Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. September 2017, Teil 8
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wer Viktorianisches liebt und dort besonders die Frauen, die sich gegen die Konventionen stellen, der ist goldrichtig in diesem Film, der zudem ein ausgewachsener Psychothriller ist, der ceterum censeo meint: ist sie schuldig oder nicht?
Die Rede ist von Rachel, die dem Film den Namen gibt, der nach dem gleichnamigen Roman von Daphne du Maurier aus dem Jahr 1951 entstand – nicht als erster, denn ein berühmter Vorläufer ist die Verfilmung mit Olivia De Havilland und Richard Burton, die gleich schon 1952 herauskam. Übrigens hat Alfred Hitchcock immer wieder Geschichten der du Maurier verfilmt und er wußte warum, spielt sie doch mit den Hintergründen und Ursachen von Verbrechen meisterlich, so daß der Leser nicht nur ständig in Spannung bleibt, sondern die Spannung über das Ende hinaus währt.
Und genau diese literarische Eigenschaft hat Regisseur Roger Michell perfekt in seine Verfilmung übertragen; manchmal wird es einem beim Zuschauen sogar zu viel, daß man sich dauernd selber fragt: war sie es oder nicht?
Ja, was denn überhaupt? Die Geschichte ist schnell erzählt. Da gibt es ein herrliches, leicht heruntergekommenes Anwesen im Süden Englands, der ledige Hausherr Ambrose Ashley ist ins Ausland geflüchtet, des Wetters und seiner angegriffenen Gesundheit wegen. Sein Neffe und zukünftiger Erbe Philip Ashley (Sam Clafin) bewirtschaftet mit Hilfe des befreundeten Notars das Land und muß hilflos vom plötzlichen Tod des Onkels hören. Zudem hatte dieser in Venedig noch geheiratet, besagte Cousine Rachel (Rachel Weisz).
Philip ist traurig des toten Onkels wegen, aber sein Alltag ist besetzt durch die Fürsorge für die Pächter und die Notwendigkeit,in Haus und Hof selbst Hand an zu legen. Und dann auf einmal wird die geordnete überschaubare Welt aufgemischt. Cousine Rachel hat sich angekündigt. Diese Rachel, davon ist Philip überzeugt, hat seinen Onkel auf dem Gewissen. Wie? Natürlich Gift, wie Frauen halt so morden. Schließlich hat sein Onkel in seinem letzten Brief an den Neffen seine Verdächtigungen ausgedrückt.
Wir sind völlig überzeugt und gefühlsmäßig auf Seiten des aufrechten Neffen und sind so überrascht wie er, als mit Rachel nun eine warmherzige, offene, elegante und äußerst kultivierte junge Dame das Haus betritt. Und schön ist sie dazu. Und nun beginnen wir, mit dem englischen Erbrecht überhaupt nicht vertraut, uns um das Testament zu kümmern, das sollte doch auf den Neffen gehen oder soll jetzt Rachel alles bekommen? Da hilft der befreundete Notar weiter, dessen liebliche Tochter einst davon ausgehen konnte, die künftige Lady Philip Ashley zu sein.
Doch da steht Cousine Rachel dagegen. Denn wie es so ist mit den Vorurteilen, sie verleiten einen immer wieder erst recht ins Gegenteil: Philip ist längst total verliebt in die Frau, die er doch für die Mörderin des Onkels gehalten hatte. Daß wir Zuschauer diesen Verdacht aufrecht erhalten, wenn schon der törichte Held der schönen Verbrecherin ins Netz geht, dafür sorgt die Regie! Denn, wenn es ums Teetrinken geht, und Rachel den Tee aufbrüht und in die Tassen gießt, verführt einen die Kamera, die in Großaufnahme bedeutsam und bedeutungsvoll die Handlung zelebriert, den Verdacht von Gift und Vergiften aufrechtzuerhalten.
Wie subtil auch die äußere Welt miteinbezogen ist, ist heute in englischen Filmen schon Standard. Leicht wirkt die üppige zeitgemäße Ausstattung aber Richtung eines Kostümfilms. Daß diese naheliegende Gefahr nur gestreift wird, liegt an den Schauspielern, von denen insbesondere Rachel Weisz einfach die Maxime von Buch und Film verkörpert: sie ist so raffiniert, daß wir das Schlimmste annehmen, so ist so hinreißend, gut und edel, daß nichts dran ist an den Verdächtigungen.
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Darsteller:
Rachel Ashley Rachel Weisz
Philip Ashley Sam Clafin