Brotfabrik Frankfurt 2Ein potentielles Opfer: Das Kulturzentrum „Brotfabrik“ in Frankfurt-Hausen

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Vertreibung von Mietern aus Wohnungen und Geschäftslokalen, die sich nach Abriss oder Totalsanierung als Luxuseigentumswohnungen und Geldanlagen vermarkten lassen, macht nicht vor der Kultur halt.

In Frankfurt wird es anscheinend bald das Kulturprojekt „Brotfabrik“ im Stadtteil Hausen treffen. Die bisherigen Eigentümer verhandeln nach eigenen Angaben mit einem Investor. Die Verkaufsgespräche seien bereits fortgeschritten, teilten sie dem Hauptmieter, dem „Kulturprojekt 21“, mit. Es ist davon auszugehen, dass der Investor nicht in die Erneuerung des Gebäudes oder die Ausgestaltung des Kulturangebots investieren wird. Vielmehr versteht sich die Vorabinformation als indirekte Aufforderung, das Auslaufen des Mietvertrags Ende 2025 gar nicht erst abzuwarten, sondern sich umgehend nach neuen Domizilen umzusehen.

Letzteres dürfte nicht einfach sein, vermutlich sogar völlig unmöglich. Beispielsweise für eine der insgesamt 11 Initiativen, das „Frankfurter Autoren Theater (FAT)“, dessen Spielstätte sich in der „Brotfabrik“ befindet. Das FAT hat sich seit 2007 einen Namen gemacht, weil es auch weniger bekannten Autoren die Möglichkeit bietet, Texte und Stücke einem interessierten und fachkundigen Publikum vorzustellen. Müsste es seinen Betrieb einstellen, verlöre nicht nur der ohnehin gebeutelte Stadtteil Hausen erneut an Attraktivität. Auch der Mainmetropole Frankfurt ginge ein weiteres Element seiner ohnehin beschränkten kulturellen Reputation verloren.

Deswegen ist die Politik gefordert. Sowohl die Kulturdezernentin als auch der Planungsdezernent, unterstützt vom Oberbürgermeister, müssten deutlich machen, dass sie die Besetzung der Stadt durch Kapitalverwerter nicht mehr hinnehmen. Selbst falls rechtliche Möglichkeiten wie die Geltendmachung eines Vorkaufsrechts nicht greifen sollten, blieben genügend politische Instrumente übrig.

Denn es ist davon auszugehen, dass sich auch dieser Investor halbseidener Kapitalquellen bedient. Auf einem Areal, von dem bekannt würde, dass es auf entzogenen Steuern und Geldwäsche gründet, lässt sich unverdienter Reichtum nicht genießen. Solcher Genuss bedarf der Verschwiegenheit und der Anonymität. Darum kann Öffentlichkeit vor Ausbeutung und Missbrauch schützen. So könnte das vorrangig verantwortliche Dreigestirn - Peter Feldmann, Mike Josef und Ina Hartwig - während der nächsten Monate abwechselnd auf der Bühne des FAT dem geneigten Publikum aus den Steckbriefen der potentiellen Kapitalanleger vorlesen und anschließend bei Brot und Wein mit den Zuhörern über den richtigen Weg zu Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit diskutieren. Theater soll ja seinen Sitz mitten im tatsächlichen Leben einnehmen.

Außer im geplanten Neubau von Schauspiel und Oper. Aber das ist ein anderes, wenn auch sachverwandtes Kapitel.

Ebenso besteht ein Sachzusammenhang mit so grundsätzlichen ethischen Zielen wie Allgemeinwohl und Gemeinnutz. Obwohl sie sich aus dem Grundgesetz ergeben (Artikel 14, Absatz 2), tauchen sie überwiegend nur in unverbindlichen Sonntagsreden als nichtssagende Phrasen auf. Die Politiker, die sie gebrauchen, haben nicht die Absicht, an den Festen einer bewusst missverstandenen Staatsräson zu rütteln. Man ist in die herrschenden Verhältnisse verliebt und unternimmt alles, um diese nicht infrage zu stellen.

Dabei zeigt die längst überall wahrzunehmende Klimakrise die komplexen Hauptprobleme dieser Zeit an, welche in die unveräußerbaren Menschenrechte eingreifen. Diese existentiellen Fragen kumulieren im nicht nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen unserer Erde. Und sie zwingen zu einer völligen Neubewertung von Boden, Wasser, Luft und allem, was um uns herum ist. Ja, sie berühren auch jenen Grund und Boden, auf denen Wohnungen, Kulturstätten oder Gewerbebetriebe errichtet werden. Allenfalls kann man an den Gebäuden Eigentum erwerben. Der Boden aber gehört allen Menschen, von Generation zu Generation. Nur mit diesem radikalen Verständnis lässt sich die Geißel Gentrifizierung in all ihren Formen aus der Welt schaffen.

Foto:
Hausener „Brotfabrik
© K 21