Filmheft
Berlin (Weltexpresso) - »Magical Mystery oder: die Rückkehr des Karl Schmidt« basiert auf dem gleichnamigen Roman von Sven Regener. Wie kam es zur Verfilmung?
Charlotte Goltermann, Sven Regeners Frau, hat großen Anteil daran. Sie half mir bei der Postproduktion des »Stromberg«-Films und drückte mir irgendwann den Roman in die Hand.
In das Buch habe ich mich schockverliebt und bin zu den Razors gerannt, die daraus einen Film machen wollten. Die Razors waren nach der Lektüre meine zweite tolle Erfahrung, schließlich liegen die Rechte guter Bücher nicht immer bei den sympathischsten Firmen. Warum auch immer – die beiden haben sich für mich entschieden, und den Segen von Sven Regener bekam ich zum Glück auch.
Wie wichtig war es, dass Sven Regener das Drehbuch selbst verfasste und wie präsent war er während der Dreharbeiten?
Es war nicht unbedingt wichtig und ich habe damit gar nicht gerechnet, aber dann entschloss er sich, es selber zu schreiben – und damit begann eine tolle Zusammenarbeit. Mir hat es viel Vergnügen bereitet, zu sehen, wie diszipliniert man über einen Haufen Chaoten schreiben kann...
Bei den Dreharbeiten hat er einmal Setluft geschnuppert, und mehr hätte mich auch nervös gemacht.
Ob Ralf Husmann, Ingrid Lausund oder jetzt Sven Regener – ich will ja, dass meine Arbeit am ehesten den Autoren gefällt. Das sage ich denen natürlich nicht direkt ins Gesicht, aber es ist so. Das sind ja sehr eigene Dickköpfe, die ich für ihre Kunst verehre und denen meine Inszenierungen gefallen sollen. Die machen mir also unbewusst sowieso den größten Druck – die muss ich nicht noch am Set sehen. Aber verbieten muss ich es ihnen auch nicht, die kommen erst gar nicht.
Karl Schmidt wurde im Herr Lehmann-Film von Detlev Buck gespielt. In »Magical Mystery« verkörpert ihn Charly Hübner, während Buck Bumm Bumm-Macher Ferdi spielt. Wie kam es zu dieser Rollenverteilung?
Ich wollte nicht, dass diese beiden Filme groß miteinander zu tun haben. Magical Mystery sollte nicht direkt an »Herr Lehmann« anknüpfen, sondern ein eigener Kosmos werden, was Sven auch unterstützte.
Auch haben wir nicht darauf hingearbeitet, dass Buck bei uns seiner alten Figur gegenübertreten soll. Aber es ist genauso gekommen. Buck stand plötzlich in 90er-Jahre- Trainingsjacke vor uns, und nach mehreren Castings wollten wir ihn alle. Ich schätze ihn wahnsinnig. Meinetwegen kann die Welt nur aus Bucks bestehen.
Charly Hübner stand früh fest als Karl Schmidt. Ich hatte mit ihm die Satire »Vorsicht vor Leuten« gedreht – das war eine tolle Er- fahrung. Er ist extrem gut vorbereitet und hat seine Figuren toll im Griff. Trotz aller Konzentration hat man wahnsinnig viel Spaß mit ihm. Er liebt die Figur des Karl Schmidt. Seinetwegen sollte man eine Fortsetzung drehen, damit er Karls Entwicklung weiter ausspielen darf...
In »Magical Mystery« geht es um die boomende Techno-Szene der 90er Jahre. Was verbindest du persönlich mit dieser Ära?
Ich habe in der Zeit selber aufgelegt, aber fernab von jedem Rave. Ich fing in einer Dorfdisco an, wo man sich nicht ausprobieren durfte und war danach in Köln glücklich, mich auf möglichst viele Stilarten stürzen zu können. Aber ich habe die Szene immer gut beobachtet und es gab jede Menge Überschneidungen, da mich vieles angesprochen hat, weil es eben mutig und frei war. Musikalisch waren für mich vor allem bestimmte Labels prägend, die mit ihren Ver- öffentlichungen immer überrascht haben und sich weiterentwickelt haben. Labels wie Playhouse, Ladomat, Force Inc oder Cheap. In der Rave-Szene selber war ich nicht verhaftet, daher sprach mich Svens Roman aber auch so an. Da sprach kein nervender Insider, sondern jemand mit guter Beobachtungsgabe, Einfühlungsvermö- gen und originellem Humor. Er beschreibt den Rave-Zirkus mit all seinen Durchgeknallten mit genug Bewunderung und Zuneigung und stellt niemanden bloß. Zudem erinnert sein Humor gekonnt daran, wie unernst sich die Szene meist selber nahm.
