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Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „In der Tat war es auf diesen Märschen wahrscheinlicher zu sterben als zu überleben." Das Zitat stammt von einem der Überlebenden des Todesmarsches aus dem KZ „Katzbach“ Andrzej Korczak-Branecki. Zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung in Frankfurt war er gerade 14 Jahre alt und damit der jüngste der insgesamt 1616 Häftlinge in dem Lager.
Von August 1944 bis März 1945 bestand in den Frankfurter Adlerwerken das KZ-Außenlager unter dem Decknamen „Katzbach“. Menschen aus elf Nationen, vorwiegend aus Polen, mussten hier unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit für die nationalsozialistische Rüstungsproduktion leisten. „Frankfurt war der schlimmste Ort, an dem ich in meinem ganzen Leben gewesen war“, erinnerte sich Korczak-Branecki noch Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Am Abend des 24. März, einen Tag nach der Überquerung des Rheins durch die alliierten Truppen, wurden die letzten im KZ verbliebenen der etwa 360 Häftlinge von SS-Männern zu Fuß in Richtung Fulda getrieben. Damit wurde das KZ „Katzbach“ aufgelöst. Am 29. März 1945 war der Zweite Weltkrieg für Frankfurt vorbei – über einen Monat vor der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Regimes.
Zentrale Gedenkveranstaltung in der Paulskirche am 24. März
Zur zentralen Gedenkveranstaltung lädt die Stadt Frankfurt am Montag, 24. März, in die Paulskirche ein. Einige Nachfahren der Opfer haben ihre Teilnahme zugesagt und zwei von ihnen werden zu den Gästen sprechen: Jenni Hauwert-Swistak, die Tochter des Überlebenden Zygmunt Świstak, und Zbigniew Branecki, der Sohn des Überlebenden Andrzej Korczak-Branecki.
Kommunenübergreifendes Veranstaltungsprogramm startet Anfang März
Zum 80. Jahrestag des Todesmarsches und damit der Auflösung des KZ in den Adlerwerken startet Anfang März ein kommunenübergreifendes Veranstaltungsprogramm zum Gedenken an die Opfer und zum Erinnern an die Verbrechen. Auf gemeinsame Initiative der Dezernentin für Kultur und Wissenschaft Ina Hartwig und des Geschichtsortes Adlerwerke haben sich zahlreiche Kommunen und Initiativen zusammengeschlossen und ein vielfältiges Programm entlang der einstigen Todesmarschroute auf die Beine gestellt.
Über Aktionen, Ausstellungen, Führungen, Gedenkveranstaltungen, Gottesdienste, Konzerte, Lesungen, Performances und Vorträge informiert ein Flyer und die eigens für das Projekt eingerichtete Website todesmarsch-frankfurt-huenfeld.de.
„Auch durch Hessen zogen zahlreiche Märsche und Transporte von Häftlingen in den letzten Monaten und Wochen des Krieges. Das Schicksal der Menschen hing oft auch vom Verhalten der Anwohnerinnen und Anwohner in den Ortschaften ab, durch die der Marsch ging. Sie waren mehrfach Zeugen unmenschlicher Verbrechen an schutzlosen Menschen. Deswegen freuen wir uns sehr über die rege Beteiligung an unserem Kooperationsprojekt, das das Gedenken an diese Ereignisse in die Orte der einstigen Todesmarschroute aus dem KZ ,Katzbach‘ bringt und hoffentlich dort auch verankert. Wir sind verantwortlich für unsere Geschichte und für das Gedenken an die Opfer“, sagt die Kulturdezernentin und Initiatorin Ina Hartwig.
Programm beginnt in Frankfurt und endet in Hünfeld
Das Programm startet in Frankfurt. Den Auftakt bildet eine Veranstaltung im Club Voltaire am Sonntag, 2. März, in der es um die Erinnerungen des Überlebenden Janusz Garlicki an seine Frankfurter Zeit gehen wird.
Bevor die verbliebenen Häftlinge auf den Todesmarsch geschickt wurden, wurden Adam Golub und Georgij Lebedenko im Gallusviertel ermordet und es gab einen ersten Räumungstransport ins KZ Bergen-Belsen. An diese Ereignisse erinnern eine Veranstaltung am Freitag, 14. März, auf dem Golub-Lebedenko-Platz und am Montag, 17. März, im Gallus Theater.
Am Samstag, 1. März, findet auf dem Frankfurter Hauptfriedhof die Einweihung einer Gedenkstele statt, welche die Namen der dort im Gemeinschaftsgrab beigesetzten 527 Opfer nun vollständig vor Ort sichtbar machen wird.
Um die Erinnerungen der Überlebenden wird es gleich an mehreren Orten gehen, so in Frankfurt am Dienstag, 18. März, in der Romanfabrik in der Lesung „Die letzten Zeugen“, in Maintal am Dienstag, 25. März, und in Fulda am Donnerstag, 27. März, jeweils in unterschiedlich gelagerten Vorträgen zum Buch von Janusz Garlicki „Von der Wahrscheinlichkeit zu überleben“ und in Fulda am Samstag, 29. März, im Vortrag zum Schicksal eines lange als „Unbekannt“ geltenden Opfers Władysław Żukowski.
Über die Verarbeitung der Erinnerungen und der Traumata in der zweiten Generation wird die Australierin Jenni Hauwert-Swistak, deren Vater, Onkel und Großvater im KZ „Katzbach“ waren, am Mittwoch, 26. März, im Geschichtsort Adlerwerke berichten.
Weitere Veranstaltungen in unterschiedlichen Formaten finden zum Teil bis Anfang April auch in Gelnhausen (Wanderausstellung #Stolen Memory) und Schlüchtern (Vortrag „Der Todesmarsch und die Gräber seiner Toten“) statt. Am Sonntag, 30. März, zieht die kollektive Performance der Künstlerin Ulrike Streck-Plath zum Gedenken an den Todesmarsch durch Wächtersbach-Aufenau. Am gleichen Tag lädt der antifaschistische Motorradclub „Kuhle Wampe Frankfurt am Main“ zu einer Gedenkfahrt entlang der Todesmarschroute ein.
Foto:
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Info:
Fotos und Biographien zum Download: museumsufer.ebox21.de/public/download-shares/DY4k99zcwaK1Urt80CKsp2r0x5p02Vho.