Baden unter Palmen - Ausstellung und Begleitprogramm im Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt
Eric Fischling und pia
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „Erstmals wird die lange Tradition des Badewesens und der Badekultur in Frankfurt umfassend und mit wissenschaftlichem Anspruch dargestellt“, unterstrich Kulturdezernent Felix Semmelroth am Montag, 31. März bei der Vorstellung der kulturhistorischen Ausstellung „Baden unter Palmen. Vom ‚Wasserturnen‘ zum Aquajogging“.
Die Ausstellung ist vom 1. April bis 28. September im Institut für Stadtgeschichte zu sehen. „Es freut mich besonders, dass wir wieder eine fruchtbare innerstädtische Kooperation realisieren und das Amt für Gesundheit sowie die BäderBetriebe Frankfurt GmbH als Partner für dieses Projekt gewinnen konnten“, hob Evelyn Brockhoff, leitende Direktorin des Instituts für Stadtgeschichte, hervor.
Frankfurts Bäderhistorie reicht bis ins römische Nida zurück, das mit den Ost- und den Westthermen gleich über zwei imposante öffentliche Badetempel und wohl das erste „Wellnesshotel“ der Region verfügte. Gegen die ausgeklügelte Heiz- und Wassertechnik sowie die künstlerische Ausgestaltung römischer Thermen muten die mittelalterlichen Badestuben, 15 lassen sich für Frankfurt eindeutig belegen, technologisch wie architektonisch primitiv an. Aber sowohl in der Antike als auch im Mittelalter dienten die Bäder als wichtige gesellschaftliche Treffpunkte, in denen Frauen und Männer – teilweise gemeinsam – Stunden verbrachten. Als Vergnügungs- und Entspannungsort ging ihre Funktion weit über die Körperreinigung hinaus. Ab dem 16. Jahrhundert ließen die Angst vor der Syphilis, rigidere Moralvorstellungen und hohe Brennstoffpreise die fröhliche Bäderkultur untergehen. Die Körperreinigung verschwand in den privaten Bereich, sofern sie überhaupt erfolgte. Für Wohlhabende kam die Badereise in Mode.
„Besonders interessant erscheint mir, dass sich seit 1800 angeregt durch neue medizinische Erkenntnisse Ärzte an der Neugründung öffentlicher Badeeinrichtungen beteiligten und nicht nur das seit dem Mittelalter in Vergessenheit geratene Schwitzbad wieder in Frankfurt einführten, sondern offensiv für die Gesundheitspflege propagierten“, sagte René Gottschalk, Leiter des Amtes für Gesundheit. Im 19., besonders aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelten sich die Ufer von Main und Nidda zu Frankfurts „Badedorado“ mit vielen bekannten Schwimmstätten wie Mosler, Schecker, Molenkopf oder Dannhof. Während sich private Unternehmer überwiegend dem Betrieb der Flussbäder widmeten, reagierte die Stadt mit einem umfangreichen Bauprogramm von Brause- und Wannenbädern in den Stadtteilen. Angestoßen von einer Stiftung eröffnete das erste städtische Hallenbad 1896.
Nach dem Ersten Weltkrieg entfielen die bis dahin strikt verfolgte Geschlechtertrennung sowie die Aufteilung in Klassen. Als erstes beheiztes Freibad eröffnete die Stadt 1925 das wettkampfgerechte Stadionbad. Nun stand klar der Sport im Zentrum des Badens. Zum sozialutopischen Bauprogramm von Stadtbaurat Ernst May in den 1920er Jahren zählten wegweisende Hallenbäder. Allerdings konnte nur das Gartenbad Fechenheim realisiert werden.
Negativ tat sich die Stadt in der NS-Zeit hervor: Früher als andere Kommunen verbot sie Juden den Besuch der Bäder mit Ausnahme des Strandbades Niederrad, das sie der Jüdischen Gemeinde bis 1938 verpachtete. Danach blieb Juden nicht einmal diese Badestelle, da sie fortan als SA-Bad diente. Der Zweite Weltkrieg setzte auch im Badewesen eine radikale Zäsur. Neben der Zerstörung vieler Badeeinrichtungen gab es nach 1945 keine Rückkehr zu den zahlreichen privaten Flussbädern: Umweltverschmutzung, veränderte hygienische Anforderungen und zunehmender Schiffsverkehr verhinderten dies. Die Stadt übernahm nun mit einem umfangreichen, auf Jahrzehnte angelegten Bauprogramm die Verantwortung für eine stadtteilnahe Versorgung mit Frei- und Hallenbädern, die teilweise auch architektonisch stadtbildprägend wirkten.
