Sprengmeister Eduard Reisch wird in Frankfurt den AfE-Turm zusammenfalten, Teil 1



Eike Holly und pia

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Vor Eduard Reisch liegt die bislang größte Herausforderung seiner Laufbahn als Sprengmeister. Seit 18 Jahren legt der drahtige Mann aus Apfeldorf in Oberbayern flach, was anderen im Wege steht. Mit einem Schlag meist. Beim AfE-Turm auf dem Campus Bockenheim wird es zwei Schläge geben, weil zwei Sprengungen nötig sind, um das kompakte Bauwerk „kontrolliert zu Boden zu bringen“, wie Reisch es nennt.



Mit seinen 116 Metern ist der Uni-Turm das höchste Gebäude, das bisher gesprengt wurde. „Europaweit“, wie Reisch knapp anmerkt. „Es gibt zwei Mal einen Knall, im Abstand von dreieinhalb Sekunden“, erläutert er, was die Frankfurter am Sonntag, 2. Februar, Punkt 10 Uhr erwartet, wenn alles planmäßig läuft. Daß sehr viele zusehen werden und viele in Gedanken dabei sind, hat mit der Funkion dieses Universitätsgebäudes zu tun, das schon zu seinen Lebzeiten für die guten und die schlechten Gefühle sorgte. AfE ist das Kürzel für ABTEILUNG FÜR ERZIEHUNG, was eine spätere Folge der Eingliederung der sogenannten 'niederen' Lehrämter in die Universität. Ursprünglich waren diese an Pädagogischen Instituten ausgebildet worden, in Hessen schon 1961 an die damalige HfE, Hochschule für Erziehung an der Frankfurter Universität – im roten Fabrikgebäude hinter der heutige Universitätsbibliothek - als akademische Ausbildung verlagert worden.

Der Turm allerdings umfaßte noch sehr viel mehr, vor allem Geisteswissenschaften. Das war alles das Positive. Das Negative waren die Fahrstühle, die fast immer besetzt waren, wenn man hochfahren wollte und einige Male sogar ganz ausfielen, so daß man bis zu 33 Stockwerken unterwegs war und nicht nur zu seinem Seminar zu spät kam, sondern durchgeschwitzt bis zum geht nicht mehr. Jetzt muß der Turm weg. Er steht im Weg und hat auch Baumängel. Die Universität verlagert sich hin zum CAMPUS WESTEND, wie heute das Gelände um das ehemalige IG-Farben Haus, neuer Sitze der Universität, heißt. Jetzt aber geht es um die Sprengung.



Mit höchster Wahrscheinlichkeit geht alles glatt

Daß etwas nicht nach Plan, daß etwas schief gehen könnte mit dem Vorhaben, das vierzig Jahre alte Gebäude an der Robert-Mayer-Straße zu sprengen, anstatt, wie ursprünglich geplant, im zeitaufwändigen wie lärmintensiven Verfahren die 33 oberirdischen und zwei unterirdischen Stockwerke einzeln abzutragen, das schließt der Sprengmeister aus. „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ gehe alles glatt.

Eduard Reisch sitzt im fünften Stockwerk des Marriott Hotels an der Messe und schaut aus dem Fenster. Schaut in den Nieselregen eines trüben Frankfurter Wintertages und auf den inzwischen komplett entkernten Turm, durch dessen leere Fensteröffnungen der Wind pfeift. Dieses Skelett von einem Bauwerk soll Reisch in gut zwei Wochen dem Erdboden gleich machen. „Das Gebäude schaut von unten recht massiv aus und von oben sieht man, wie eng die Bebauung ist“, umreißt er mit bayerischem Zungenschlag die auf ihn wartenden Schwierigkeiten. In unmittelbarer Nähe des Turmskeletts befinden sich Wohngebäude, außerdem Sternwarte und Senckenberg-Museum, das Rechenzentrum der Universität und Labore. Oberirdisch. Unterirdisch verlaufen U-Bahn-Tunnel, Gas-, Wasserversorgungs-und Telekommunikationsleitungen. „Schützenswerte Medien“ nennt sie der Sprengmeister. Fortsetzung folgt.