Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 31. August 2017, Teil 1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Die vierköpfige Familie Gerrard und ihr Dienstmädchen werden 1880 im ärmlichen Londoner Bezirk Limehouse in einem Haus bestialisch ermordet, in dem vor vielen Jahren schon ein ähnlicher Mord stattgefunden hat. Scotland Yard beauftragt Inspektor John Kildare (Bill Nighy), den Mörder ausfindig zu machen.
Denn dies ist nicht der erste Mord, der nach dem gleichen Muster abläuft. Bei allen Morden (u.a. an Prostituierten und einem jüdischen Schriftgelehrten) hinterlässt der Täter einen mit Blut geschriebenen lateinischen Text. Für die Bewohner des Viertels kommt dafür nur ein Golem in Frage.
Inspektor Kildare macht sich zusammen mit seinem Mitarbeiter George Flood (Daniel Mays) an die Arbeit. Recht schnell führen Spuren zum örtlichen Vaudville-Theater von Uncle (Eddie Marsan), in dem Dan Leno (Douglas Booth) als Darsteller in Frauenrollen und als Komödiant der Star ist. Eine der Schauspielerinnen des Theaters, Elizabeth "Lizzy" Cree (Olivia Cooke), scheint mehr zu wissen. Allerdings sitzt sie gerade im Gefängnis und wird verdächtigt ihren Mann John Cree (Sam Reid) ermordet zu haben.
In einer öffentlichen Bibliothek findet Kildare einen weiteren Hinweis. In ein Buch über die früheren Morde im Haus der Familie Gerrard hat jemand die genauen Umstände der Limehouse Morde skizziert. Nach Aussage des Bibliothekars gab es nur vier Personen, die sich dort aufgehalten haben: Dan Leno, John Cree, der Schriftsteller John Gissing (Morgan Watkins) und Karl Marx (Henry Goodman). Durch Schriftproben können John Gissing und Karl Marx recht bald ausgeschlossen werden.
Während des Prozesses gegen Lizzy Cree wird klar, dass sie nach einer schweren Kindheit nicht nur eine begeisterte Schauspielerin und Sängerin in Dan Lenos Theater war, sondern ihr Ehemann auch ein Verhältnis mit der Akrobatin und dem späteren Dienstmädchen bei den Crees Aveline Ortega (María Valverde) hatte. Liegt die Wahrheit über die Limehouse-Morde irgendwo in Lizzys Vergangenheit? Gelingt es Inspektor Kildare den Mörder zu finden, bevor er wieder ein neues Opfer findet, und kann er gleichzeitig Lizzy vor dem Galgen retten?
"The Limehouse Golem" basiert auf Peter Ackroyds Roman "Dan Leno and the Limehouse Golem" von 1994. Das Buch ist in Deutsch erst 1998 unter dem Titel "Der Golem von Limehouse" im Rowohlt Verlag erschienen. Im Buch wie im Film werden fiktive Geschichten mit historischen Personen verbunden. So treten hier der Schauspieler und Theaterbesitzer Dan Leno (1860 - 1904), der Schriftsteller John Gissing (1857 - 1903) und Karl Marx (1818 - 1883) als Verdächtige auf.
Der Film ist kein Horror-Thriller auch wenn die schrecklichen Morde in der bedrohlich-düsteren Inszenierung kurz oder als Fotografien gezeigt werden. Der Film erzählt nicht nur die Geschichte eines Serienmörders sondern viele einzelne Geschichten von Menschen die an diesem Ort leben und arbeiten oder mit ihm verbunden sind.
Dabei folgt der Film eigentlich immer der Ermittlungsarbeit von dem routinierten und scharfsinnigen Inspektor Kildare und seinem engagierten, aber doch etwas naiven Assistenten George Flood, der selbst ein kleines Geheimnis verbergen muss. Damit gibt es die klassische Figurenkonstellation, wie sie bereits von Sherlock Holmes und Dr. Watson bekannt ist.
Da Kildare außer den Limehouse-Morden auch immer wieder den Prozess gegen Lizzy Cree verfolgt und sie ihm immer wieder in Rückblicken ihre persönliche Geschichte erzählt, rückt sie im Laufe des Films stärker in den Mittelpunkt - inklusive einiger Ausschnitte ihrer gelungenen, leicht anzüglichen Auftritte in Dan Lenos Musiktheater.
Besonders gefallen können die Szenen, in denen der Inspektor sich auf die Suche nach dem Mörder macht und der gerade Verdächtigte vor Kildares Auge nicht nur den Text aus dem Off spricht, sondern auch in der Rolle des Mörders das jeweils gerade aktuelle Opfer tötet.
Es schadet der Spannung des Filmes keineswegs, dass der Erzählfluss immer wieder durch Rückblenden unterbrochen wird. Dazu tragen auch die hervorragenden Schauspieler bei; allem voran Bill Night als Inspektor Kildare und Olivia Cooke als Lizzy Cree. Aber auch Douglas Booth ist als Frauendarsteller Dan Leno, der dann die Golem-Geschichte in seinem Theater nachspielen lassen wird, sehenswert. In Nebenrollen können auch Eddie Marsan als Uncle, der Besitzer des Theaters, María Valverde als Trapezkünstlerin und Daniel Mays als Kildares Assistent gefallen.
Auch das historische, viktorianische Setting mit den authentischen Kostümen, der düsteren Stimmung in dem ärmlichen Viertel und den Zänkereien der Schauspieler im Theater macht den Film kurzweilig.
Insgesamt ist "The Limehouse Golem“ ein spannender und atmosphärisch dichter Thriller, der sowohl mit seiner Geschichte als auch mit seiner Umsetzung gefällt. Er mag durch die vielen Rückblenden kein ganz einfacher Film sein, aber er punktet auf jeden Fall mit einer spannenden Story, mit hervorragenden Schauspielern und mit einem unerwarteten Twist am Ende und ist unbedingt sehenswert.
Foto: Inspektor John Kildare (Bill Nighy) und sein Kollege George Flood (Daniel Mays) vor den Tatort-Fotos der grausamen Morde in Limehouse © Concorde Filmverleih GmbH
Info:
The Limehouse Golem (Großbritannien 2016)
Originaltitel: The Limehouse Golem
Genre: Historischer Thriller, Literaturverfilmung
Filmlänge: 109 Min.
Regie: Juan Carlos Medina
Drehbuch: Jane Goldman nach dem Roman "Der Golem von Limehouse" von Peter Ackroyd, deutsch 1998 beim Rowohlt Verlag
Darsteller: Bill Nighy, Olivia Cooke, Douglas Booth, Eddie Marsan, María Valverde, Daniel Mays u.a.
Verleih: Concorde Filmverleih GmbH
FSK: ab 16 Jahren
Kinostart: 31.08.2017