deutschlandfunk.defrauenZum 8. März, dem internationalen Tag feministischer Kämpfe: Aufklärungskampagne an öffentlichen Videoleinwänden in Frankfurt und Offenbach

Roswitha Cousin

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In einem gemeinsamen Videoprojekt machen die Frankfurter Integrations- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Frankfurt, DGB Offenbach, der AStA der Goethe-Universität Frankfurt, der Verein „Frauen helfen Frauen Offenbach“ und das Bündnis „Solidarisch durch die Krise“ am Montag, 8. März, auf die strukturelle Diskriminierung von FLINT-Personen (Frauen, Lesben, Inter-, nicht-binären und Transpersonen) aufmerksam. Ein Aufklärungsvideo soll an diesem Tag an über 100 ausgewählten U- und S-Bahnhöfen in Frankfurt und Offenbach auf die strukturelle Dimension von Gewalterfahrungen und Diskriminierung hinweisen und das Problembewusstsein insbesondere der Nicht-Betroffenen schärfen.

„Als Integrationsdezernentin ist es mir wichtig, Mehrfachdiskriminierungen stärker in den Fokus zu rücken. Viele FLINT-Personen werden zum Beispiel dreifach diskriminiert: aufgrund ihrer Herkunft, aufgrund ihrer Religion und aufgrund ihres Geschlechtes. Diese Diskriminierung ist kein Randphänomen, sie zeigt sich in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens: zum Beispiel durch schlechtere Bezahlung auf dem Arbeitsmarkt und häufig auch prekären Lebensbedingungen bis hin zu Gewalterfahrungen und Mord“, erklärt Integrationsdezernentin Weber. „Diese Gewalterfahrungen sind keine Einzelfälle und auch keine Privatangelegenheit. Sie basieren auf patriarchalen Strukturen und kommen in allen sozialen Schichten vor. Gewalt gegen Frauen oder FLINT-Personen muss konkret benannt und bekämpft werden.“

Offizielle Zahlen der Kriminalstatistik zeigen, dass zum Beispiel jede dritte Frau in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen ist. Allein im Jahr 2019 wurden insgesamt 141.792 Menschen Opfer von Gewalt in Partnerschaften. Davon sind 115.000 Frauen, also knapp 81 Prozent. Die Dunkelziffer liegt höher.

Philipp Jacks, Frankfurter DGB-Vorsitzender, sagt: „Sexuelle Belästigung und Gewalt darf weder in der Arbeitswelt noch im privaten Umfeld toleriert werden: niemand darf wegschauen! Helft Betroffenen! Und: das internationale ILO-Übereinkommen gegen sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz muss endlich vom EU-Rat zur Ratifizierung angestoßen werden.“

Die strukturelle Diskriminierung wird durch die pandemiebedingten Maßnahmen noch verschärft. FLINT-Personen, die sich in häuslicher Isolation oder Quarantäne befinden, sind dadurch einer erhöhten Gefahr und mangelndem Zugang zu Schutzräumen ausgesetzt.

Gloria Schmid, vom Verein Frauen helfen Frauen, sagt: „Niedrigschwellige Zugänge zu Schutzeinrichtungen wie Frauenhäuser oder Beratungsstellen sind immer wichtig. Frauen und Kinder sind einem erhöhten Risiko, Gewalt zu erfahren, ausgesetzt und brauchen daher schnell und unbürokratische Hilfe. Ausreichende Kapazitäten und eine einzellfallunabhängige Finanzierung sind daher zwingend notwendig!“

Allein im Jahr 2019 wurden 117 Frauen von ihren (Ex-) Partnerinnen oder -Partnern getötet. Oft wird dies allerdings durch die Verwendung von Begriffen wie „Eifersuchtsdelikt“ oder „Familiendrama“ verharmlost.

„Gewalt gegen Frauen hat in einem patriarchalen System Struktur und muss konkret benannt werden: es sind Femizide“, fordern die Initiatorinnen und Initiatoren des Videoprojekts gemeinsam. „Dazu bedarf es einer Sensibilisierung für diese Thematik und eines höheren Schutzes für Betroffene“.

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