1. FFC gegen LSK Kvinner regulär 0:2. Das 5:4 im Elfmeterschießen bringt die nächste Runde in der Champions League

 

Hartwig Handball

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – So viel Spannung muß eine Männermannschaft den Frauen erst einmal nachmachen. Und wieso jubeln alle Zuschauer über ein verlorenes Spiel? Weil Verlieren hier völlig unwichtig wird, angesichts dessen, daß im Elfmeterschießen der verschossene Elfmeter der Sherida Spitse den Gesamtsieg der Frankfurter brachte.

 

Wir sind nämlich in der UEFA Women's Champions League 2015/2016, wo mit diesem einen verschossenen Elfmeter des Gegners der 1. FFC in die nächste Runde gelangt. Die gute Basis vom Hinspiel in der letzten Woche, das die Frankfurterinnen mit 2:0 gewannen, reichte, um den Sieg der Norwegerinnen aus Lilleström in der gleichen Höhe erst einmal auf pari zu bringen. Das bedeutete nach den 90 Minuten zum einen den Ritt über die zweimalige Verlängerung, die torlos blieb, so daß zum anderen tatsächlich das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen sollte. Zuvor aber, wie es dazu überhaupt gekommen war.

 

Was war nur mit der Frankfurter Elf los? Nach kurzem guten Beginn Richtung gegnerischem Tor - die Frankfurterinnen waren wieder umgestellt, Saskia Bartusiak nach vorne gerückt, was kein Gewinn war, weshalb sie für die 2. Halbzeit ausgetauscht wurde - wechselte der Ball dauernd in die Frankfurter Hälfte. Die norwegischen Spielerinnen waren einfach schneller, eroberten den Ball, hielten ihn und drängten zielgerichtet vor das Frankfurter Tor, in dem nicht die krank gewordene Desiree Schumann stand, sondern Anne-Kathrine Kremer, die ihre Sache sehr gut machte. Denn vom Spielverlauf her, hätten man noch viel mehr Tore der Spielerinnen vom LSK Kvinner erwarten können.

 

Höhepunkt der ersten Halbzeit war dann der Elfmeter in der 29. Minute, den die Norwegerinnen erhielten, weil Kathrin Hendrich ihre Gegnerin Emma Lundh zum Fallen gebracht hatte. Hier traf die gleiche Spielerin Sherida Spitse, die später im Elfmeterschießen daneben schoß, zwar das Tor, aber die Frankfurter Torfrau Kremer hielt den Ball sicher. Anders als zuvor, als die gleiche Lundt, nämlich Emma Lundt in der 12. Minute nach einer Ecke gekonnt das 1: 0 vorgelegt hatte. Sicher, es gab auch Chancen für den 1. FFC, am eindrucksvollsten in der 16. Minute, als Simone Laudehr knallhart den Ball an die Latte beförderte. Man dachte sogleich, daß ein Ausgleich zu diesem Zeitpunkt die Frankfurterinnen hätte aktivieren können. Aber an so etwas war gar nicht zu denken. Der 1. FFC überließ die Spielführung den anderen.

 

Das steigerte sich nach der Pause noch. Die Frankfurter Spielerinnen wirkten völlig verunsichert, ziellos, nervös und konnten den Norwegerinnen einfach nichts entgegensetzen, die immer wieder vor das Frankfurter Tor kamen. In der 70sten Minute war es, als Marita Lund, eine Lund mit d am Schluß und eigentlich Abwehrspielerin, das 2: 0 für Kvinner mit einem phänomenalen 24 Meter Schuß sicherte. Und jetzt passierte etwas. Die Frankfurterinnen waren nicht wiederzuerkennen. Sie fingen an, couragiert und mit Torinstinkt Fußball zu spielen. Übrigens war auch umgestellt worden, mit Simone Laudehr im Zentrum. Auf einmal klappten die Aktionen, die zuvor daneben gingen, das Zusammenspiel wurde zu einem und es war Kampfgeist und Siegenwollen zu spüren. Das übertrug sich sofort auf die über 1500 Zuschauer.

 

Sie feuerten ihre Mannschaft an. Wenn es gut geht, weiß man nicht mehr, wer anfing: waren es die schneller gewordenen Fußballerinnenbeine, die zum Klatschen animierten oder das Anfeuern, das den Spielerinnen neue Kraft gab. Auf jeden Fall paßte es, daß in der 78. Minute das Fasttor für Frankfurt gefallen wäre: Dzsenifer Marozsán schoß stark, aber kein Tor. Ab jetzt blieben die Frankfurterinnen stärker, auch wenn Mandy Islacker zweimal nicht traf, und ließen den Norwegerinnen nurmehr Stippvisiten in der Frankfurthälfte. Das hielten sie auch in den beiden Verlängerungen von je 15 Minuten durch, so daß es nach der regulären Spielzeit im Gesamtausgleich beider Spiele immer noch 2:2 stand.

 

Jetzt war die Spannung im Rund wirklich kaum auszuhalten. Denn man wußte, jetzt ging es nicht mehr nur um Können, jetzt ging es um die Nerven. Wer die behielt, als Mannschaft, der siegte. Aber es gibt zehn Schüsse von zehn Spielerinnen und da helfen Mannschaftsnerven wenig. Die Kvinnertrainerin Monica Knudsen, ehemals in der Nationalmannschaft Norwegens im Mittelfeld, wurde in der anschließenden Pressekonferenz gefragt, ob sie nicht besser die Spielerin, die schon in der 29. Minute verschossen hatte, beim Elfmeterschießen draußen gelassen hätte, was ihr ein aufblitzendes Lächeln entlockte. Auf jeden Fall war der Mittelfeldspielerin Sherida Spitse kein Glück beschieden, als sie beim Stand von 4:4 ihren Elfmeter links am Tor vorbeischoß. Damit war die Chance für Mandy Islacker da, die ihren Elfer sicher im Netz unterbrachte und damit die Frankfurter mit dem einen Tor Unterschied in die nächste Runde der Champion's League schoß.

 

Es ist übrigens wirklich eine interessante Frage, ob man einer Spielerin, die im Spiel versagte, die Chance noch einmal gibt. Denn oft wirkt es genau in die erfolgreiche Richtung, so daß die Chance genutzt werden konnte und das Selbstvertrauen wieder da ist. Man macht sich schon seine Gedanken, wie es der jungen Spielerin zu Mute ist, die so also gleich zweimal die Chance für das Weiterkommen der Norwegerinnen vergab. Was dann wunderbar anzusehen war, war die Reaktion der norwegischen Mannschaft. Die Spielerinnen stoben nach dem verschossenen Elfer auf Sherida Spitse zu, umarmten sie, nahmen sie so in die Mitte, daß sie gar nicht mehr zu sehen war und werden sicher das Nötige tun, damit diese nicht in Verzweiflung verbleibt. Fußball kann ganz schön hart sein. Wie wichtig das Spiel und damit das Weiterkommen in der Champions League war, erkennt man daran, daß sechs norwegische Sportreporter mitgekommen waren.

 

Der 1. FFC hat auf jeden Fall enormes Glück gehabt. Das braucht man im Fußball auch und die Frankfurter Frauen nach den letzten vergeigten Spielen auch. Hoffen wir, daß das neue Selbstvertrauen den übermorgigen Tag in Jena überlebt.

 

Foto: Das ist das Stadion am Brentanobad zu normalen Tageszeiten. Das Spiel fand unter Fluchtlicht statt.