von Lida Bach
„Verwirrung ist nicht notwendigerweise ein unedler Zustand.“, schreibt Fred Daly in sein kleines Notizbuch und sein nachdenklicher Blick wandert entlang der irischen Küste. Die See ist rau an dem Herbsttag, an dem Darragh Byrnes empfindsame Freundschaftsgeschichte beginnt, doch das Leben des ausgestoßenen Hauptcharakters (Colm Meaney) von „Parked“ ist noch rauer. Er war mal Uhrmacher, erzählt Fred beiläufig, während er sein Fähigkeiten in dem einstigen Handwerk anwendet. Er war auch mal Juwelier, ein Bürger der grauen Kleinstadt und ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft. Früher.
Aus seiner heutigen Position liegt eine Ewigkeit zwischen dem jetzt und jener anderen Zeit. An sie erinnert sich niemand außer ihm und einer Schnitzerei vor seinem ehemaligen Haus, indem längst eine neue Mieterin wohnt. „Sind Sie hierher zurückgezogen?“, fragt sie den höflichen älteren Herrn mit der schlichten, aber ordentlichen Erscheinung. Das sei er, erwidert Fred „Eine kleine Bleibe, nicht weit von hier.“ Die Antwort entspricht der Wahrheit, doch das Wissen um das tatsächliche Aussehen dieser Wahrheit macht die Worte zu trauriger Ironie. Diese Wehmut, gelindert durch einen Anflug von trotzigen Humors, gibt den Grundton von Byrnes einfühlsamen Sozialmärchen. In seinem Kinodebüt erzählt der irische Regisseur von zwei Randfiguren im praktischen und figurativen Sinne. Fred und der junge Cathal (Colin Morgan), der sich eines Tages nicht weit von dessen Unterschlupf niederlässt, leben am äußersten Rand der Gesellschaft. Dort, am äußersten Rand des Orts, stehen auch ihre Autos. Sie sind die Wohnstätten des drogensüchtigen Herumtreibers und des resignierten Arbeitslosen, die den gleichen Gesellschaftsmechanismen unterliegen.
„Hier geht es um Bestimmungen und Vorschriften.“, erklärt der Sozialbeamte, der an Fred die hartnäckige Ablehnung dessen Antrags um Unterstützung übermittelt. Das gesetzliche Regelwerk, das Fred ohne festen Wohnsitz Hilfe verweigert, ist in Ciaran Creaghs Drehbuch jedoch mehr als ein Zeugnis bürokratischer Absurdität. Das staatliche Desinteresse ist Ausdruck menschlicher Abstumpfung und Lethargie, die ihre Spuren auch an den Protagonisten hinterlässt. Der sprunghafte Junkie und der stille Tüftler teilen die äußere Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Schicksal. Im Kontrast dazu steht die Anteilnahme der gegensätzlichen Freunde füreinander. „Ein kultivierter Herr.“ ist Fred für Cathal, der den sanften Blick der Pianistin Jules (Milka Ahlroth) auf ihn lenkt. Sein Gefährte jedoch würde sich lieber verstecken, vor Jules Augen und denen der Öffentlichkeit, die ein Zeitungsartikel von seiner Notlage berichten soll. „Die Dokumentarfilmarbeit ist oft ein Kampf mit der Realität, während Spielfilmarbeit ein Kampf gegen die Realität werden kann.“, sagt Byrnes mit einem dezenten Verweis auf den unwahrscheinlichen Ausgang von „Parked“.
Das vielversprechende Debüt trägt sein Herz auf der Zunge, so dass kaum noch interessiert, ob es auch am rechten Fleck sitzt. „Alles, was sie brauchte, war eine gründliche Reinigung und ein kleiner Schubs, um wieder zum Leben zu erwachen.“, bemerkt Fred, als er für Jules eine alte Uhr repariert. Dass er dabei eigentlich über sich selbst spricht, ist offensichtlich für alle außer ihn. Die plakativen Dialoge tragen mit den überbetonten Wort- und Bildsymbole dazu bei, der tragisch-komische Allegorie den bitteren Beigeschmack eines moralischen Lehrstücks zu geben. Die von den eindringlichen Darstellern aufgebaute Stimmung bleibt wirkt darin noch verlassener und haltloser als der Titel von „Parked“ ausdrückt.
Oneline: Zielstrebiges Porträt zweier zielloser Freunde am sozialen Rand.