Regionalpolitik auf Augenhöhe an Rhein und Main
Hartwig Sander und pia
Frankfurt am Main (Welexpresso) - Auf Einladung des Mainzer Oberbürgermeisters Michael Ebling war Oberbürgermeister Peter Feldmann zu Besuch in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt. Die Oberbürgermeister stellten Positionen für eine gemeinsame Regionalpolitik vor. Schwerpunktthema ist die Sitzung des Expertengremiums zum Thema „Fluglärmreduzierung“ im Mainzer Rathaus.
Daran nahmen neben Peter Feldmann und Michael Ebling auch Pfarrer Hubert Meisinger, Referent für Umweltfragen im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN Mainz, Thomas Münzel, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Universitätsmedizin Mainz sowie Ursula Fechter, Sprecherin der Bürgerinitiative Sachsenhausen, Helmut Mader, Sprecher der Bürgerinitiative In Eintracht gegen Fluglärm und der Sprecher der Mainzer Bürgerinitiativen, Jochen Schraut, teil.
Beide Oberbürgermeister hatten bereits vor einigen Monaten ihren gemeinsamen Willen deutlich gemacht, die Regionalpolitik im Rhein-Main-Gebiet zu reformieren. Frankfurt habe ebenso wie die benachbarten Landeshauptstädte Mainz und Wiesbaden die gleichen Sorgen mit Blick auf die kommunale Finanzlage und die damit verbundene Herausforderung, das soziale Netz und das kulturelle Angebot funktionsfähig zu halten. Über den gesunden Wettbewerb hinaus könne man gemeinsam von der Attraktivität dieses Lebensraumes und den Stärken des Wirtschaftsstandortes Rhein-Main profitieren.
Das wurde beispielsweise auch auf der Immobilienmesse Expo Real in München deutlich. Aber auch in der Sorge um den wachsenden Fluglärm, den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, den Ausbau des ÖPNV und in der Kultur besteht großes Interesse an mehr Gemeinsamkeit und stärkerer Zusammenarbeit als in den vergangenen Jahrzehnten.
Mehrfach trafen sich die beiden Oberbürgermeister zum Erfahrungsaustausch und zur Auslotung gemeinsamer Schwerpunktthemen.
Nun kam Feldmann nach Mainz, um sich gemeinsam mit Ebling im Kreis von Experten über Fortschritte bei der Reduzierung der Lärmbelastung durch den Flughafen zu informieren. Im gemeinsamen Kampf gegen die Fluglärmbelastung in der Region Rhein-Main knüpfen beide Oberbürgermeister an die bereits im April 2013 in Frankfurt postulierten Ziele an. Essentiell bleibe es, Strategien zur Lösung des Konfliktes zwischen dem Recht auf Lebensqualität und den Wachstumszielen der Privatwirtschaft zu finden. Künftig müssten sowohl die Realisierung von Baumaßnahmen als auch die Umsetzung neuer Flugrouten mit einer weit stärkeren Beteiligung der betroffenen Bürger im Umland erfolgen.
