Sprengmeister Eduard Reisch wird in Frankfurt den AfE-Turm zusammenfalten, Teil 2
Eike Holly und pia
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man kann solch eine Sprengung also rein unter sprengtechnischen Gesichtspunkten betrachten, für die bisherigen Benutzer allerdings sind damit Gefühle verbunden. Da nun aber das Gebäude schon lange lange leer stand, halten sich diese in Grenzen. Und Nachbarn? Die gewinnen alle Platz!
Höhepunkt einer Sprengmeister-Karriere
Eduard Reisch, 53 Jahre alt, ist ein unaufgeregt wirkender Mann mit hoher Stirn und lebhaften Augen. Daß die Sprengung des AfE-Turmes ein Höhepunkt in seiner bisherigen Karriere sein wird, mag er nicht bestreiten. Er hat schon höhere Bauwerke dem Erdboden gleich gemacht, etwa den 150 Meter hohen Schornstein aus Stahlbeton der Zuckerfabrik in Regensburg. Der aber war nicht so kompakt wie der AfE-Turm und die Bebauung nicht so nahe. Reisch hat auch schon Bauwerke inmitten eng bebauter Gebiete platt gemacht, etwa ein Firmengebäude in München, direkt am Mittleren Ring gelegen. Mit 52 Metern Höhe und 14 Stockwerken war das aber, gemessen am AfE-Turm, eher mickrig.
Nun also das ganze Programm für den Sprengmeister: hohes, kompaktes Objekt in enger Bebauung. Wie er es zu Fall bringen wird, erklärt Eduard Reisch mit der Leidenschaft eines Dirigenten, der vor der Aufführung einer großen Symphonie steht. Zunächst müssten die Stützen des Turms bei der ersten Sprengung vertikal kollabieren, dann werde der Kern mittels zweiter Sprengung „gefaltet“. Als Folge werde der Turm vertikal in sich zusammenfallen. Genauer gesagt: in ein 50 mal 70 Meter großes so genanntes Fallbett, das bereits vorbereitet sei.
Fast fertig sei man auch mit der Bohrung der über 1.100 Löcher, in die Sprengstoff in unterschiedlicher Dosierung gefüllt werde. Insgesamt 950 Kilogramm eines gelartigen, hochbrisanten Sprengstoffes will Eduard Reisch eigenen Angaben zufolge einsetzen. Zünden wird er diesen von einem eigens zu diesem Zweck errichteten Podest auf dem Dach des Marriott Hotels aus. Bevor er die zwei Funkfernzündungen auslöst, wird Eduard Reisch die genau festgelegte Reihe der Warnsignale abwarten. Nach einem langgezogenen Ton, erklärt er das festgelegte Procedere, würden zwei kurze Töne zu hören sein. „Dann gibt es eine Systemprüfung, die durchaus ein paar Minuten dauern kann.“ Dann erst schalte er die Anlage scharf. Es folgt der Countdown, angekündigt von zwei weiteren kurzen Tönen. Ist er heruntergezählt, betätigt Reisch bei Null die erste Funkfernzündung, Sekunden später die zweite.
In ein paar Sekunden fällt alles zusammen
Innerhalb weniger Augenblicke soll der Turm buchstäblich in sich zusammenfallen. Reisch: „Die Sprengung dauert etwa zehn Sekunden. Dann gibt’s eine ordentliche Staubwolke. Und dann wird aufgeräumt.“ Übrig bleiben werden rund 50.000 Tonnen Betonschutt. Dass Zehntausende von Zuschauern zum großen Sprengspektakel erwartet werden, dass ihm gewissermaßen ganz Frankfurt auf die Finger schaut, scheint Eduard Reisch nicht besonders zu beeindrucken. Er gibt sich gelassen. Dass der Sprengauftrag, den ihm die ABG Frankfurt Holding als Eigentümerin des Grundstücks an der Robert-Mayer-Straße erteilt hat, womöglich doch aufregender ist als das für ihn übliche Geschäft der Brücken- und Gebäudesprengungen, mag man einer Randbemerkung des Bayern entnehmen. „Es gibt schon einen gewissen sozialen Stress“, sagt er. Was wohl heißen mag: Eine Spur Nervosität ist mit im Spiel.