hwk Unter deutschen Betten 1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. Oktober 2017, Teil 2

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Vor einigen Jahren war Justyna Polanskas Buch „Unter deutschen Betten“ ein Bestseller. Jetzt kommt dieses Tagebuch einer polnischen Putzfrau, inhaltlich stark verändert, mit Veronica Ferres in die Kinos.

Das Buch hat keine durchgehende Handlung, keinen Erzählfluss, sondern ist eine Sammlung humorvoller, gelegentlich auch bitterer Beobachtungen beim Putzen um und unter deutschen Betten. Polanskas Erlebnisse sind nicht direkt verfilmt, sondern die überdrehte Komödie fantasiert eher nebenbei, wie das Buch entstand und an die Öffentlichkeit kam.

hwk unter deutschen betten 2Also: Zunächst ziemlich klamaukig versucht die alternde Schlagersängerin Linda (Veronica Ferres) ein Comeback. Doch bei der Darbietung ihres lang erwarteten neuen Songs stürzt sie von der Bühne - und fällt auch im Leben tief: Ihr Manager und Lover Friedrich (Heiner Lauterbach) macht sich mit einem jüngeren Sternchen aus dem Staub, ändert vorher aber noch den Zugangs-Code für seine Villa. Linda versucht in das Anwesen einzudringen, um im hauseigenen Tonstudio einen neuen Hit zu produzieren. Doch dabei bleibt sie in der Katzenklappe stecken, kommt nicht vor und zurück - ihr prächtiger Hintern wird von einem aufgeregten Hund besprungen.

In der Früh wird Linda von ihrer ehemaligen Putzfrau Justyna (Magdalena Boczarska) befreit und landet, nach einem Zickenkrieg mit ihr, in deren multikultureller Wohngemeinschaft. Mit dem dort lebenden libanesischen Taxifahrer, der eigentlich Arzt ist, arbeitet sie an ihrem neuen Song. Der Reinigungskraft hilft sie beim Putzen, um heimlich das Studio nutzen zu können. Da sich die blasierte Linda bisher immer nur im Kreis dekadenter reicher Leute bewegte, geschehen ihr fortlaufend slapstickartige Missgeschicke im Alltag: Sie bleibt nicht nur in der Katzenklappe stecken, sondern saugt beim Putzen mit dem Staubsauger einen Goldhamster auf, bleicht einen sündhaft teuren roten Koi oder steckt ein Badezimmer in Brand. Als sie mitbekommt, dass Justyna ein interessantes Tagebuch über ihre Putzarbeit schreibt, versucht sie gegen deren Willen einen Verlag zu finden...

OK, dieses groteske Lustspiel hat keinen Tiefgang, es ist aber auch nicht so ein plumpe Posse wie erwartet. Die weiteren, nicht vorhersehbaren Entwicklungen der Geschichte werden nicht verraten, denn sie machen den Film recht spannend.

Justyna, die einst in Wirklichkeit Ferres Putzfrau war, tritt manchmal quasi aus dem Streifen heraus und wendet sich - mit Zitaten aus dem Buch - an das Publikum: „Ich bekomme mit, wie es wirklich aussieht im Leben der Leute. Hinter der Fassade.“

Veronica Ferres spielt eher holzschnittartig eine exaltierte Diva, die sich unbeholfen im Milieu normaler Menschen bewegt und am Verlust ihrer Privilegien leidet. Doch nun erlebt sie die Welt der Reichen und Promis gleichsam von unten: Sie sieht den Dreck, auch im übertragenen Sinn, den viele Müßiggänger hinterlassen. In der Wohngemeinschaft dagegen erlebt sie, dass es auch authentische und einfühlsame Begegnungen mit anderen Menschen gibt. Die folgende Entwicklung Lindas verkörpert die Schauspielerin sehr glaubhaft.

Der Film ist trotz der hochkarätigen Besetzung ganz auf die Ferres und ihre Beziehung zu Justyna konzentriert, beide tragen den Film. Die anderen Figuren sind eher Staffage, es wäre interessant gewesen, deren Lebensumstände zu erfahren. Aber das hätte diese unterhaltsame Komödie für die ganze Familie wohl doch zu stark überfrachtet.



Fotos © Hagen Keller 20th Century Fox
Zickenkrieg zwischen Linda (Veronica Ferres) und Justyna (Magdalena Boczarska)
Gleich stürzt Linda (Veronica Ferres) auf die Bühne - und noch viel tiefer

Info: 
Unter deutschen Betten, D 2017, 130 Minuten.
Regie Jan Fehse mit Veronica Ferres, Magdalena Boczarska, Heiner Lauterbach, Milan Peschel, Monika Gruber u.a. Ab 5. Oktober bundesweit in den Kinos