in den Ruhestand verabschiedet
Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wenn man daran denkt, mit welchen Aufregungen in den Siebziger/Achtziger Jahren die Ausstellungen im Historischen Museum der Stadt begleitet wurden und wütende Statsments vor allem von der CDU - heute wäre es die AfD - über der Stadt schwebten, so kann man heute für's Historische Museum konstatieren: die Ausstellungen sind nach wie vor gut, ja sehr gut, aber der Rahmen ist ein anderer. Das gilt ja sogar für den gesamten Neubau, der den vorherigen Betonklotz ersetzte. Baulich gelungen. Das alles geschah unter der Regie von Jan Gerchow, der damals aus Essen geholt wurde.
Mit einem Festakt im Historischen Museum Frankfurt am Freitag, verabschiedet Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig nun den langjährigen Leiter des Historischen Museums Frankfurt, Jan Gerchow, in den Ruhestand. Er leitete das Haus seit 2005 und ist damit der dienstälteste Direktor des Museumsufers. „Jan Gerchow hat das Historische Museum in den fast zwanzig Jahren seiner Tätigkeit nachhaltig verändert und zu einem bundesweit und darüber hinaus beachteten Stadtmuseum entwickelt“, sagt Hartwig und führt weiter aus: „Nicht nur der Neubau fiel in seine Amtszeit, auch die Etablierung des innovativen Stadtlabors und damit die Weiterentwicklung zu einem partizipativen Geschichtsmuseum. Zahlreiche bedeutende Sonderausstellungen wie ,Die 68er – Kurzer Sommer, lange Wirkung‘ im Jahr 2008, ,Damenwahl – 100 Jahre Frauenwahlrecht‘ in 2018 oder zuletzt ,Frankfurt und der NS‘ trafen auf große Resonanz und begründen den glänzenden Ruf des Hauses in der deutschen Museumslandschaft.“
Jan Gerchow wurde in Braunschweig geboren, studierte Geschichte, Germanistik und Philosophie in Freiburg und Durham (England) und promovierte 1984 zum Thema „Die Gedenküberlieferung der Angelsachsen“. Nach wissenschaftlichen Tätigkeiten als Assistent in Freiburg und Referent am Max Planck Institut für Geschichte in Göttingen wirkte Gerchow ab 1993 am RuhrMuseum in Essen. In Frankfurt betreute Gerchow den Neubau des Historischen Museums am Römerberg sowie den Umbau des Leinwandhauses (Caricatura) und des historischen Saalbaus, der heute den Sonnemannsaal beherbergt. Die Baumaßnahmen wurden 2017 abgeschlossen und das neue Historische Museum eröffnet. Jan Gerchow wertete in seiner Amtszeit das Junge Museum, das vormals an der Hauptwache gelegen war, zu einem elementaren Bestandteil seines Hauses auf, das sich heute als Familienmuseum versteht. Mit dem 2010 begründeten innovativen Format „Stadtlabor“ besteht die Möglichkeit für die Stadtgesellschaft, das Programm des Museums selbst zu gestalten und sich über die Gegenwart und Zukunft ihrer Stadt zu verständigen. Gerchow arbeitete darüber hinaus intensiv mit anderen Museen und Partnern in Frankfurt und Offenbach zusammen und stieß Kooperationen an, die er zum großen Teil auch selbst koordinierte. Für das Haus und seine Arbeit erhielt Gerchow zahlreiche Auszeichnungen, wie den KAIROS-Preis 2018, den Hessischen Staatspreis für Universelles Design 2019 (für die Inklusionsmaßnahmen) oder den Preis der Stiftung Lebendige Stadt für das Beste Heimatmuseum 2020.
Künftig wird das Haus kommissarisch von der langjährigen Leiterin des Jungen Museums, Susanne Gesser, geleitet. Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Hartwig sagt: „Die Nachfolge von Jan Gerchow werden wir beizeiten bekannt geben. Ich bin Susanne Gesser für ihre Bereitschaft, das Haus in der Übergangszeit zu leiten, sehr dankbar.“
Das Historische Museum ist das älteste Frankfurter Museum und versteht sich heute als ein Ort des Wissens sowie der kritischen Information, Reflexion und Diskussion über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft Frankfurts; als Geschichtsmuseum verbindet es Stadtthemen mit der allgemeinen Gesellschaftsgeschichte. Hierbei spielen Multiperspektivität und Diversität eine zentrale Rolle, die Vielfalt der Stadtgesellschaft spiegelt sich in Sammlung, Ausstellung und Vermittlung wider.
Fotos:
Jan Gerchow beim Museumsgeburtstag des Historischen Museums Frankfurt
©Historisches Museums Frankfurt
Jan Gerchow vor der Schneekugel, einer der zentralen Attraktionen des Museums,
©Historisches Museums Frankfurt, Uwe Dettmar