War dir das Jahrzehnt noch präsent oder musstest du dich in Sachen 90er-Style und Ausstattung reinfuchsen?
Ich bin 1971er-Jahrgang, komme aus einer Kleinstadt und bin nach dem Abitur eigentlich erst so richtig aufgewacht, also in den 90ern. Trotzdem empfinde ich die 80er immer noch greifbarer, die sind für mich übersichtlicher. Ich musste bei der Recherche erst wieder lernen, was genau die 90er ausgemacht hat – vor allem bei Frisuren, Kleidung und Autos. Musikalisch bin ich da sehr viel sicherer.
Diese Auseinandersetzung mit einer vergangenen Zeit bringt natürlich mächtig Laune, vor allem, wenn man da selber tief drinsteckte. Aber ich weiß nicht, ob ich nochmal historisch drehen würde.
Wenn man detailreich arbeitet, ist man plötzlich sehr viel behäbiger und eingeschränkter. Ich suche ja immer Herausforderungen, aber wenn man ständig schauen muss, ob Handys oder nicht zeitgemä- ße Autos im Bild sind, verschiebt sich schnell der Fokus.
Die Idee für die »Magical Mystery«-Tour hat sich Ferdi bei den Beatles abgeschaut. Hast du dir deren Film extra noch mal angeschaut?
Naja, ich hab es versucht. Er ist genau das, was Musiker gern mal als Idee im Kopf haben. Einen durchgeknallten Film drehen, mit ihnen selbst als Protagonisten und voll mit der eigenen Musik, aber sich jeder Dramaturgie widersetzend und möglichst auffällig obskur. Für diejenigen, die einen Verweis brauchen: Ok, unser Film ist genau so einer geworden.
Fortsetzung folgt
Foto: © Verleih
Info:
Regie: Arne Feldhusen
CHARLY HÜBNER – CHARLIE /KARL SCHMIDT
DETLEV BUCK - FERDI MARC HOSEMANN
RAIMUND ANNIKA MEIER - ROSA
BJARNE MÄDEL - WERNER MAIER
BASTIAN REIBER – BASTI JACOB MATSCHENZ –
HOLGER SARAH BAUERETT – ANJA LEON ULLRICH
DUBI JAN-PETER KAMPWIRTH – SCHÖPFI
SARAH VIKTORIA FRICK – SIGI
Drehbuch und Roman: Sven Regener
In das Buch habe ich mich schockverliebt und bin zu den Razors gerannt, die daraus einen Film machen wollten. Die Razors waren nach der Lektüre meine zweite tolle Erfahrung, schließlich liegen die Rechte guter Bücher nicht immer bei den sympathischsten Firmen. Warum auch immer – die beiden haben sich für mich entschieden, und den Segen von Sven Regener bekam ich zum Glück auch.
Wie wichtig war es, dass Sven Regener das Drehbuch selbst verfasste und wie präsent war er während der Dreharbeiten?
Es war nicht unbedingt wichtig und ich habe damit gar nicht gerechnet, aber dann entschloss er sich, es selber zu schreiben – und damit begann eine tolle Zusammenarbeit. Mir hat es viel Vergnügen bereitet, zu sehen, wie diszipliniert man über einen Haufen Chaoten schreiben kann...
Bei den Dreharbeiten hat er einmal Setluft geschnuppert, und mehr hätte mich auch nervös gemacht.
Ob Ralf Husmann, Ingrid Lausund oder jetzt Sven Regener – ich will ja, dass meine Arbeit am ehesten den Autoren gefällt. Das sage ich denen natürlich nicht direkt ins Gesicht, aber es ist so. Das sind ja sehr eigene Dickköpfe, die ich für ihre Kunst verehre und denen meine Inszenierungen gefallen sollen. Die machen mir also unbewusst sowieso den größten Druck – die muss ich nicht noch am Set sehen. Aber verbieten muss ich es ihnen auch nicht, die kommen erst gar nicht.
Karl Schmidt wurde im Herr Lehmann-Film von Detlev Buck gespielt. In »Magical Mystery« verkörpert ihn Charly Hübner, während Buck Bumm Bumm-Macher Ferdi spielt. Wie kam es zu dieser Rollenverteilung?
Ich wollte nicht, dass diese beiden Filme groß miteinander zu tun haben. Magical Mystery sollte nicht direkt an »Herr Lehmann« anknüpfen, sondern ein eigener Kosmos werden, was Sven auch unterstützte.
