Das Aktionsbündnis Unmenschliche Autobahn forderte den sofortigen Baustopp des Autobahndreiecks Erlenbruch
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eine Demonstration im Gebiet eines geplanten Großprojekts gibt unweigerlich Anlass zu grundsätzlicheren Überlegungen. Dem Verhältnis des seltsamen Autofahrwesens zu seinem Werkzeug und Jagdgebiet ist am treffendsten Ausdruck verliehen mit der Silbe: Ur, Ur, Ur; sinngemäß bedeutet das: Stumpfsinn in Potenz .
Die ‚Anatomie der menschlichen Destruktivität‘, die der menschlichen Vernunftbegabung Hohn spricht, ist im Frankfurter Osten im Hinblick auf ein Vorhaben nachvollziehbar, mit dem in den städtischen Lebensraum ein Verkehrsmonster geklotzt werden soll. Dies liefert den Hinweis auf eine beständige Unfähigkeit, ja Unwilligkeit Individuelles und Allgemeines zu kombinieren und in einem gesellschaftlichen Entwurf der Übereinkunft zusammenzuführen, was frühe Hochkulturen bestimmt geleistet hätten.
Indessen fahren über weiteste Strecken Autofahrer in der gleichen Richtung neben- und hintereinander her, immer geradeaus, mit geringen Abweichungen, anscheinend ohne auf die Idee zu kommen, dass die Gemeinsamkeit in eine große Lösung münden könnte, die alle Bedürfnisse unter einen Hut bringt. Genug Braintrust wäre vorhanden, ist aber zerstreut. Wegen 80 Kilogramm Mensch werden rund zwei Tonnen bewegt. Dazu kommt der Verbrauch an begrenzt restituierbaren Ressourcen und Reserven: Treibstoff, Material, Nerven, Lebenszeit. Das Auto wurde zur biblischen Plage im Frankfurter Osten.
Der Bau des Autobahndreiecks Erlenbruch ist rechtswidrig
Eine der Bezeichnungen des Sinnbilds des Unvermögens und der Unvernunft lautet: Autobahnkreuz Erlenbruch, kritisches Element der ‚Ortsumgehung‘ Frankfurt mit A 66 und A 661. Am vergangenen Wochenende demonstrierte das Aktionsbündnis Unmenschliche Autobahn gegen die unzureichende, nicht den veränderten Verhältnissen angepasste Planung durch den zuständigen Behördenapparat, zu dem auch Hessen Mobil gehört. Mit dem Wegfall des geplanten Alleentunnels incl. Autobahnspange A 66 ist der Planfeststellungsbeschluss von 1980 überholt und müsste neu festgestellt werden.
Das Aktionsbündnis Seckbach und Nordend, die Anwohnerinitiative Günthersburgpark und Inheidener Straße wenden sich nicht prinzipiell gegen den Bau des Autobahndreiecks Erlenbruch, sondern mahnen sowohl die Änderung aufgrund geänderter Voraussetzungen als auch eine für die weitläufige Umgebung verträgliche Lösung an, die nicht nur den besonders betroffenen ‚Riederwald‘ angeht, sondern gleich mehrere Stadtteile, die von Lärm, Abgasen und sich daraus ergebenden Schäden an Leib und Leben betroffen wären.
Aus guten Gründen war von der erwähnten Alleenspange abgerückt worden. Sie wäre quer durch die Dichte der Stadt verlaufen und hätte Grün gekostet. Aus der Aufhebung folgt, dass sich die Verkehrswalze ganz auf das Autobahndreieck Erlenbruch und Seckbach-Riederwald fokussiert. Bei Anschluss der A 66 an die A 661 ist eine Überlastung nicht abzuwenden. Nur mit einem neuen Planfeststellungsbeschluss wäre der Endausbau der A 661 von vier auf bis zu acht - und ggf. mehr - Fahrspuren rechtlich abgesichert. Andernfalls muss Baustopp erfolgen. Die Entwertung der Naherholungsgebiete und der Verlust der Wohn- und Lebensqualität, die Belastungen für Leib und Leben sind in jedem Fall sicher.
