Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. September 2017, Teil 11Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Dieser Film ist nicht nur ein Heidenspaß für die Liebhaber von Wien und aller möglichen Schrägheiten, sondern auch ein filmisch doppelt interessantes Unterfangen, was seine Mittel und die Umkehrung der Verhältnisse angeht.
Zuerst die Verhältnisse. Zugegeben, daß der Film auch deshalb hinreißend funktioniert, weil mit dem Regisseur Arman T. Riahi und den beiden Hauptdarstellern Fatis Rahoma und Aleksander Petrovic just drei „Ausländer“ eine waschechte Satire auf Ausländerdasein in Wien abliefern, im waschechten Weanerisch dazu, denn es handelt sich bei allen dreien um Österreicher, von denen zumindest auch Rahoma schon dort geboren ist. Weanerisch sprechen sie sowieso.
Es geht nicht nur um Ausländer, sondern hauptsächlich um deren Wahrnehmung in öffentlichen Medien, hier dem Fernsehen, dem lokalen Fernsehen, das gerne mit Direktmeldungen aus der Region das Programm besonders beliebt und anreißerisch machen möchte. Zur Ausländersatire gesellt sich also die Mediensatire hinzu.
Dazu lernen wir als erstes die Fernsehjournalistin Marlene Weizenhuber (Doris Schretzmayer) kennen. Mei, ist die Frau gut. So offen, so direkt, so wißbegierig den Leuten in die Augen schauend und das Mikrophon vor die Nase haltend, das muß erst mal jemand dieser TV-Reporterin nachmachen, die mit ihren Fragen die Antworten längst miteingeplant hat, aber wendig genug ist, auch Abweichendes sofort als potentiell Interessantes auszumachen, was es weiterzuverfolgen gilt, hier bei Marko / Tito: ALEKSANDAR PETROVIĆ und Benny / Omar : FARIS RAHOMA:
Marlene Weizenhuber: „Ihr habt's vorher gerade gesagt, ihr casht‘s da drin ab. Wo? Was? Schutzgeld?“
Marko: „Wie du das sagst klingt das irgendwie negativ. Samma sich ehrlich, ich mein, jeder braucht Schutz!“
Da sind wir schon mittendrinnen im Geschehen, das begann, als die Weizenhuberin auf ihrem Wochenmarkt nicht recht fündig wurde mit den Befragungen der Ausländer für ihre Fernsehserie und gerade die beiden Freunde erspähte, wie die ein Sofa über den Rasen tragen. Eigentlich war das dem Vater von Marko in der Wohnung im Wege, aber sie tun so, die zwei, als sei dies ihr tägliches Brot, auf der Wiese im Sofa sich hinzulümmeln und die Abgebrühten zu geben.
Auf Nachfrage werden so schnell aus Benny, der sich ständig ärgert, daß er als Schauspieler immer nur Ausländertaxifahrer, noch dazu Araber, wo sein Vater doch Ägypter ist, spielen soll und Marko mit den serbischen Wurzeln, dessen Werbeagentur gerade den Bach runtergeht, zwei Kleinkriminelle namens Tito und Omar, einmal aus dem berüchtigten Balkan, ein andermal aus dem ebenso berüchtigten Ägypten stammend. Das paßt. Vor allem der Weizenhuber, die ahnt, daß sie hier ihre Serie auf ungeahnte Höhen treiben kann, tja fernsehpreisreif, das ist ihr Ziel!
Dazu muß allerdings Stoff her und den liefern ihr die beiden ‚Ganoven‘, ausgesprochene Kleinkriminelle vom Habitus und der Sprache her, indem sie mit all dem spielen, was ja teilweise real als Ausländerkriminalität vorhanden ist, ebenso oft oder noch öfter aber eben nur als Gefahr herausposaunt wird, immer aber zuwege bringt, daß sich als normale Österreicher fühlende Menschen zu Ausländern gestempelt sehen. Muß wirklich ätzend sein.
Das Spiel mit den Klischees funktioniert tatsächlich so gut, weil man diesen Nichtausländern mit ausländischem Hintergrund auch noch die Scherze durchgehen läßt, die bei einem jahrhundertealtem Herkommen aus einem oberösterreichischem Dorf zum Beispiel übel genommen würden. Wir lernen also beim Zuschauen auch eine Menge über uns und unsere Toleranzgrenzen.
Doch im Vordergrund stehen die Geschichten, die die beiden aufbieten, um buchstäblich im Bild der Reporterin zu bleiben, wobei ein furioser Schluß dann wieder alles umkehrt, bis auch dies von der Medienanstalt zum eigenen Vorteil gewendet wird.
Äscht witzig. Eignet sich zudem gut zum mehrmaligen Anschauen, weshalb man schon heute auf die DVD wartet!
Foto: Benny (Faris Rahoma) und Marko (Aleksandar Petrović) auf dem Weg nach oben
© Camino Filmverleih
Info:
Benny / Omar : FARIS RAHOMA
Marko / Tito: ALEKSANDAR PETROVIĆ
Marlene Weizenhuber: DORIS SCHRETZMAYER
Sophie: DANIELA ZACHERL
Herr Bilic: ZIJAH A. SOKOLOVIĆ
Juwel: MEHMET ALI SALMAN
Klara: MADDALENA HIRSCHAL
Chris: MAHIR JAMAL
Sara: JULIA JELINEK
Monika Lorenz: MARGARETHE TIESEL
Herbert Sturm: RAINER WÖSS
Regisseur: JOSEF HADER
Casterin: MARTINA POEL
Poll: DIRK STERMANN
