f dasistunserDie anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 24.August 2017, Teil 4

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Natürlich liegt bei einem politischen Thema, das eine rechtsradikale Partei in Frankreich zeigt und ihre systematische Infiltration und Verführung bürgerlicher Mittelschichten, zudem von Frankreich und Belgien produziert wurde, die Annahme nahe, daß es sich um die Wirklichkeit und den Front National (FN) handelt.

Aber in diesem Spielfilm – und das ist keine Kleinigkeit – macht es nichts, es wird nicht speziell dieser FN gezeigt, sondern eben eine zutiefst nationalistische und fremdenfeindliche Partei, und es macht auch nichts, obwohl deren Chefin Agnès Dorgelle (Catherine Jacob) nicht nur Ähnlichkeit mit Marine Le Pen hat, sondern im gesamten Auftreten wie ein Double wirkt. Dennoch hat dieser Film überhaupt nichts von einer billigen Enthüllung, einem auf den fahrenden Zug Springen, sondern wirkt wie eine Parabel und könnte in jedem Land spielen, wo solche Parolen Anhänger findet.

Eigentliche Hauptfigur und auch Heldin ist Pauline (Émilie Dequenne). Sie ist Krankenpflegerin und hat das große Kümmern für ihre Patienten, die ihr ihre ehrliche Anteilnahme mit Aufmerksamkeit und Liebe zurückzahlen. Nebenbei ist sie auch eine fürsorgliche liebevolle Mutter für ihre zwei Kinder und versorgt den Vater. Sie ist eine dieser tapferen, mitmenschlich eingestellten Menschen, die nicht reden, sondern handeln. Mit diesen Eigenschaften, die sie bei den Menschen beliebt macht, ist sie auch eine ideale Kandidatin für jede politische Partei. Pauline selbst allerdings würde als letzte daran glauben. Sie hält sich nicht für politisch und auch nicht versiert in diesen Angelegenheiten.

Und dann kommt die Essenseinladung vom imposanten Arzt Dr. Berthier (André Dussollier). Stark, wie der wirklich kampferprobte Schauspieler diese Rolle als Grandseigneur und nur durch die Blume das Politische vermittelnd, als großer Verführer meistert. Denn er will und wird sie bewegen, sich bei der nächsten Bürgermeisterwahl als Kandidatin einer neuen nationalistischen Partei aufstellen zu lassen. Allein diese Gespräche sind ein intellektuelles und moralisches Vergnügen.

Warum ihm das gelingt, hat mit Mißständen in der Gesellschaft zu tun, denn Pauline will das Gute und den Menschen helfen. Solche Positionen gehören traditionell in die Arbeiterparteien – oder, seit es Arbeiter kaum mehr gibt - in die Parteien, die sich links nennen, was sowohl den Aspekt der Rechte des Arbeitnehmers vor der Gewalt des Kapitals, wie auch eine Internationalität einschließt, die mal sozialistisch gedacht war, aber diesen Hauch immer noch mit sich führt. Und eigentlich denkt und fühlt Pauline auch ‚sozialdemokratisch/sozialistisch‘, wie sie es von ihrer Familie gewohnt war, wo ihr Vater ihr nun die Freundschaft, sprich Familie aufkündigt, weil er als Gewerkschafter und Sozialist das Grausen bekommt, seine Tochter bei diesem politischen Pack zu sehen – und dann auch noch öffentlich, denn bald prangen überall die Plakate mit dem Konterfei seiner Tochter als Kandidatin dieser widerlichen Rechtsaußenpartei.

Es ist nämlich dem geschickten Philippe Berthier gelungen, Pauline erst sachte zum Mitmachen, dann zu den Sitzungen mit der versierten Parteichefin Agnès Dorgelle mitzuschleppen, wo die große Aufmerksamkeit, mit der Pauline bedacht wird, selbstverständlich Eindruck auf sie macht. Von daher gibt der Film sehr realistisch auch das wieder, was nicht allein in Worten verführerisch ist, sondern von Wichtiggenommen werden auch tief in die Psyche eindringt.

Daß es aber dann doch nicht dabei bleibt, hat mit dem zu tun, was man gesunden Menschenverstand nennt, der eben tief in Pauline schlummert, die nach und nach erkennt, zu was sie benutzt wird, was erst recht deutlich wird, daß nach ihrem endgültigen Aussteigen im Nu eine neue Kandidatin für diese Partei da ist – eine ihrer Freundinnen, die ihr rechtslastige Gesinnung nach und nach entlarvt.

Foto: © Verleih

Info:

Besetzung

Pauline Duhez ÉMILIE DEQUENNE
Philippe Berthier ANDRÉ DUSSOLLIER
Stéphane Stankowiak/ Stanko GUILLAUME GOUIX
Agnès Dorgelle CATHERINE JACOB
Nathalie ANNE MARIVIN
Jacques PATRICK DESCAMPS
Nada Belisha CHARLOTTE TALPAERT
Victoire Vasseur STÉPHANE CAILLARD
Jean-Baptiste Verhaeghe CYRIL DESCOURS
Dominique Orsini MICHEL FERRACCI