Empfang der Stadt Frankfurt zum Seniorentag, Teil 2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ausgesprochen putzmunter präsentierten sich die aus Deutschland angereisten Senioren und Seniorinnen, die für den Mittwochabend in den Kaisersaal des Römers vom Oberbürgermeister der Stadt, Peter Feldmann, eingeladen waren, ein inhaltsreiches Grußwort der Familienministerin Manuela Schwesig hörten und viel lernen konnten, von derjenigen, die gerade 85 Jahre geworden war und aus vielen Gründen ebenfalls ein Grußwort sprach: Ursula Lehr.
Sie war nicht nur von 1988 bis 1991 Bundesfamilienministerin, sondern ist heute Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, die sich BAGSO abkürzen. Mit ihren Worten ging es zum gemütlichen Teil im Foyer über, aber dort wurde über ihre Worte noch viel geredet. Nicht nur, daß man amüsiert zur Kenntnis nahm, wie gleich mehrere Herren der rüstigen Seniorin auf die Bühne helfen wollten, was sie mit Kopfschütteln und abwehrenden Handbewegungen erwiderte, sondern allein ihre Schlußworte brachten anhaltenden Lach- und Redeerfolg: „Liebe Jugend von gestern und vorgestern, liebe Senioren von morgen und übermorgen!“
In der Tat waren auch viele Junge dabei, die meisten als Auszubildende der Stadt, die tags drauf bei der Seniorenmesse auf der Messe, konkret im Congreß Center, an den Ausstellungsständen helfen, denn in den nächsten drei Tagen werden rund 20 000 Menschen zur Messe SENNOVA und zum 11. Seniorentag erwartet. Dieser findet alle drei Jahre in einer der deutschen Großstädte statt und ist verbunden mit dieser Seniorenmesse, die mit über 100 Veranstaltungen in der Tat alles aufgreift, was beim Älterwerden ein Problem werden kann, wogegen man aber schon frühzeitig nicht nur durch Information gerüstet sein kann, sondern durch Mitmachen und Aktivsein sein eigenes Leben positiv gestalten kann.
Das übergreifende Thema des diesjährigen Seniorentages ist das Auskommen und Miteinander der Generationen, die mit den Worten von Ursula Lehr ihre Begründung längst hatten. Die Messe läuft am Donnerstag ab 9.30 Uhr, der Seniorentag wird um 10.45 Uhr von Kanzlerin Angela Merkel eröffnet. Wir aber bleiben erst einmal im Kaisersaal, wo man schon der munteren fünf jungen Damen gerne wegen länger geblieben wäre. Die musikalische Einleitung des Abends ließ sofort die Füße der Anwesenden wippen. Das fünfköpfige Blechbläserensemble, ach was, das Blechbläserquintett QUINTESSENZA der Musikschule Frankfurt spielte sinnreich mit „When Ilm Sixtus-Four“ von John Lennon und Paul McCarthy. Der Kaisersaal scheint für viel Blech besonders geeignet zu sein, denn die zwei Trompeten, das Horn, die Posaune und das Kolophonium machten ihn geradezu gemütlich.
Nachher sagten zwei der wirklich alten Frauen, wie sie sich freuen, daß heute junge Frauen damit auch eine Tradition aufnehmen, die es vor allem in den 20er Jahren gab, als Frauen viel mutiger sich in alle Bereiche des Lebens einmischten, als es dann nach dem Zweiten Weltkrieg üblich war. Die weibliche Jugend danach sei doch sehr brav groß geworden, meist mit den überholten Rollenbildern, die vom Nationalsozialismus strikt in Richtung Frau als Mutter und Gebärmaschine der Nation geprägt worden waren. Rock'n Roll Tanzen, das sei schon der Jugendprotest gewesen und Feste feiern, aber eben nichts Strukturelles.
Hausherr Peter Feldmann hatte den vollen Saal gleich auf seiner Seite, als er betonte, daß nach der Queen als Gast des Hauses nun die Königinnen des Alters anwesend seien und für diese Tage FRANKFURT zur HAUPTSTADT der Senioren mache. Von Anfang an war da ein besonderer Draht zum Publikum, man merkte, daß diese Ansprache und dieser Abend sozusagen Herzensanliegen von Peter Feldmann war. Das muß einen nicht wundern, nicht nur aufgrund seines und seiner Partei Politikverständnis, sondern eben auch, weil Peter Feldmann biographisch damit zu tun hatte, als er ein Altenhilfezentrum leitete. Daß er aber auch, wie er sagte, in einem Altenheim geboren sei, das kam uns ja fast Spanisch vor. Wir wollen ihn bei Gelegenheit darauf ansprechen.
An diesem Abend war das nicht möglich. Denn Peter Feldmann hatte sich so in die Gemüter der Anwesenden gesprochen, daß er ein umlagerter Star war. Er sprach sehr deutlich von der gesellschaftlichen Bandbreite der Alternden und dem so unterschiedlichen Bild, das sich in der Öffentlichkeit ergibt. Da denken viele, daß sich die Alten mit dickem Portemonnaie auf Weltreise begeben, natürlich auf einer Kreuzfahrt und man denkt weniger an diejenigen, die Pflegestufe 3 plus benötigen. Denen gilt seine Sorge und Vorsorge, denn entscheidend sei, daß man auch im Alter gesellschaftliche Teilhabe leben können und dies in Selbstbestimmung, wo doch Verlust und Krankheit drohen. Es geht um eine realistisches Bild vom Altwerden.
Peter Feldmann müssen die Ohren geklungen haben, wie sehr die Stadt Frankfurt als Vorreiter in Sachen Alter gelobt wurde. Die 1930 in Frankfurt geborene Ursula Lehr hob wie Ministerin Schwesig hervor, daß diese Stadt die erste gewesen sei, die einen Altenplan vorgelegt habe und sich auch heute in der Beteiligung der Senioren am Alltag der Stadt auszeichne. Manuela Schwesig, übrigens auch in Frankfurt, allerdings Frankfurt/Oder geboren, gelang es nun, ihre Zuhörer auch dadurch zu fesseln, daß sie in ihre Grundsatzaussagen zu politischen Forderungen für Alte die Familie in den Blick nahm und dabei aus ihrem eigenen Leben schilderte, wie das ist, als Ministerin mit Kind für dieses immer wieder die Großeltern brauchen zu müssen, was in diesen Wochen bundesdeutsche Familien angesichts des Kitastreiks alle üben mußten.
Wichtig war die Selbsteinschätzung der Ministerin, daß sie zwar von Berlin aus, Grundsätzliches regeln könne, die eigentliche Arbeit und die damit die Qualität des Lebens der Senioren hänge aber von den Kommunen ab. Und schon wieder bekam Frankfurt am Main besondere Pluspunkte: „Es ist in Frankfurt gut alt werden!“