Auch haben wir nicht darauf hingearbeitet, dass Buck bei uns seiner alten Figur gegenübertreten soll. Aber es ist genauso gekommen. Buck stand plötzlich in 90er-Jahre- Trainingsjacke vor uns, und nach mehreren Castings wollten wir ihn alle. Ich schätze ihn wahnsinnig. Meinetwegen kann die Welt nur aus Bucks bestehen.
Charly Hübner stand früh fest als Karl Schmidt. Ich hatte mit ihm die Satire »Vorsicht vor Leuten« gedreht – das war eine tolle Er- fahrung. Er ist extrem gut vorbereitet und hat seine Figuren toll im Griff. Trotz aller Konzentration hat man wahnsinnig viel Spaß mit ihm. Er liebt die Figur des Karl Schmidt. Seinetwegen sollte man eine Fortsetzung drehen, damit er Karls Entwicklung weiter ausspielen darf...
In »Magical Mystery« geht es um die boomende Techno-Szene der 90er Jahre. Was verbindest du persönlich mit dieser Ära?
Ich habe in der Zeit selber aufgelegt, aber fernab von jedem Rave. Ich fing in einer Dorfdisco an, wo man sich nicht ausprobieren durfte und war danach in Köln glücklich, mich auf möglichst viele Stilarten stürzen zu können. Aber ich habe die Szene immer gut beobachtet und es gab jede Menge Überschneidungen, da mich vieles angesprochen hat, weil es eben mutig und frei war. Musikalisch waren für mich vor allem bestimmte Labels prägend, die mit ihren Ver- öffentlichungen immer überrascht haben und sich weiterentwickelt haben. Labels wie Playhouse, Ladomat, Force Inc oder Cheap. In der Rave-Szene selber war ich nicht verhaftet, daher sprach mich Svens Roman aber auch so an. Da sprach kein nervender Insider, sondern jemand mit guter Beobachtungsgabe, Einfühlungsvermö- gen und originellem Humor. Er beschreibt den Rave-Zirkus mit all seinen Durchgeknallten mit genug Bewunderung und Zuneigung und stellt niemanden bloß. Zudem erinnert sein Humor gekonnt daran, wie unernst sich die Szene meist selber nahm.
War dir das Jahrzehnt noch präsent oder musstest du dich in Sachen 90er-Style und Ausstattung reinfuchsen?
Ich bin 1971er-Jahrgang, komme aus einer Kleinstadt und bin nach dem Abitur eigentlich erst so richtig aufgewacht, also in den 90ern. Trotzdem empfinde ich die 80er immer noch greifbarer, die sind für mich übersichtlicher. Ich musste bei der Recherche erst wieder lernen, was genau die 90er ausgemacht hat – vor allem bei Frisuren, Kleidung und Autos. Musikalisch bin ich da sehr viel sicherer.
Diese Auseinandersetzung mit einer vergangenen Zeit bringt natürlich mächtig Laune, vor allem, wenn man da selber tief drinsteckte. Aber ich weiß nicht, ob ich nochmal historisch drehen würde.
Wenn man detailreich arbeitet, ist man plötzlich sehr viel behäbiger und eingeschränkter. Ich suche ja immer Herausforderungen, aber wenn man ständig schauen muss, ob Handys oder nicht zeitgemä- ße Autos im Bild sind, verschiebt sich schnell der Fokus.
Die Idee für die »Magical Mystery«-Tour hat sich Ferdi bei den Beatles abgeschaut. Hast du dir deren Film extra noch mal angeschaut?
Naja, ich hab es versucht. Er ist genau das, was Musiker gern mal als Idee im Kopf haben. Einen durchgeknallten Film drehen, mit ihnen selbst als Protagonisten und voll mit der eigenen Musik, aber sich jeder Dramaturgie widersetzend und möglichst auffällig obskur. Für diejenigen, die einen Verweis brauchen: Ok, unser Film ist genau so einer geworden.
Fortsetzung folgt
Foto: © Verleih
Info:
Regie: Arne Feldhusen
CHARLY HÜBNER – CHARLIE /KARL SCHMIDT
DETLEV BUCK - FERDI MARC HOSEMANN
RAIMUND ANNIKA MEIER - ROSA
BJARNE MÄDEL - WERNER MAIER
BASTIAN REIBER – BASTI JACOB MATSCHENZ –
HOLGER SARAH BAUERETT – ANJA LEON ULLRICH
DUBI JAN-PETER KAMPWIRTH – SCHÖPFI
SARAH VIKTORIA FRICK – SIGI
Drehbuch und Roman: Sven Regener