Serie: Desaströse Niederlage für Innenminister Boris Rhein (CDU) gegen Peter Feldmann (SPD) bei der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt am Main, Teil 2

 

Siegrid Püschel und Gerhard Wiedemann

 

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Römer: So sehen Sieger aus. Nachdem er zuerst im Wahlkampf die Stimme verlor, findet er nun zum überwältigenden Wahlsieges als Oberbürgermeister keine Worte mehr, scherzte Peter Feldmann, ein Scherz mit tiefem Wahrheitsgehalt und fügte hinzu, es seien die Themen Kinderarmut stoppen, bezahlbaren Wohnraum schaffen und das Nachtflugverbot gewesen, die erfolgreich waren.

 

Mit „sozial, ökologisch, weltoffen“ hatten seine Wahlplakate das auf prägnante Begriffe gebracht. Entscheidend war dabei die Glaubwürdigkeit, die Feldmann vermitteln konnte, wohl auch, weil er sie hat. Hier kam nicht einer als gemachter Kandidat und von oben Protegierter  daher, sondern als einer, der – obwohl schon lange im politischen Geschäft, konkret seit 1989 im Stadtparlament und heute Vorsitzender des höchst wichtigen Haupt- und Finanzausschusses– aus innerem Antrieb die Stadt Frankfurt mitgestalten will. Das darf er nun.

 

Der unterlegene, aber als Favorit in die Wahl gezogene Boris Rhein, muß für seine Person dasselbe sagen: es lag nur an ihm. Diese Niederlage ist eine persönliche, denn es war eine Wahl dezidiert gegen ihn. Anders als Feldmann war er allerdings der Kandidat der Mächtigen und seit über zwei Jahrzehnten die Stadt bestimmenden Kräfte aus altem Geldadel und neuem Geld, aus Schickeria und aus den Mandatsträgern der Stadt und den Parteien CDU und Grüne.

 

Kaum waren im Römer die ersten Zahlen sichtbar – von Anfang an mit hohem Vorsprung für Peter Feldmann – gingen die selbstgestrickten Wahlanalysen los, die durchaus Haute-Couture-Format besitzen, weil sie auf der Hand liegen. Die Grünen sind schuld. Gleich doppelt. Weil die einen grünen Wähler nicht dem offen ausgesprochenen Wunsch der grünen Dezernenten, Rhein zu wählen, gefolgt sind, ja große Teile überhaupt nicht zur Wahl gegangen sind. Olaf Cunitz, soeben  für die aus Altersgründen ausgeschiedene Jutta Ebeling von der Koalition Schwarz-Grün  zum grünen Bürgermeister der Stadt Frankfurt gewählt, sagte auf unseren Hinweis, daß es für so manche Grüne eine Zumutung gewesen sei, CDU zu wählen, lachend: „Das kann ich sogar verstehen.“

 

Tatsächlich hat nun auch die Grünen das Problem etablierter Parteien längst erreicht, daß die Basis andere Vorstellungen hat als ihre Mandatsträger, die zudem auch mit dem Verlust ihrer Privilegien rechnen müssen. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ein Grünenwähler die Grünen in eine Koalition mit der CDU hineinwählt, als direkt einen CDU-Bürgermeister zu wählen. Die Grünenkandidatin Heilig hatte schon bei dem ersten Wahlgang am 13. März nur 14 Prozent eingefahren, sehr viel weniger als bei der Wahl zum Stadtparlament. Sie meinte im Römer, ein Drittel habe Rhein, ein Drittel Feldmann gewählt, ein weiteres Drittel sei der Wahl ferngeblieben.

 

Wir meinen, daß mehr Grüne Feldmann gewählt haben und auch mehr Grüne überhaupt nicht zur Wahl gegangen sind. Außer den Funktionsträgern in Partei und Stadt gab es für Grüne keine inhaltlichen Gründe, Boris Rhein zu wählen, der in allem, seinem Habitus, seinem Lebensweg, seinen Aussagen, seinem politischen Verhalten als Dezernent, erst für Sicherheit, dann für Wirtschaft in der Stadt Frankfurt, dann als Innenminister des Landes Hessen, als bisheriger Vorsitzender der CDU Frankfurt ein Gegenentwurf zum Grünenbild im Selbstverständnis der Grünen abgibt.

 

Feldmann als das kleiner Übel war für die überwiegende Anzahl der Grünen, die überhaupt wählen gingen, die sinnvolle Alternative zur Wahl des Oberbürgermeisters. Diese Entscheidung hat ihnen zudem Peter Feldmann leicht gemacht. Dieser, zuvor weithin unbekannt im Frankfurter Stadtleben, hat aus dieser Situation das Beste gemacht. Er hat sich als engagierter Kämpfer für ein besseres Leben für unterprivilegierte Kinder und für Alte, gegen den Terror des Flughafenlärms, für den Ausbau ökologischer Vorhaben und die Fortsetzung des weltoffenen liberalen Frankfurts eingesetzt.

 

Rhein dagegen hatte nicht gekämpft, sondern seinem CDU-Wahlkampf präsidial beigewohnt. Er trat schon so sehr als Gewinner auf, daß er sich wie ein Amtsinhaber und nicht wie ein Bewerber verhielt. Das verstärkte die Züge, die er und die derzeitige CDU in Frankfurt auf Grund der vielen erfolgreichen Wahlen öffentlich wahrnehmbar haben: die Arroganz der Macht.

 

Diese kam in den zahlreichen Zeitungsanzeigen zur Unterstützung der Wahl von Rhein zum Ausdruck, von denen wir nur auf zwei bedeutsame, weil in unseren Augen kontraproduktive hinweisen wollen. Das eine war eine mit vielen Köpfen bestückte Rhein-Unterstützungsaktion, auf der man dann auch Michael von Zitzewitz, ehemaliger und erfolgreicher Chef der Messe Frankfurt, sehen konnte und auch Gabrielle Eick, die die Wirtschaftsförderung Frankfurt leitete. Beide sind jahrelang gut dotiert von der Stadt Frankfurt bezahlt worden, deren Oberbürgermeisterin in all den Jahren die CDU-Frau Petra Roth war, die sie mitausgewählt hatte. So etwas ist einfach schlechter politischer Stil.

 

Nur noch obskur dagegen der Wahlaufruf vom Tigerpalastchef Johnny Klinke, Ex-Sponti und Ex-Westendhäuserbesetzer für den Kandidaten Rhein. Wenn Du geschwiegen hättest, wärest Du ein Philosoph geblieben, fiel einem dazu nur noch ein.  Dieser Aufruf hat sicher motivierend gewirkt gerade für die, die Rhein nicht wollen, dann doch nicht zu Hause zu bleiben, sondern zur Wahl zu gehen und für Feldmann zu stimmen. Gerade weil Feldmann ein in dieser doch sehr kleinen Stadt, wo immer wieder dieselben Leute dasselbe sagen, weithin unbekannt war, ein unbeschriebenes Blatt eben. Auf das hin haben sich Wähler finden können, die im Einklang mit seinen Thesen ihre Erwartungen mit „Ja“ niederschrieben. Fortsetzung folgt.

 

Vergleiche auch unseren Artikel vom 1.11.2011

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/heimspiel/188-frankfurts-oberbuergermeisterin-steigbuegelhalterin-fuer-boris-rhein