Spritzig läßt Eintracht Frankfurt mit 3:1 TSG 1899 Hoffenheim noch gut bei wegkommen
Claudia Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Im Ernst. Man traute seinen Augen nicht. Eine Eintracht in Bestform und zwar der Form, zu der sie in Sternstunden geeignet ist: ein schneller und präziser Kombinationsfußball, spielerisch, fast ein wenig verspielt, was kein Fehler war, weil es gut ging. Nur Tore, die waren mit den 3 erfolgreichen angesichts der Chancen immer noch zu wenig.
Nun gut, man könnte statt der hervorragenden Mannschaftsleistung der Frankfurter natürlich auch sagen können, aua, die aus Hoffenheim haben aber weder Elan noch einen Siegeswunsch mitgebracht. Merkwürdig farblos und gefahrlos blieben an diesem Samstagnachmittag die Gäste aus dem Süden. Deshalb ist es richtig schwer zu unterscheiden, ob die Eintracht Fahrt aufnahm, weil die Hoffenheimer es zuließen, oder ob diese gleich klein beigaben und es gar nicht richtig versuchten.
Wir plädieren für Ersteres, denn von Beginn an war der Drang zum gegnerischen Tor für die Eintracht vorhanden. Und doch kam es zum ersten Treffer erst in der 18. Minute. Bastian Oczipka, der auch danach stark spielte, beförderte seinen Freistoß so elegant und zielgenau ins Tor, daß er sich selbst mitwunderte, wie ihm sein erstes Bundesligator gelungen war. Auf der Gegenseite kam es erst in der Hälfte der ersten Halbzeit überhaupt dazu, daß Eintrachttormann Kevon Trapp gefordert war, als er sich seinem Vornamensvetter Kevin Volland in dessen Schuß warf.
Im Neunertakt ging es in der 27. Minute mit Haris Seferociv weiter. Diesem, der als schußgewaltiger Stürmer angefangen hatte, war lange nichts gelungen und nun endlich wieder ein Tor und auch dieses eine technische Meisterleistung, weil er mit dem Außenrist zum 2: 0 einschoß. Übrigens hatte Mark Stendera die Vorlage geliefert, der ebenfalls unentwegt fleißig nach Möglichkeiten suchte, den Ball vor's Tor zu bringen, damit andere ihn hineinknallen.
Diesmal brauchte die Eintracht nur sieben Minute, bis es 3:0 stand. Und ausgerechnet der Rechtsverteidiger Timothy Chandler konnte mit der Vorlage von Bastian Oczipka viel anfangen und hielt den Kopf so richtig, daß der Ball ins Tor sprang, übrigens auch er einer, der in diesem Spiel sein erstes Bundesligator erzielte. Tja, und dann bekam die Mannschaft wohl Angst vor der eigenen Courage. Denn sie spielte weiterhin eine hervorragende erste Halbzeit, bekam aber kein Tor mehr hin.
Das gilt abgeschwächt auch für die zweite. Abgeschwächt für die spielerische Form, die nun nachließ, weshalb auch in der 51. Minute der Treffer von K. Volland fiel, von dem man den Eindruck hatte, Kevin Trapp hätte ihn auch halten können. Aber es ging alles sehr schnell und die Hälfte war schon mit der Überraschung gewonnen, daß ein Hoffenheimer ernsthaft ein Tor wollte. Das gab den Gästen aber keinen Auftrieb, denn das kennt man ja von anderen Spielen, daß als sicher geglaubte Siege mit mehreren Toren durch ein Gegentor ins Wackeln kommen, weil der Gegner Land sieht und einen Torwirbel veranstaltet, der das Ergebnis umdreht. Immer wieder gelang der Eintracht so etwas. Die war nun froh, daß aus dem Hoffenheimer Zufallstreffer kein Scharmützel wurde.
So war der Eindruck beim Zuschauen. Interessant ist immer hinterher die Statistiken anzuschauen, die die Aktionen der Fußballer in Zahlen festhalten. Da waren es nur 13 Torschüsse der Eintracht, sechs allein von Haris Seferovic!, die in anderen Spielen auch 20 versucht. Im Gegensatz zu sonst, war deshalb die Torausbeute bei 13 Versuchen mit drei Toren sehr gut für die Eintracht – im Gegensatz zu den 8 Torschüssen der Hoffenheimer, von denen einer ins Ziel führte. Und man wundert sich auch, daß bei den Ballaktionen die 55 Prozent auf Seiten der Hoffenheimer lagen, dagegen aber in der Zweikampfquote die Eintracht mit 52 Prozent vorneliegt. Und dabei war mit 80 Prozent Constant Djakpa der erfolgreichste, was ja bedeutet, daß er in vier von fünf Fällen der war, der den Ball behielt.
