und ihrer Hilfstruppe. Das junge ‚Klapperfeld‘ stellt zur unseligen Geschichte nicht nur des Gefängnisses gleichen Namens aus, sondern organisiert auch Abende zur Geschichte von NS-Verfolgten und auch der nach 1945 wieder diskriminierten und nochmal verleumdeten Sinti und Roma (vergl. ‚Die bleibenden Traumata der Sinti und Roma‘ und ‚Frankfurt is not a comfortable Place‘ (Weltexpresso, 2016). Und in diesem Stil geht´s immer fort.
Kleiner Lichtblick
Im Baulandbeschluss ist die CDU ein Stück weit mitgegangen, weil sie nicht mehr anders kann. Das bedeutet, dass sie künftig bei Neubauten 30 Prozent gefördertes Wohnen, 15 Prozent gemeinschaftliches oder genossenschaftliches Wohnen sowie 15 Prozent frei finanziertes Wohnen und 10 Prozent preisreduziertes Wohnen zuzulassen vorhat. Bei der in Frankfurt herrschenden Wohnungsnot für Menschen, die nur den Mindestlohn erhalten (wenn überhaupt und nicht nur betrügerisch gemogelt), wäre ein hundertprozentiger Anteil an öffentlich-rechtlichen Wohnungen angemessen. Die Stadt muss mit einer neu zu gründenden Immobiliengesellschaft in Eigenregie menschenfreundlich bauen, nicht renditegetrieben und auch nicht im Kasernenhofstil wie an der Europa-Allee; sondern ‚versetzt, gedreht und zurückhaltend gestapelt‘, also locker verdichtet. So hatte es mal eine Schulklasse im Museum für Angewandte Kunst entwickelt.
Unsinnigerweise plädiert die CDU auch für zusätzliche Quartiersgaragen, die aber dazu führen, dass wieder nur noch mehr Blechkisten angezogen werden. Kurioserweise will sie auch Bäume gepflanzt sehen, die ausgerechnet Parkplätze beschatten. Nur zu. Wir werden dereinst noch aus dem Himmel verfolgen, wie weit es damit gekommen ist.
Die CDU und die ohnehin jederzeit beschränkte Einzelhandelslobby sehen immer wieder im vorhandenen oder geplanten Fahrradweg, der dem Auto etwas wegnimmt, eine Umsatzbremse. Doch lasen wir in einer angesehenen Zeitung: ‚Radverkehr sorgt für Konsum‘ - weil durchs Fahrrad die Aufenthaltsqualität einer Straße angehoben wird. Es tritt Entspanntheit ein. Die meisten kommen lt. einer Studie zu Fuß, dann folgt das Rad, dann Bus und Bahn und am Ende steht das Kraftfahrzeug. Und weiterhin wurde erkannt: Forscher sagen ‚Fahrradfahrende sind kaufkräftig‘. Der Konflikt zwischen Auto und Fahrrad ist rein ideologisch – und übrigens männlich. Das Kfz lässt 25 Euro in der Straße, Rad-, Nahverkehr und FußgängerInnen zusammen aber 39 Euro.
Insgesamt ist davon zu künden, dass die CDU einfach nicht vorankommt und mitkommt in der Modernität dieser Zeit. Sie ist eine rückwärtsgewandte Klientelpartei des vulgär-materialistischen Besitzbürgertums, das Kultur, Kunst und Muse nur als Selbstbeweihräucherung ihrer eigenen Schicht wahrnimmt und anerkennt. Sie streckt immerzu flehentlich die Hände gen Firmament ob der drohenden Landung des Leibhaftigen in Gestalt eines ihren geistigen Altbeständen bedrohlich werdenden gesellschaftlichen Fortschritts. Sie lebt im Wesentlichen immer noch in den Fünfzigern des vorigen Jahrhunderts.
attac – für die CDU das aufklärend Böse
In Anbetracht der religiösen Beziehung zu Geld, Macht und Besitz in einem endlichen Leben, ist es für die CDU nur naheliegend, dass eine läppische Vermögenssteuer Teufelszeug wäre und es ihr gar nicht passen kann, dass eine zivilgesellschaftliche Organisation wie attac, die jene postuliert, gemeinnützig bleiben dürfte. Dafür hat der Starrkopf Schäuble im Einklang mit lebensfremden, praxisfremden und politikfernen Richtern gesorgt. Und dies bei jahrelang toleriertem Umsatzsteuer-Karussell, Cum-ex, Cum-Cum sowie Begünstigung des Finanzverbrechens der bewunderten ‚Meister des Universums‘ von 2008, die von der Politik lang hofiert wurden, solange es lief. Attac wusste aber längst Bescheid.
Die Freunde und Bekannte der CDU sind ja sowas von nicht eigentlich standesgemäß. Aber sie darf es nicht wahrhaben. Sonst wäre der Lack weg. Jedoch: die CDU sitzt auf dem absteigenden Ast. Sie ist nicht zeitgemäß und stellt sich betont antimodern. Bei aller fortbestehenden Fragwürdigkeit: die CSU ist eine Partei, die unter Söder viel offener geworden ist. Bayern hat das beste dritte Programm. Andreas Bönte, der früher als strammer Rechter Report München moderierte, als er beispielsweise Headbanger des Satanismus bezichtigte und zur Strecke bringen wollte, tritt jetzt ausgesprochen aufklärerisch-progressiv an die spätabendliche Öffentlichkeit (mit den Sendungen nachtlinie und nach:sicht). Er hat verstanden, dass Sataniker wie die Rolling Stones sich in eine musikalische Pose begeben.
Eine nichtswürdie Untat im Sinn der katholischen Totsündenlehre aber bleibt der Fall der aus Bayern von dem Alte-Garde-Minister des Innern Herrmann, einem Seehofer-Statthalter, abgeschobenenen schwer traumatisierten äthiopischen Flüchtlingsfrau Mimi T., die acht Jahre bestens integriert in Nürnberg lebte und nach langem hin und her am 28.12.2020 über den Frankfurter Flughafen abgeschoben wurde (‚Mimi T.s Alptraum wurde wahr‘, FR 30.12.2020). Ein Angriff auf die Demokratie ist auch das bayrische Polizeiaufgabengesetz von 2018. Nach diesem droht inzwischen überall Gefahr im Hinblick aufs Telefon-Abhören, Bespitzeln und Post-Beschlagnahmen. Ohne konkreten Verdacht. Das bayrische dritte Fernsehprogramm könnte als das schlechte Gewissen der CSU bezeichnet werden.
Fotos ©
Heinz Markert
Leerstand 1: mit den ehemals ganz oben eingeschlossenen und verendeten Tauben (Sachsenhausen)
Leerstand 2 - 3: Seitenstraßen Kaiserstraße