Serie, Teil 13, WOANDERS GELESEN, hier Hessische Lehrerzeitung (HLZ) 7/8 2014: LERNORT MUSEUM

Regina Gabriel und Claudia Schaaf

Hadamar/Hessen (Weltexpresso) - Die Gedenkstätte Hadamar erinnert seit nunmehr 30 Jahren an die NS-Euthanasie-Morde in der Landesheilanstalt Hadamar in der Zeit von 1941 bis 1945. In jener Zeit sind dort etwa 15.000 Männer, Frauen und Kinder ermordet worden.



Hintergrund war die damals weit verbreitete Einstellung, psychisch Kranke und geistig behinderte Menschen hätten weniger oder keinen Anspruch auf das Leben.



Im Oktober 1939 hatte Adolf Hitler den Befehl zum Mord an diesen Menschen gegeben. Im Rahmen der NS-Euthanasie-Verbrechen wurden insgesamt etwa 200.000 Menschen getötet, die als sogenanntes „lebensunwertes“ Leben galten. In der „ersten Mordphase“ vom Januar bis August 1941 wurden über 10.000 Menschen in der Tötungsanstalt Hadamar vergast und anschließend im Krematoriumsraum eingeäschert.



Nach Abbruch der Gasmorde begann 1942 die „zweite Mordphase“. Dieser Phase, die bis Kriegsende andauerte, fielen etwa 4.500 Menschen zum Opfer. Die Patientinnen und Patienten starben durch Überdosierungen von Medikamenten, Hungerkost oder unterlassene Hilfeleistung. Unter den Opfern der „zweiten Mordphase“ befanden sich auch tuberkulöse Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, „halbjüdische“ Kinder, durch den Bombenkrieg traumatisierte Menschen sowie psychisch kranke Wehrmachts- und SS-Angehörige. Die Leichen wurden in Massengräbern auf dem Anstaltsfriedhof verscharrt. Um die Verbrechen zu verschleiern, wurden die Massengräber als Einzelgräber getarnt. Am 26. März 1945 befreiten Soldaten der US-Streitkräfte die Mordanstalt.



Nachdem das Gebäude der Tötungsanstalt zunächst wieder als Teil der psychiatrischen Klinik Hadamar genutzt worden war, wurde in einem Gebäudetrakt 1983 die Gedenkstätte Hadamar als erste „Euthanasie“-Gedenkstätte eröffnet. Sie befindet sich in der Trägerschaft des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Neben den historischen Kellerräumen mit der ehemaligen Gaskammer sowie dem Krematoriumsraum ist die frühere Busgarage erhalten und begehbar. Darüber hinaus informiert eine Ausstellung über die Geschichte und den historischen Ort. Auch der ehemalige Anstaltsfriedhof, der 1964 zu einer Gedenklandschaft umgestaltet wurde, kann besichtigt werden.



Das pädagogische Angebot der Gedenkstätte

Das pädagogische Angebot der Gedenkstätte Hadamar spiegelt das Selbstverständnis als Ort der historisch-politischen Bildungsarbeit wider. Seit 1989 werden regelmäßig begleitete Rundgänge über einen Zeitraum von drei Stunden sowie Studientage, die zwischen fünf und sechs Stunden dauern, angeboten. Mehrtägige Projekttage, kulturelle und fachwissenschaftliche Veranstaltungen oder Sonderausstellungen gehören ebenfalls zum Angebot der Gedenkstätte.



Eine besondere Zielgruppe sind Kinder ab neun oder zehn Jahren, für die ein eigenes Konzept entwickelt wurde. Theaterpädagogische Zugänge und kreative Arbeitsweisen bilden den Mittelpunkt der pädagogischen Auseinandersetzung mit dem Thema NS-Euthanasie-Verbrechen.



Neben der Vermittlung von historischen Fakten steht im Zentrum immer auch das Bemühen, sich der Opfergruppe geistig behinderter oder psychisch kranker Menschen empathisch anzunähern, ohne die Besucherinnen und Besucher emotional zu überwältigen. Der Gegenwartsbezug fehlt in keinem der Angebote. Die Gruppen werden schwerpunktmäßig von ausgewählten freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut. Diese werden intensiv auf die Arbeit mit Gruppen vorbereitet. Das bedeutet, dass sie nicht nur inhaltlich angeleitet werden, sondern auch methodisch-didaktisch, um entsprechend die Rundgänge zu gestalten. Gruppenbesuche müssen unter allen Umständen angemeldet werden.

Foto: Gedenkstätte Hadamar. Theaterperformance im Rahmen der gedenkstättenpädagogischen Arbeit in Hadamar



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Hinweis auf Literatur:

Uta George, Georg Lilienthal, Volker Roelcke, Peter Sandner und Christina Vanja (Hg.): Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum. Historische Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Quellen und Studien Band 12. Marburg 2006.

Regine Gabriel: Theaterpädagogisches und gestalterisches Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen in der Gedenkstätte Hadamar. In: Handbuch Nationalsozialismus und Holocaust. Historisch-politisches Lernen in der Schule, außerschulischer Bildung und Lehrerbildung. Schwalbach/Ts. 2013, S. 399-410.



Öffnungszeiten Gedenkstätte Hadamar (Mönchberg 8, 65589 Hadamar)

dienstags bis donnerstags 9 bis 16 Uhr

freitags 9 bis 13 Uhr 

An jedem 1. und 3. Sonntag des Monats um 14.30 Uhr öffentliche Führung



Weitere Informationen

Tel. 06433-917-172, Fax: -175

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www.gedenkstaette-hadamar.de