Auf ein verändertes Freizeitverhalten und die nahezu flächendeckende Ausstattung der Wohnungen mit Bädern reagierte Frankfurt ab Anfang der 1980er Jahre mit Erlebnisbädern. In den 1990er Jahren gerieten die kommunalen, vielfach sanierungsbedürftigen Bäder in eine tiefe Krise. Die Stadt privatisierte zwar trotz vehementer Bürgerproteste das Stadtbad Mitte und schloss das Tillybad, übernahm aber das Farbwerksbad (heute Silobad) und konnte die drohende Schließung weiterer Bäder abwenden. Um den Kommunalhaushalt langfristig von den Defiziten der Bäder zu entlasten und den Bestand zu sichern, überführte Frankfurt seine Schwimmstätten 2003 in die städtische BäderBetriebe Frankfurt GmbH (BBF). Parallel dazu ist in Fitnessclubs und Wellnessoasen inzwischen wieder ein beachtliches Angebot privat geführter Schwimmstätten entstanden, die allein den Gesetzen des Marktes unterliegen.
„Die Ausstellung veranschaulicht, welchen Stellenwert unterschiedliche Epochen Hygiene, Erholung, Geselligkeit und sozialer Integration einräumten und welche ästhetischen oder technischen Lösungen sie dafür fanden“, so die Kuratorin Jutta Zwilling. Die Frankfurter Historikerin hat nicht nur unbekannte Schätze aus den Beständen des Instituts für Stadtgeschichte zusammengetragen, sondern sie mit noch nie gezeigten Relikten der antiken Thermen, historischer Bademode, Filmdokumenten aus den vergangenen neun Jahrzehnten und privaten Leihgaben anschaulich ergänzt. In zwei historischen Karten der Flussläufe sind Abbildungen der Bäder entlang des Mains und der Nidda aufgereiht.
INFO:
Ein Begleitprogramm vertieft Einzelaspekte der Ausstellung. Am Montag, 25. Mai, 18 Uhr, referiert Ursel Heudorf über „Gesundes Schwimmvergnügen. Hygiene des Badewassers gestern und heute“. „Baden unter Palmen. Frankfurts Flussbäder 1800 bis 1950“ lautet der Titel des Vortrags von Volker Rödel am 23. Juni um 18 Uhr, der auch das im Institut für 14,95 Euro erhältliche Buch „Baden unter Palmen. Flußbäder in Frankfurt am Main“ verfasst hat. „Gerne ermöglicht die BBF am 23. April und 24. September jeweils um 18 Uhr bei geführten Rundgängen einen Blick in die Technik des Riedbades (kombiniertes Frei- und Hallenbad), Fritz-Schubert-Ring 2“, sagte Frank Müller, Geschäftsführer der BBF. Die Teilnahme ist kostenfrei.
Bei der Nacht der Museen am 10. Mai stehen die Konzerte des Ensembles I Ciarlatani um 19, 21, 23 und 1 Uhr im Institut für Stadtgeschichte unter dem Titel „Baden ist ein sauber Spiel – dass ich auch immer preisen will“ ganz im Zeichen mittelalterlicher Badefreuden. Öffentliche Kuratorenführungen stehen am 2. April, 4. Juni und 24. September um 16 Uhr sowie zur Nacht der Museen um 24 Uhr auf dem Programm. Das Ticket zur Nacht der Museen kostet 12 Euro, mit Museumsufercard ist der Eintritt frei. Gruppenführungen sind mit Anmeldung unter Telefon 069-212 31417 oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! möglich. Am 7. Mai, 18. und 25. Juni können sich Interessierte bei einem Stadtgang mit der Ausstellungskuratorin die Spuren des Badewesens in Frankfurt erkunden. Die Teilnahme an Führungen und Stadtgängen kostet 5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro. Der Eintritt in die Ausstellung ist frei.
http://www.stadtgeschichte-ffm.de .