Eintracht Frankfurt unterliegt verdient Bayer Leverkusen 1:3
Claudia Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Mit dem Attribut „verdient“ zitieren wir Eintrachttrainer Armin Veh, der allerdings nach dem 1:3 von einem „verdienten“ Sieg der Leverkusener sprach. Mit diesem habe er auch gerechnet. Die Eintracht habe sich keine Chance ausrechnen können, „ich weiß die Liga eben einzuschätzen.“
Verfolgen wir also das nächste Mal nicht mehr per Augen das Spiel im Stadion, sondern veröffentlichen gleich die Meinung, das Gefühl, die Vorhersage des Trainers. Ärgerlich ist das schon, weil es eine Distanz zum Spiel offenbart, das man den Spielern auf dem Feld auch ansah. Es fehlte der Mut, es fehlte erst recht der Übermut, der einfach nötig ist, will man gegen gute und auf dem Papier bessere Mannschaften gewinnen. Und wenn das nicht immer wieder möglich wäre und immer wieder passierte, dann könnte man das öffentliche Fußballspielen gleich einstellen, denn der Reiz dieses Spiels liegt eben in seiner Unwägbarkeit, wie die Tagesform die einen zum Sieger und die anderen zu den Verlierern macht. Auf jeden Fall darf sich das erst auf dem Platz entscheiden und nicht schon zuvor im Kopf und Gemüt des Trainers.
Warum uns das so ärgert, hat eben mit der Verzagtheit des Eintrachtkaders zu tun, die im eigenen Stadium nur die Fans hinter sich hatten, aber nicht das Selbstbewußtsein aufbrachten, den Kampf wirklich aufzunehmen und leidenschaftlich und mit Siegeswillen zu spielen. Da stimmt etwas nicht und das konnte man auch auf dem Platz sehen. Die Leverkusener waren motiviert, sie legten los, sie berannten das Eintrachttor und als sie relativ früh das 0: 1 erzielten, freuten sie sich offensichtlich, herzten sich und schöpften aus dem Tor die Kraft und die Leidenschaft für das zweite. Als dann kurz vor Schluß der 1. Halbzeit auch die Frankfurter zum Gegentor kamen, jubelten zwar die Fans, aber die Mannschaft konnte daraus nichts mehr entwickeln, also in Richtung eines zweiten Tors zu stürmen, denn dieses 1:2 erfolgte in der 45. Minute erfolgte, also direkt vor der Pause.
Von vorne. Von Anfang an spielte die Bayer-Mannschaft auf Sieg, weshalb die Eintrachthälfte zum eigentlichen Spielfeld wurde und das Eintrachttor im Mittelpunkt stand. Daß das sogar Absicht war, verriet Trainer Veh nach dem Spiel ebenfalls, denn man wollte mit einer massiven Abwehr die Leverkusener in der eigenen Hälfte halten, um dann in schnellem Konter ungehindert in deren Hälfte zu marschieren, um das schnelle Tor machen. Pustekuchen. Auf jeden Fall fiel der Plan in sich zusammen, als in der 22. Minute Luc Castaignos von Gegenspieler Giulio Donati getreten und massiv verletzt durch Timothy Chandler ersetzt werden mußte.
Es spricht für die Aufmerksamkeit und Übersicht der Leverkusener, daß diese unmittelbar die Veränderungen innerhalb der Eintrachtmannschaft erkannten, so daß direkt in der 23. Minute das erste Gästetor durch Chicharito fällt. Dieser war erst am Mittwoch aus Mexiko zurückgekommen und war so gut drauf, daß ihm in der 39. Minute noch das 0: 2 gelang. Auch dieses Tor wäre vermeidbar gewesen, hier allerdings durch Schiedsrichter Deniz Aytekin selbst, der ganz gewiß kein Eintrachtfan ist. Ein Abseitspfiff wäre fällig gewesen. Als dann also in der 45. Minute Slobodan Medojevic seinen Kopfball ins Tor brachte, endete der Eintrachtaufbruch in der Pause.
In der zweiten Halbzeit gab es einen Moment, wo noch einmal - auch im Nachhinein - alles offen gewesen wäre. Stefan Aigner hatte in der 59. Minute die Chance, als er ungehindert vor dem Leverkusener Tor stand, aber den Ball verschoß. Als dann noch in der 72. Minute Hakan Calhanoglu auf 1:3 erhöhte, was das Spiel gelaufen, was die 47 500 Zuschauer relativ gelassen akzeptierten. Wichtig war nämlich, daß dieses Spiel so gut gelaunt abgelaufen war, wie man es sich nach Bombendrohungen anderswo und starken Kontrollen sowie Polizeipräsenz zwar erhofft hatte, aber zuvor daran kaum zu glauben mochte. Also ein Sieg für den Fußball. Zumindest das.
