f hannasSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. August 2017, Teil 18

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein feiner kleiner Film, in dem Leute auftreten, die auf der einen Seite wie Du und Ich, auf der anderen Seite genügend schräg sind, um die ausgetretenen Pfade ihres Miteinanderlebens neu zu begrünen.

Ist das nicht schön ausgedrückt?© Es geht um nichts anderes, als darum, daß ein ausgesprochen symbiotisches Paar – schon lange habe ich mir abgewöhnt, über Paarbeziehungen von anderen mein Urteil abgeben zu wollen, Hauptsache, die beiden kommen klar und haben was davon! - , die miteinander liebevoll schnuckelig umgehen, mitten in der Alltagsroutine, die bei diesen beiden in der Aufmerksamkeit fürs Kochen, Essen und Trinken besteht, sowie den Schatzi- und -sonstigen Schmusenamen, daß also bei diesem Paar was passiert. Langsam, aber unausweichlich gibt es für für Hans (Till Buttenbach) eine Dame – und für Anna (Anna König) auch eine Frau.

Aber damit sind wir viel zu schnell, denn erst einmal muß dem Zuschauer, der nicht so lebt, diese Alltagsroutine vorgeführt werden, die bei den Freundinnen von ihr – Frauen sprechen über Beziehungen nun halt mal mehr mit anderen als Männer – zu Bewunderungen führt wie diesen, daß sie keine derart heile Beziehung kennten, daß die beiden ja wie Löffelchen zusammenpaßten, daß es eine Freude sei, mal eine glückliche Ehe schon 15 Jahre lang zu erleben, daß alles sicher sind, daß in dieser Ehe keiner von außen eindringen kann und was noch alles an Sicherheiten von den Freundinnen vorgebracht wird, an die ja auch Anna glaubt. Ach ja und genannt werden sie die Hannas, weil sie Hans und Anna heißen.

Anna ist Physiotherapeutin, hat aber durch das In sich Ruhen durchaus auch etwas Psychotherapeutisches an sich. Auf jeden Fall wirkt sie auf ihre dezent durchgedrehte Kundin Nico (Ines Maria Westernströer) derart anziehend, daß erst diese, dann beide durcheinander sind. Hans ist derweil mit anderem beschäftigt. Er muß fit werden, dünner auch. Er hat eine Fitneßtrainerin, die Kim (Julia Becker) heißt und die Schwester von Nico ist, was erst mal keiner weiß und auch nicht von Belang ist. Auf jeden Fall spürt Hans auf einmal in sich Gefühle und Sehnsüchte, von denen er nichts ahnte und die ausgerechnet von Kim auf deutliche Weise angesprochen werden. Sie jagt ihn nackt durch den Wald, fesselt ihn gerne, was ihn alles antörnt und sein Inneres ins Bodenlose fallen läßt. Das ist er! Warum das den Zuschauer interessiert, liegt an der Art von Regisseurin Julia C. Kaiser, wie sie mal wirklichkeitsnah, mal absurd und poetisch, und dann auch noch surreal diese Geschichte erzählt und die Kamera so dicht an den Personen läßt, daß die Leinwand oft von einem Gesicht ausgefüllt ist und die Großaufnahmen dann abwechseln mit Totalen, wobei die Bilder sehr dunkel sind.

Am Schluß, bevor sich das Paar besinnt, kommt noch heftige Kost, die irgendwie gar nicht zum Thema paßt, aber da hat uns die Regisseurin schon längt eingenommen für ihre Art, hier von zwei Menschen zu erzählen, für die ich im realen Leben wahrscheinlich gar keine Aufmerksamkeit hätte. Aber, denkt man nach dem Film, das wäre ein Fehler. Denn so vielfältig Menschen sind, so vielfältig sind auch Beziehungen und – wie können uns hier nur wiederholen – es müssen zwei miteinander ausmachen, wie sie es schaffen, ein Leben gemeinsam zu verbringen. Daß zum gemeinsamen Weg auch Abweichungen gehören können, die das Gemeinsame am Schluß um so sicherer machen, ist ja kein Fehler. Kein Fehler im System, sondern eventuell das System.

Foto: © Verleih

Info:

Anna: Anna König
Hans: Till Butterbach
Nico: Ines Marie Westernströer
Kim: Julia Becker
Lisa: Anne Ratte-Polle
Florian: Christian Natter