Übrigens: Damit ist die Eintracht aus dem Schneider, denn die meisten der Spiele der Rückrunde hatte sie verloren, weshalb auf einmal die längst ausgestandene Furcht vor dem Abstieg kurz wieder aufflackerte. Man darf gar nicht daran denken, wie der Listenplatz aussähe, hätte sie so wie heute auch anderentags gespielt. Wie singen die Fans: Die Diva vom Main.
Stimmen zum Spiel:
Pirmin Schwegler (Hoffenheim, davor Eintracht Frankfurt):
Wir sind erst zur zweiten Halbzeit angekommen. Wir sind nach Frankfurt gekommen um zu gewinnen, wir wussten das Frankfurt kommen wird, aber es war überraschend wie schlecht wir waren. Wir haben die erste Halbzeit nicht viel auf den Platz gebracht, von dem was uns auszeichnet. Mit dieser Leistung gewinnt man kein Bundesligaspiel.
Kevin Trapp (Eintracht Frankfurt):
Wir wussten, dass es heute nicht einfach wird, weil Hoffenheim eine brutale Offensive hat und wir durch die letzten Wochen nicht gerade vor Selbstvertrauen gestrotzt haben; aber wir haben Zuhause gespielt und haben in ganz 2015 noch kein Heimspiel verloren, also 10 Spiele nicht verloren und das wussten wir auch, dazu kommt noch das die Hütte voll ist und da ist es schwer, gegen uns zu gewinnen. Die drei Tore sind schnell gefallen und das bringt dann die gewisse Ruhe rein. In der zweiten Hälfte haben wir dann nicht mehr so viel getan, aber wichtig war, dass wir das Spiel gewinnen. Durch den Sieg heute, hoffe ich das jetzt wieder etwas Ruhe rein kommt.
Marco Russ (Eintracht Frankfurt):
Nach so einer Durststrecke mit von vier Spielen ohne Tor, war es sehr schön mit einer drei Tore-Führung in die Halbzeit zu gehen. Man hat auch heute wieder gesehen, dass wir den Großteil der Saison zu Hause unsere Stärken zeigen. Wir haben uns in der zweiten Halbzeit von Hoffenheim ein wenig einlullen lassen, konnten aber trotzdem Stand halten und hatten auch die eine oder andere Konterchance. Wären wir bei unseren Auswärtsspielen öfter mal so aufgetreten wie heute, hätten wir mehr Punkte. Den großen Druck vor dem Spiel haben wir uns selber gemacht, weil wir uns vorgenommen hatten, unsere letzten Heimspiele alle zu gewinnen. Mich persönlich interessiert die Diskussion um den Trainer überhaupt nicht. Es werden, wenn es mal nicht richtig läuft immer nach Gründen gesucht und der Trainer wird in Frage gestellt. Die Abstiegssituation 2011 kann man nicht mit heute vergleichen, damals waren wir kein Team, jeder hat seine eigene Suppe gekocht. Wir hatten in dieser Saison eine Durststrecke und wir wussten auch schon vor dieser Saison, dass es schwere Phasen gibt, die gab es auch und nichts desto trotz, sind wir nicht in Panik verfallen.
Stefan Aigner (Eintracht Frankfurt):
Es war für mich schwer, weil ich mal trainieren konnte und mal nicht. Dadurch musste ich heute sehr oft meinen inneren Schweinehund überwinden. Das habe ich natürlich gerne gemacht und ich bin froh, dass wir gewonnen haben. Es würde viel mehr bringen, wenn wir konstant unsere Leistung bringen würden und nicht immer wieder ins Loch fallen würden. Man darf nämlich auch nicht vergessen, dass wir mit München, Gladbach, Dortmund und Bremen keine leichten Gegner hatten.
Bastian Oczipka (Eintracht Frankfurt):
Ich bin natürlich nach meinem Tor und dem heutigen Sieg superglücklich. Was mich genau so glücklich macht ist, dass ich Timothy Chandler genau auf den Kopf flanken konnte und er so auch ein Tor machen konnte. Gerade wir beiden Außenverteidiger die normalerweise nie ein Tor machen, konnten heute beide eins machen. Nach der Kritik der letzten Tage, konnten wir heute die richtige Antwort geben.
Foto: Bei den vielen Verletzten der Eintracht hat es Sonny Kittel besonders schwer getroffen. Hier beim Warmmachen der Mannschaft, die alle das rote Trickot mit der Rückennummer 28 und dem Namen Kittel trugen. (c) Jürgen Schneeberger