Rekordverdächtiges im Frankfurter Zoo
Helga Faber
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Dieses Jahr wird im Frankfurter Zoo ein ganz besonderer Geburtstag gefeiert: Margrit wird, so zumindest die Rekonstruktion, 70 Jahre alt und ist damit vermutlich die älteste lebende Vertreterin ihrer Art.
Es ist mehr eine Geburtsjahresfeier als ein Geburtstag. Denn die „liebe Uroma der Bonobo-Gruppe“, wie sie von den Tierpflegerinnen und Tierpflegerinnen des Borgori-Waldes genannt wird, wurde vor schätzungsweise 70 Jahren – ganz sicher sagen lässt sich das tatsächlich nicht – in den Regenwäldern des Kongo geboren. Auch wenn daher der genaue Tag ihrer Geburt nicht bekannt ist, eins steht fest: Sie hat ein höchst erstaunliches Alter erreicht.
Margrit kam zusammen mit einem anderen Weibchen am 18. November 1959 aus dem Zoo von Kinshasa, der heutigen Hauptstadt der DR Kongo, in den Frankfurter Zoo. Siebenmal hatte sie Nachwuchs. Ihr verdankt der Zoo auch die Welterstzucht bei den Bonobos im Jahr 1962. Drei ihrer Kinder leben heute noch in den Zoos von Wuppertal, Köln und La Vallée des Singes in Frankreich. Aktuell hat Margrit 84 lebende Nachkommen. Eine beeindruckende Zahl, die auch von Kulturdezernentin Ina Hartwig gewürdigt wird: „Der Frankfurter Zoo und die gesamte Bonobo-Population verdanken Margrit viel. Bonobos werden weltweit aktuell in nur 19 Zoos gehalten, in 17 davon leben ihre Nachkommen. Mittlerweile hat sie sogar Urenkel der fünften Generation – einige davon leben noch in Frankfurt. Um Margrit und ihre Artgenossen vor einer Virusinfektion zu schützen, ist das Menschenaffen-Haus seit Monaten geschlossen. Aber ich freue mich, dass aktuell zumindest der Außenbereich des Zoos für Besucherinnen und Besucher zugänglich ist. Und jetzt, da die Temperaturen warm genug sind, kann man die Bonobos auch wieder auf der Außenanlage beobachten.“
Über 60 Jahre lebt Margrit nun schon im Frankfurter Zoo. Vieles ist in dieser Zeit geschehen, zum Beispiel der aufregende Umzug ins 2008 eröffnete neue Menschenaffen-Haus. Insgesamt sechs Zoodirektoren hat die Bonobo-Dame bereits erlebt, angefangen mit Bernhard Grzimek, über Richard Faust, Christoph Scherpner, Christian R. Schmidt und Manfred Niekisch bis hin zu Miguel Casares. Auch dieser freut sich sehr über den 70. Geburtstag von Margrit. „Dass heute noch Tiere, die im Freiland geboren wurden, in Zoos leben, ist eher die Ausnahme. Mit Inkrafttreten des Washingtoner Artenschutzübereinkommens von 1975 wurde der kommerzielle Handel von Arten, die stark von diesen Aktivitäten bedroht sind, verboten. Zum Glück gibt es inzwischen viele Zuchtprogramme, sodass Zoopopulationen auch ohne den Import von Wildfängen dauerhaft und mit ausreichender genetischer Diversität erhalten werden können.“
Auf ihre alten Tage ist Margrit immer noch ein echter Sonnenschein. In ihrer Gruppe ist ihre Stellung weiterhin einzigartig und sie wird von allen Mitgliedern toleriert, schließlich war sie viele Jahre die Matriarchin. Kein Wunder, denn Margrit ist sehr fürsorglich. 2004 „adoptierte“ sie ihren Enkel, nachdem sich seine Mutter nicht mehr um ihn kümmerte und behütete ihn bis zu seinem Umzug in einen französischen Zoo. Auch wenn sie es inzwischen manchmal etwas langsamer angehen lässt, ist sie doch bei den üblichen Streitigkeiten und dem Umhertoben in der Gruppe noch an vorderster Front mit dabei. Auch bei den Tierpflegerinnen und Tierpflegern hat das alte Weibchen mit ihrer freundlichen Art und ihrer Begeisterungsfähigkeit einen besonderen Platz im Herzen. Deswegen – und aufgrund ihrer altersschwachen Zähne – bekommt Margrit auch ab und zu Leckereien, die sie schnell verzehren kann, ohne Gefahr zu laufen, dass ihr der Snack von den Jüngeren abgeluchst wird.
„Momentan geht es Margrit ihrem Alter entsprechend gut. Wir hoffen, dass das noch recht lange so bleibt und sie uns noch eine ganze Weile mit ihrem Charme um den Finger wickeln kann“, sagt Casares.
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Rekordverdächtig: Bonobo Margrit wird 70 Jahre alt – höchst wahrscheinlich
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Quelle: Zoo Frankfurt