Serie: Desaströse Niederlage für Innenminister Boris Rhein (CDU) gegen Peter Feldmann (SPD) bei der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt am Main, Teil 1
Siegrid Püschel und Gerhard Wiedemann
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Eine historische Stunde im Frankfurter Römer, dem Rathaus der Stadt. Es ist nach sieben Uhr abends. Gerade wurde in der Oberbürgermeister- Stichwahl zwischen Rhein (CDU) und Feldmann (SPD) ein Abstand von 20 000 Stimmer für den SPD-Bewerber Peter Feldmann verkündet: 57,4 gegen 42,6 Prozent.
Petra Roth und Boris Rhein kommen aus dem OB-Zimmer, stehen zusammen, umringt von einem Pulk von Fernsehkameras und Journalisten mit Mikrofonen und Notizblocken bewaffnet. Mitten in die Interviews hinein, kommt endlich Feldmann in den Römer. Auf einen Schlag wenden sich die Kameras um, stürmen unter Umrennen von Leuten auf den die Treppe hinaufschreitenden Feldmann zu. Roth und Rhein stehen alleine, machen das Beste draus, folgen den Reportern und begrüßen Feldmann.
Dieser wird im Römer mit „Peter“-Rufen enthusiastisch begrüßt. Es ist nicht allein der Wahlerfolg, sondern der nicht für möglich gehaltene Abstand zwischen dem eigentlichen Favoriten Rhein und dem Wahlsieger Peter Feldmann, an dessen Seite der SPD-Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümpel (TSG) den Wahlsieg kommentiert: „Phantastisches Ergebnis“. Denn Ergebnisse in Frankfurt hatten immer eine große bundespolitische Bedeutung für Berlin genauso wie für die hessische Situation. „Der Rhein müßte jetzt eigentlich als Hessischer Innenminister zurücktreten, wenn ihn nur 42 Prozent der Frankfurter bei 35 Prozent Wahlbeteiligung gewählt hatten“, meinten zwei CDU-Anhänger nachdenklich.
Dieser versucht Haltung zu bewahren in den wenigen Interviews, was ihm nicht schwer fällt, denn die Maske des Wahlkampfes verläßt ihn auch jetzt nicht: Rhein lächelt, lächelt, lächelt.. Während Feldmann strahlend als Überraschungssieger gleichzeitig etwas sagen soll zur Wahl, zu seinen Vorhaben der Übernahme des Wirtschaftsdezernats und überhaupt, beginnen verschiedene Grüppchen die Wahlanalysen. Das Vordergründige ist erst mal, daß Petra Roth durch ihren vorzeitigen Rücktritt eine Situation produziert hat, die sie vor 17 Jahren bei ihrer damals überraschenden Wahl selbst vorgefunden hatte: Oberbürgermeisterin einer Partei zu sein, die in der Stadtverordnetenversammlung keine Mehrheit hatte. Nun ist es Peter Feldmann, der als OB mit und gegen die Koalition von CDU und Grünen regieren muß.
Einhellig wird dies stärker noch als eine Niederlage des Boris Rhein als die der Petra Roth begriffen. Da tritt sie, die als Liberale und sozial Engagierte in der CDU galt, ein Jahr zuvor vom OB-Amt zurück, um den von ihr der Partei aufgedrückten rechtkonservativen Wirtschafts-CDUler Boris Rhein ins Amt zu hieven. Denn wie sollte die CDU sich gegen ihre beliebte Oberbürgermeisterin wenden, zumal dieser Überraschungscoup eine völlig unvorbereiteten SPD traf. Grüne warfen ihr vor, die grüne Dezernentin Rottmann, die aus persönlichen Gründen sich vorübergehend aus dem politischen Geschäft zurückziehen mußte, in einem Jahr aber als Oberbürgermeisterkandidatin hätte antreten können, aus dem erfolgreichen Rennen gekickt zu haben.
Insgesamt haben dies viele Bürger als Trickserei empfunnden. Erst mit dem Rücktritt getrickst, dann den Sozialdezernenten Becker ausgetrickst und nun im Aus gelandet. Bitter, aber eindeutig selbstverschuldet. Am Ende der 17jährigen OB-Karriere steht Petra Roth vor einem Scherbenhaufen.
Ein Hinweis zum Wahlkampf, den Peter Feldmann mit den SPD-Ortsvereinen intensiv führte. Es waren vor allem sehr viele Junge, der SPD-Nachwuchs, der engagiert mitwirkte und zum Beispiel in der – ehemaligen – SPD Hochburg Riederwald für CSU nahe Ergebnisse sorgte: über 70 Prozent! Für diese jungen Leute ist das der erste SPD-Wahlerfolg, den sie feiern können. Seit 1989 ist jede Oberbürgermeisterwahl verloren gegangen, die Parlamentsmehrheit auch, in Stadt und Land. Berechtigt kann sich jetzt auch die SPD-Hessen als Sieger fühlen, denn es stärkt das Selbstgefühl dieser derzeit erfolglosen Partei, die immerhin lange Jahrzehnte Garant für ‚Hessen vorne’ war, was historisch auch zutrifft. Fortsetzung folgt.
Vergleiche auch unseren Artikel vom 1.11.2011
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/heimspiel/188-frankfurts-oberbuergermeisterin-steigbuegelhalterin-fuer-boris-rhein