Das Aktionsbündnis schilderte auf dem Gang der Demo das, was absehbar blüht, mit eindringlichen Worten, wobei zu bedenken ist, dass der Ausbau immer noch mehr Verkehr anzieht, so dass die Initiativen damit rechnen, dass sich pro Tag einmal 700 000 Fahrzeuge auf einem altbiblischen Monstrum wälzen werden. Schöne Aussichten für Frankfurt:
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Bundesautobahn A 661 Bad Homburg – Darmstadt ist heute schon viel zu laut und stinkt! Jetzt kommt die zweite Bundesfernautobahn A 66 Fulda (A 7) - Frankfurt - Wiesbaden dazu:
6-8-spurige A 66 Riederwald (nur max. 1.100 m Tunnel) und Autobahndreieck Erlenbruch
Vollausbau der Autobahn-Ostumgehung Frankfurt A 66/A 661 von jetzt 4 auf dann 8 Fahrspuren plus 2 Seitenstreifen (d.h. Bau der zweiten Richtungsfahrbahn Oberursel – Egelsbach, die noch fehlt!!)
Zusätzlicher Ausbau der A 661 von 4 auf 6 Fahrspuren, infolge der Streichung der A 66 Alleentunnel! · Ostumgehung dann 10 Fahrspuren (je 5 pro Richtung!) plus 2 Seitenstreifen!
Deutliche Zunahme des Verkehrs auf der A 661 zwischen Bornheim und Seckbach: 130.000 Kfz/24h
Extreme Lärm- und Schadstoffbelastung rund um das AD [Autobahndreieck] Erlenbruch von 180.000 Kfz/24h“ (zitiert aus der Erklärung des Aktionsbündnisses)
Forderung der kompletten Lösung ohne Abstrich
Das Aktionsbündnis drängt auf eine komplette Einhausung (mit Deckel und Schadstofffilter) der gesamten Anlage, des Dreiecks und der Strecke entlang der belasteten Stadtteile. „Deckel druff“ lautete daher die Losung, die auf der Seckbacher Landstraße, in Bornheim Mitte, am Ratsweg und Riederbruch gerufen wurde. Die Lösung muss komplett sein. Also Autobahn weg oder Deckel drauf. Ein Schriftzug auf einem Transparent lautete: „Der jetzige Riederwaldtunnel ist eine Autobahn durch den Riederwald“ (wie geplant unter dem Titel der ‚Einhausung‘). An der Haenischstraße soll der Tunnel aufhören, da wo die Pestalozzi-Schule ihren Unterricht abhält.
Es besteht die Gefahr, dass zu viele ein Nachsehen haben. Ohne einen neuen Planfeststellungsbeschluss bleibt zu viel im ungefähren und vagen. Wobei die Schadstoff- und Lärmbelastung im Zentrum der Befürchtungen steht. Auch der Schwerverkehr wird zunehmen. Obwohl er schon jetzt ab 22 Uhr nicht mehr fahren darf, tut er dies häufig doch.
Die Initiativen wollen eine Mogelpackung verhindern. Entsprechend der Belastungen dürften Krankenhäuser, Sportanlagen und Schulen heute schon nicht mehr gebaut werden. Die Pestalozzi-Schule wird es voll abbekommen, wenn dort der Tunnel bereits endet. Alle Teilnehmer der Demo stritten besonders für die komplette Einhausung, mit allem ‚drum und dran‘ (also Filter und Deckel). Sie werfen Frankfurt vor, dass es gemeinsame Sache mit Hessen macht, die Stadt lasse sie im Stich.
Die Hauptmacher schauen auf vier Jahre Korrespondenz zurück. Diese sei zu einer Zumutung geworden. Nun solle ein Herr Günther E. Hermann, der als Leiter der Planfeststellung schon Korrespondenzpartner war, das ‚Riederwaldtunnel‘-Projekt am Erlenbruch (Abt. VII) leiten. Er werde von Minister Tarek Al-Wazir vorgeschickt. Hermann behauptet, das Dreieck sei 2013 planfestgestellt und mitberücksichtigt worden, was aber nicht der Fall ist.
Fotos: (c)
Info:
Demo gegen den Bau des Autobahndreiecks Erlenbruch, mit Forderung nach sofortigem Baustopp - da Bau ohne Rechtsgrundlage. Samstag, 6. Mai 2017, Start an der Lärmschutzgalerie Seckbach/A 661, Ende an der Schäfflestraße