Auch die angestrebte Änderung des „Konsortialvertrages“ zwischen dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt sei ein gewichtiges Thema: „In der Frage einer Überarbeitung des Vertrages werden Nachbesserungen in den Themenfeldern Nachtflugverbot und Terminal 3 im Fokus stehen müssen“, so Feldmann und Ebling. Ein unverrückbarer Eckpfeiler bleibe zugleich die Forderung nach einem strikten Nachtflugverbot in der „gesetzlichen Nacht“ von 22 bis 6 Uhr: „Der Gesundheitsschutz muss in der Wertigkeit vor den Auslastungsinteressen des Flughafenbetreibers stehen. Hier muss die Priorität vom Kopf auf die Füße gestellt werden - Mensch vor Maschine!“ Generell gelte es zudem, alle erdenklichen Schritte zur Fluglärmreduzierung zu ergreifen: Passiver und aktiver Lärmschutz sowie leise Maschinen seien die Zeichen der Zukunft. „Wir bleiben gemeinsam beim Thema Fluglärm am Ball!“
Mainz und Frankfurt teilen mit anderen attraktiven Großstädten das Problem hoher Quadratmeterpreise und den entsprechend großen Bedarf an bezahlbarem, familienfreundlichem Wohnraum mit ausgewogener Sozialstruktur für Menschen mit niedrigem bis mittleren Einkommen, für Alleinerziehende, für Studierende oder auch für ältere Personen. Das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ ist daher ein Kernthema für beide Städte. In bestimmten Gebieten ist es aus Sicht beider Oberbürgermeister sinnvoll, bei Neubauprojekten einen bestimmten Anteil sozial geförderter Wohnungen vorzuschreiben, wenn dies wirtschaftlich darstellbar sei. Nicht zuletzt müsse man auch – soweit rechtlich möglich – gegen Leerstand vorgehen, denn Eigentum sei immer zugleich Verpflichtung, erinnerten Ebling und Feldmann. Nach wie vor gelte schließlich der Appell des Städtetages an private Finanzinvestoren, in Neubauten zu investieren, statt mit Altbauspekulation Immobilienpreise und Mieten in die Höhe zu treiben: „In einer eng zusammengewachsenen Region mit hoher Mobilität der Menschen ist jedes neue Wohngebiet eine handfeste Entlastung . Wir wollen unsere Projekte deshalb künftig besser im Regionalverband abstimmen und koordiniert vorgehen.“
Auch die regionale Kooperation der Kommunen soll neu aufgestellt werden. „Wer eine gemeinsame Identität und deren erfolgreiche Vermarktung will, muss klare Strukturen schaffen,“ bekräftigen Feldmann und Ebling. Aus beider Sicht bietet die FrankfurtRheinMain GmbH die geeignete Plattform, um den Regionalgedanken weiter zu stärken. Michael Ebling: „Ich werde den Gremien hier aufgrund der positiven Entwicklung der Beziehungen zu Frankfurt und Wiesbaden einen Beitritt der Stadt Mainz empfehlen.“ Erfahrene Standortexperten der Wirtschaftsförderungsgesellschaft beraten und unterstützen Unternehmen abgestimmt auf deren Branche und Nationalität. Sie knüpfen Kontakte zum gewünschten Standort, beraten umfassend zum Thema Firmengründung, stellen Kontakt zu interessanten Netzwerken her oder unterstützen bei der Suche nach geeigneten Büroräumen beziehungsweise einem passgenauen Firmengelände im Rhein-Main-Gebiet.
„Die aktuellen Überlegungen zur Bündelung der Kräfte werden aus Sicht beider Städte den Regionalgedanken stärken und uns damit nicht nur wirtschaftlich voran bringen“, betonen die beiden Oberbürgermeister. Darüber hinaus baue man auf die historische Verbindung der Main-Route von der Mündung in den Rhein bei Mainz über Frankfurt bis zur Johannisburg in Aschaffenburg als ehemaliger Nebenresidenz im „Oberstift“ des Mainzer Erzbischofs und Kurfürsten. Diese politische und kulturelle Verzahnung hatte über lange Zeit Bestand und wurde nun in einem ersten Gespräch zwischen dem Frankfurter und dem Aschaffenburger Oberbürgermeister aufgegriffen. Einzelheiten wolle man unter Einbeziehung der Kulturressorts beizeiten der Öffentlichkeit vorstellen.
KOMMENTAR: Das ist sicher eine sehr sinnvolle Kooperation, die auch die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden miteinschließen sollte. Was Mainz angeht, muß man aber äußerst kritisch anmerken, daß diese sich aus der Zusammenarbeit derkulturellen Zusammenarbeit verabschiedet haben, eine Maßnahme, die völlig unverständlich ist. Denn das, was hier von Mainz bis Aschaffenburg, von Nord nach Süd an Aktivitäten in Gang gesetzt wurde, hatte auch immer ein positives Licht auf Mainz geworfen. Mainz fehlt also jetzt, was sich sicher für Mainz negativer auswirkt, als für den Rest. Denn das Rhein-Main-Gebiet bleibt auch ohne Mainz attraktiv. Die Mainzer sollten sich das noch einmal gut überlegen.
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