STIMMEN ZUM SPIEL
Heribert Bruchhagen (Vorstandsvorsitzende Eintracht):
Wir müssen anerkennen, dass Leverkusen die bessere Mannschaft ist. Wenn man als Mannschaft eine Chance haben will, darf man keine Fehler machen und muss auch in verschiedenen Situationen etwas Glück entwickeln. Beides ist uns nicht gelungen, wir haben Fehler gemacht und wir haben kein Glück entwickelt und deswegen müssen wir in die Niederlage einwilligen. Das ist bitter, aber man hat gesehen, dass Leverkusen eine sehr gute Mannschaft hat. Sie haben uns von Anfang an unter Druck gesetzt und wir haben zu Recht verloren. Es war heute mit den 47 500 Zuschauern eine wunderbare Atmosphäre im Stadion. Schön wäre gewesen, wenn Aigner bei seiner Chance das 2:2 gemacht hätte. Aber wir müssen akzeptieren, dass Leverkusen heute die bessere Mannschaft war.
Axel Hellmann (Eintrachtvorstand):
Wenn man sieht, dass ein Gegner so überlegen ist und soviel Klasse hat und so gute Spieler auf den Platz bringen kann, merkt man, wie weit der Weg für uns zur Bundesligaspitze ist. Wenn der Gegner dann noch mit so einer Form hierherkommt, ist für uns nichts zu holen. Bei uns sind einige Spieler nicht in Form und dann haben wir noch ein paar Verletzte. In der Summe reicht das dann nicht, um so einen Gegner wie Leverkusen zu schlagen.
Nächste Woche spielen wir beim Rivalen in Mainz. Wir haben schon sehr lange im Mainz nichts mehr geholt. Das war ähnlich wie in Hannover und in Stuttgart, wo wir auch ewig lange nichts mehr geholt haben und da haben wir den Bann auch gebrochen. Wir werden mit 6-7 000 Fans dort sein, ich selber bin auf dem Schiff und hoffe, dass wir dort in Mainz auch den Bann brechen und was reißen.
Alex Meier (Eintrachtkapitän)
Leverkusen hat heute verdient gewonnen. Leverkusen hat gut und wir schlecht gespielt und deswegen hat Leverkusen gewonnen. Wir mussten nach der Verletzung von Luc Castaignos vorne umstellen. Ich hoffe, dass es nichts Schlimmes bei Luc ist und er nächste Woche wieder einsteigen kann.
Stefan Aigner (E):
Es war nicht so ein Spiel wie gegen die Bayern oder Hoffenheim, es war nicht so zweikampfbetont wie die Spiele zuvor. Wir haben uns selber in Nöte gebracht, weil wir von hinten raus spielen wollten. Dann kassieren wir das zweite Tor, ich habe das 2:2 auf dem Fuß und mach das nicht. So verliert man dann so ein Spiel.
Bastian Oczipka (E):
Leverkusen ist eine absolute top Mannschaft. Nach dem Gegentor ist uns das Spiel ein bisschen weggebrochen. Wir wollten wenig Räume zulassen, was uns aber nur in den ersten Minuten gelungen ist. Wir haben Leverkusen zum Gegentor eingeladen und das war Schei..... .
Wir wollten gewinnen, aber Leverkusen hat ein totales Pressing gespielt. Wir haben jetzt eine Woche Zeit um uns auf das Spiel in Mainz vorzubereiten.
Armin Veh (Trainer Eintracht Frankfurt)
Der Leverkusener Sieg ist verdient. Wir hatten wie geplant mehr Spielanteile, aber dieser Plan wurde durch die Verletzung von Luc Castaignos seine Verletzung schnell verändert. Wir wollten aus der Defensive raus auf Konter spielen, aber das war dann fast nicht mehr möglich, weil wir mit Luc einen Spieler verloren haben, der gute Ansätze hat. Das erste Tor dürfen wir so nicht zulassen und das zweite Tor war Abseits. Dann wird es sehr schwer. Mit dem 1:2 waren wir dann wieder voll da. Wenn wir in der zweiten Halbzeit das 2:2 machen, kann das Spiel ganz anders aussehen. Das 1:3 hat uns dann das Genick gebrochen. In der 89. Minuten haben wir noch mal eine Chance zum 2:3. wir hatten dann noch drei Minuten Nachspielzeit und da hätte auch noch was gehen könne. Im Fußball ist alles möglich.
Roger Schmidt (Trainer Bayer Leverkusen)
Es war für uns ein sehr wichtiges Spiel, weil wir vor der Länderspielpause drei mal hintereinander knapp verloren und mussten dann zwei Wochen damit leben.Wir haben uns für heute hier in Frankfurt viel vorgenommen. Frankfurt ist für uns kein einfacher Gegner und deswegen freuen wir uns, dass wir hier als Mannschaft mit einer guten Leistung aufgetreten sind. Ich glaube, dass wir uns über die 90 Minuten den Sieg verdient haben. Wir haben eine reife Leistung geboten und Frankfurt lauerte auf Konter, die wir aber gut kontrolliert haben. Wir sind geduldig geblieben und ich freue mich, dass die Mannschaft sich mit einem Sieg belohnt hat.
Aufgezeichnet von Jürgen Schneeberger
P.S. Luc Castaignos fällt wegen der Verletzung des Syndemosebands am linken Sprunggelenk mindestens bis zur Winterpause aus. Schade und gute Besserung.
Foto: Luc Castaignos